Eine Spielbahn aus modernem Kunststoff, darüber hinter Schauglas drei Murmeln. Was im Jahr 2003 in Mansfeld aus einer Abfallgrube zutage gefördert wurde, galt als kleine Sensation: Die Funde hatten Experten dem Elternhaus von Martin Luther (1483-1546) zugeordnet.
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Nun gehören die um 1500 aus Ton gebrannten Murmeln zu den wertvollsten Exponaten im neuen Luther-Museum in Mansfeld am Harz. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass der kleine Martin selbst einst mit den Murmeln gespielt hat. Am Samstag wurde das Museum mit der Ausstellung "Ich bin ein Mansfeldisch Kind" eröffnet.
"Mansfeld ist wieder auf der Luther-Landkarte", sagte der Direktor der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt, Stefan Rhein, nicht ohne Stolz. Hier habe Luther 14 Jahre seines Lebens verbracht und damit die zweitlängste Zeit nach Wittenberg. Die Verbindung zu Mansfeld und der Region ziehe sich durch das ganze Leben des Reformators.
Rotkehlchen, Buchfink und Aal
Das neue Museum in der früheren Bergbaustadt beschäftigt sich thematisch mit dem Alltag der Familie, ihrer Teilhabe am kirchlichen Leben und Luthers Schulzeit. Die Kindheit des Reformators, seine Jugend und sein Heimatgefühl seien Themen, die bislang in Forschung und kultureller Bildung wenig betrachtet worden sind. "Mansfeld bildete für Luthers Leben und seine Prägung den zentralen Ort", betonte Projekt- und Museumsleiter Christian Philipsen.
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Etwa die Hälfte der rund 230 Exponate im neuen Museum bilden archäologische Funde, die in Mansfeld von 2003 bis 2011 geborgen wurden. Hinzu kommen Leihgaben. In der Summe der Funde wird deutlich, dass die Eltern durchaus wohlhabend waren.
Unter den Ausstellungsobjekten befinden sich Keramikscherben, Münzen, Küchenutensilien sowie Beschläge von Gewändern und Gürteln. Gezeigt werden auch Urkunden aus dem 16. Jahrhundert, darunter eine Schulordnung. Das kleinste Exponat ist eine Schuppe von einem Flussbarsch - sie misst gerade einmal zwölf Quadratmillimeter.
Multimedia-Stationen im Elternhaus
Als verblüffendste Entdeckungen gelten Knochenreste aus der Abfallgrube am Elternhaus. Danach gehörten auch Singvögel zum Speiseplan der Familie. Bei den Skelett-Teilen wurden Rotkehlchen, Singdrossel und Buchfink identifiziert. Und neben den Murmeln sind als damaliges Spielzeug in der Ausstellung auch ein Pfeifvogel aus Ton zu sehen und ein Kegel, der aus einem Rinderknochen angefertigt wurde.
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Das neue Museum gilt als die weltweit einzige Einrichtung, die speziell Luthers Kindheit gewidmet ist. Der Titel der Ausstellung ist einem Zitat Luthers aus einem Brief von 1545 entnommen. Die Stadt sei viel mehr Heimat für ihn gewesen als Wittenberg, wo er ab 1511 dauerhaft gelebt hat, betonte Rhein.
Bei dem Gesamtvorhaben wurde das Elternhaus restauriert und durch einen Neubau gegenüber ergänzt. Die Immobilie war 2013 in die Stiftung Luthergedenkstätten überführt worden. Bauarbeiten und Ausstellung haben insgesamt 4,2 Millionen Euro gekostet. Im Elternhaus selbst stehen den Besuchern Multimedia-Stationen zur Verfügung.
Luthers Familie war wenige Monate nach dessen Geburt 1483 von Eisleben nach Mansfeld umgesiedelt. 1491 bezog sie ein vom Vater gekauftes Gebäude. Sohn Martin lebte dort bis 1497. Zur Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt gehören auch das Sterbehaus und das Geburtshaus des Reformators in Eisleben sowie das Lutherhaus und das Melanchthonhaus in Wittenberg. Die vier Museen sind Weltkulturerbe der UNESCO.