iStockphoto
TV-Tipp des Tages: "Am Himmel der Tag" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Am Himmel der Tag", 12. Juni, 22.45 Uhr im Ersten
Es dauert zwar eine Weile, bis sich die 25jährige Berliner Studentin Lara an den Gedanken gewöhnt, Mutter zu werden, aber mit wachsendem Bauch ist die bis dahin etwas ziellose junge Frau buchstäblich zunehmend dankbar für die Schwangerschaft.

Schon in der nachdenklichen ARD-Komödie "Kleine Schiffe" hat Aylin Tezel vor einigen Monaten bewiesen, dass sie viel mehr kann, als ihr der enge Spielraum der Nachwuchskommissarin im "Tatort" aus Dortmund erlaubt. Damals spielte sie eine schwangere junge Künstlerin, die sich mit einer gleichfalls schwangeren älteren Frau anfreundet und ihr neuen Lebensmut vermittelt. Auch die Hauptfigur aus "Am Himmel der Tag" erwartet ein Kind. Es dauert zwar eine Weile, bis sich die 25jährige Berliner Studentin Lara an den Gedanken gewöhnt, Mutter zu werden, aber mit wachsendem Bauch ist die bis dahin etwas ziellose junge Frau buchstäblich zunehmend dankbar für die Schwangerschaft. Umso größer ist der Schock, als das Kind im sechsten Monat stirbt. Aber Lara will ihren neuen Lebenssinn nicht aufgeben und verweigert sich der unausweichlichen Operation.

Flüchtiges Sexabenteuer auf dem Clubklo

Aylin Tezel verkörpert die junge Frau großartig und jederzeit nachvollziehbar. Anfangs ist Lara aller Partyfröhlichkeit zum Trotz spürbar unstet, doch je mehr sie sich auf das Kind einlässt, um so zufriedener ist ihre Ausstrahlung. Regisseurin Pola Beck bringt das Seelenleben ihrer Hauptfigur auch durch die zunehmend ruhigere Bildgestaltung (Juan Sarmiento G.) zum Ausdruck. Plausibel  ist auch die Handlungskette (das Drehbuch schrieb Burkhardt Wunderlich): Eigentlich will Lara in einem Club mit ihrem Professor (Godehard Giese) flirten, aber während sie noch Getränke holt, wird der gute Mann von ihrer Freundin Nora (Henrike von Kuick) abgeschleppt. Aus Frust wirft sich Lara eine Drogenpille ein und gibt sich einem flüchtigen Sexabenteuer auf dem Clubklo hin.

Selbst wenn es etwas unglaubwürdig ist, dass die sympathische Lara außer der nervigen Nora keine Freunde hat: Die Geschichte konzentriert sich fortan ausschließlich auf ihre Protagonistin. Nebenfiguren tauchen nur vorübergehend auf und sind entsprechend klischeehaft geraten: der sympathische Vater (Lutz Blochberger), die unsympathische Mutter (Marion Mitterhammer), ein schräger isländischer Nachbar (Tómas Lemarquis). Andererseits gehört der Film auf diese Weise Aylin Tezel praktisch ganz allein, und sie nutzt das weidlich, zumal Autor Wunderlich einige schöne Szenen geschrieben hat, die ein großartiges Spielmaterial darstellen. Am berührendsten ist naturgemäß der Moment, als Nora Abschied von ihrem Kind nimmt.

Angesichts der Qualität des Films, der die diesjährige Reihe "Filmdebüt im Ersten" eröffnet, ist es umso bedauerlicher, dass es die ARD wieder nicht schafft, über ihren Schatten zu springen. Sie zeigt die zwölf Produktionen an sechs Donnerstagen im "Doppelpack" nach den "Tagesthemen". Den Auftakt um 22.45 Uhr macht jeweils ein Debüt, das bislang weder im "Ersten" noch in einem der dritten Programme zu sehen war (einige allerdings schon auf Arte).

Gerade diese Filme sind überwiegend mehrheitsfähig. Während der Fußball-WM suchen viele fußballresistente TV-Zuschauer nach anspruchsvollen Alternativen; es hätte also nichts dagegen gesprochen, ein vielfach ausgezeichnetes Drama wie "Am Himmel der Tag", die ausgesprochen witzige Komödie "Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel" (19. Juni, über das Scheitern eines Filmprojekts) oder das ebenso originelle wie liebenswerte Debüt "Ein Tick anders" (3. Juli, über ein Mädchen mit Tourette-Syndrom) um 20.15 Uhr zu zeigen.