Foto: epd-bild/epd Niedersachsen/Detlef Heese
"Ich fühle mich wie ein Alien"
Mit 24 Jahren hat sie bereits einen Namen in der Comic-Szene. Soufeina Hamed zeichnet, was ihr auffällt und was sie stört an ihrem Leben als Muslimin in Deutschland. Schon als Schülerin musste sie sich dafür verteidigen, dass sie ein Kopftuch trägt.
16.06.2014
epd
Martina Schwager

Mit leichter Hand lässt Soufeina Hamed den Zeichenstift über das Papier gleiten. Bald werden die Umrisse einer jungen Frau sichtbar. Mit Jeans, weißem Pulli - und einem Kopftuch. Fast alle Frauen in den Bildergeschichten der 24-jährigen Comic-Zeichnerin tragen ein Kopftuch, aus religiösen Gründen. Auch Soufeina Hamed selbst ist Muslimin. In ihren Bildern erzählt sie von ihrem Alltag in Deutschland. "Ich habe schon früh gemerkt, dass die Auseinandersetzung mit der Religion mein Thema ist", sagt sie.

Eine Auswahl ihrer Zeichnungen ist bis zum 1. August unter dem Titel "EbenSo" im Institut für Islamische Theologie in Osnabrück zu sehen. Soufeina Hamed veröffentlicht ihre Bildergeschichten darüber hinaus unter dem Pseudonym "Tuffix" auf der internationalen Künstlerplattform "deviantart.com".

Die Tochter einer Deutschen und eines Tunesiers bewegt sich oft in Kreisen, in denen sie als einzige Kopftuch trägt: beim Studium an den Universitäten in Berlin und Osnabrück, in der Freizeit mit Freunden oder in der Spedition, in der sie gerade ein Praktikum absolviert. "Ich fühl mich wie ein Alien" steht unter einem ihrer Bilder. Das sei in Deutschland das Lebensgefühl vieler muslimischer Frauen mit Kopftuch.

"Den einen bin ich zu liberal, weil ich keine Burka trage. Für andere bin ich Fundamentalistin, weil ich Kopftuch trage", sagt sie. Einen ähnlichen Wortwechsel legt sie in einem Comic zwei Männern in den Mund, die über eine Muslimin urteilen.

Hamed will Missverständnisse entlarven

Die Künstlerin will mit ihren Bildern falsche Assoziationen und Missverständnisse entlarven. Das könne helfen, Brücken zu bauen zwischen den Menschen. Der Titel der aktuellen Ausstellung "EbenSo" solle verdeutlichen, dass die vermeintlichen Unterschiede nicht selten rein äußerlicher Natur seien: "Die Gemeinsamkeiten sind größer als so mancher annimmt."

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Soufeina Hamed mag es nicht, auf das Kopftuch reduziert zu werden. "Aber ich weiß, dass ich deswegen auffalle." Inzwischen hat sie sogar Verständnis entwickelt für das Bedürfnis anderer, sie einsortieren zu wollen. Sie weiß, dass auch sie selbst ab und an dieses Bedürfnis hat. Auf einem Bild formuliert sie die Gedanken zweier junger Frauen, die sich gegenseitig abschätzig mustern: "Ich bin sicher, sie hasst Muslime", sagt die Kopftuchträgerin. "Ich bin sicher, sie hasst Nicht-Muslime", sagt die Blonde.

Bei ihrem ganz speziellen Blick auf den Alltag hilft ihr das Studium der interkulturellen Psychologie an der Uni Osnabrück. "Menschen finden sich gerne in Gruppen wieder und wollen auch andere Menschen gerne Gruppen zuordnen." So ist sie wahlweise eben Berlinerin mit deutsch-tunesischen Wurzeln, Jüngste unter vier Geschwistern, Studentin, Muslimin oder Comic-Zeichnerin. Oder eben alles zusammen.

Zeichnen als Möglichkeit, um Religion zu interpretieren

Das Zeichnen war für sie schon als Kind eine Möglichkeit, sich mit den Anfragen an ihre Herkunft und die Art, wie sie ihre Religion interpretiert, auseinanderzusetzen. Viele ihrer Bilder und Bildergeschichten zeigen muslimische Frauen, die sich gegen Diskriminierung oder Missverständnisse wehren. Auch sie ist kämpferisch: "Ich hatte immer das Gefühl, ich muss mich verteidigen." In der Schule habe sie erlebt, dass Lehrer sie "vom Kopftuch regelrecht befreien wollten", erzählt sie.

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Andererseits haben ihr die vielen Diskussionen auch geholfen, ihren eigenen Weg zu finden. Sie trage freiwillig ein Kopftuch und bedecke ihren Körper auch im Sommer mit langen Hosen und langärmeligen Shirts. "Das gibt mir Schutz und Sicherheit." In ihrer Familie sind alle gläubige Muslime. Aber keiner habe sie je zu irgendetwas gezwungen.