Labyrinthpark Malchow
Foto: Frank Tietschert
Im Malchower Labyrinthpark ist es wie im richtigen Leben: Man weiß nie, welcher Weg der richtige ist. Die Gemeinden in Schönfeld sind gemeinsam losgegangen... und bisher laufen sie gut mit ihrem Konzept.
Schönfeld: "Plötzlich ist man da"
Zu wenig Geld, zu wenig Kirchgänger, düstere Aussichten für die evangelische Kirche? Von wegen! Unsere Gemeinden sagen "Jetzt erst recht" und haben gute Ideen, zum Beispiel in der Uckermark: Im Pfarrsprengel Schönfeld werfen neun Gemeinden das, was sie haben, zusammen. So schaffen sie es, Personal und Kirchensanierungen zu finanzieren - und nebenbei noch Gäste durchs Labyrinthpark zu führen.
05.06.2014
Nicole Kiesewetter

13 Orte, elf Kirchdörfer, neun Gemeinden: Der Pfarrsprengel Schönfeld in der Uckermark liegt ganz im Nordosten der Mark Brandenburg. Am Abendhimmel ist dort der Lichtschein der nahe gelegenen polnischen Stadt Stettin zu sehen. Es gibt dort nicht nur viele Kirchen, sondern auch viel Wald, viele Seen – und viel Ruhe. Denn was es immer weniger gibt, sind Einwohner.

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Schon jetzt findet man in der Uckermark Landstriche, die nach den Kriterien der internationalen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) als "unbesiedelt" gelten: weniger als 40 Einwohner auf den Quadratkilometer. Im Jahr 2030 wird sich dieser Zustand Prognosen zufolge schon auf ein Viertel bis ein Drittel der Fla?che des Landes Brandenburg erstrecken.

"Das bedeutet und ist jetzt schon an den Gemeindgliederzahlen deutlich abzulesen, dass in weiten Teilen des Kirchengebiets immer weniger Gemeindeglieder wohnen werden", sagt der Schönfelder Pfarrer Thomas Dietz und benennt die Konsequenz: "Eine Gemeindestruktur, wie unsere Kirchenmitglieder sie über Jahrzehnte gewohnt war, wird es immer weniger geben."

"Allein könnten wir nichts stemmen"

Doch im Pfarrsprengel wollte man nicht abwarten, bis die neuen Realitäten ungefragt Einzug halten, sondern man hat sich auf die Suche nach neuen Wegen gemacht. So kam es, dass sich in den vergangenen Jahren immer mehr einst selbstständige Kirchengemeinden zusammengeschlossen haben. Sie arbeiten mit einer Kasse, einem Haushaltsplan, einem Jahresplan. Vier Gemeindekirchenräte mit insgesamt 40 Kirchenältesten stehen Pfarrer Dietz nun zur Seite.

Dem Schönfelder Pfarrer Thomas Dietz ist es wichtig, dass alle offen miteinander umgehen.

"Unsere Gemeinderats-Sitzungen sind immer wie eine kleine Synode", sagt er und deutet damit an, dass Entscheidungen nicht immer leicht sind. Deshalb seien bei so vielen Beteiligten Transparenz und ein offener Umgang miteinander das wichtigste. "Dann merken die Menschen: Hier läuft ein Prozess, an dem wir beteiligt sind, der nicht von oben kommt", ist der Pfarrer überzeugt.

Rückläufige Gemeindegliederzahlen bedeuten auch weniger Geld. "Durch den Zusammenschluss ist vieles möglich, was sonst nicht möglich gewesen wäre", sagt Gemeinderatsmitglied Frank Tietschert. So konnten in den letzten sechs Jahren elf Kirchen durchsaniert werden. "Allein könnten wir nichts stemmen – das Zusammengehen war alternativlos."

Auch im Personalbereich denken die Uckermärker in die Zukunft: Im Jahre 2006 gründeten die Kirchengemeinden eine Stiftung, "die Carl Büchsel-Stiftung Uckermärkischer Kirchengemeinden Schönfeld" zur Förderung der pastoralen und katechetischen Arbeit. Es war die erste Stiftung dieser Art in der Berlin-Brandenburgischen Landeskirche (EKBO). Von ihr soll künftig unter anderem eine halbe Personalkostenstelle finanziert werden.

"Mit dieser Stiftung möchten wir Vorsorge leisten, dass in einer Zeit, in der Kirchensteuern bzw. Zuweisungen nicht mehr ausreichen sollten, in unserer Region trotzdem eine Pfarrstelle lebt und sich Kirche nicht weiter von den Menschen entfernt", sagt Pfarrer Dietz. "Wir wollen auch künftig einen Pfarrer mit 100 Prozent haben", bestätigt Tietschert. "Wenn die Landeskirche die Pfarrstellen immer weiter reduziert, gräbt sie sich bald selbst das Wasser ab", ist er überzeugt.

Die Malchower Musikkirche zwischen Berlin und Ostsee

Um auch die Kinder- und Jugendarbeit weiterhin wach zu halten, wurde schon 1994 ein Förderkreis zur Unterstützung der Kinder- und Jugendarbeit in den Dörfern gegründet. Dieser Förderkreis hat über 60 Mitglieder und stellt jährlich 2.500 Euro für Sachkosten, Kinder- und Jugendfreizeiten zur Verfügung.

Zu den Musikwettbewerben in der Malchower Kirche melden sich mittlerweile sogar Jugendliche aus Lettland und Polen an.

Das Konzept trägt Früchte: Das kirchliche Gemeindeleben im Pfarrsprengel Schönfeld ist lebendig und auf die Jugend ausgerichtet, und es wird viel musiziert. Für besondere Veranstaltungen steht seit letztem Jahr die Malchower Kirche, direkt an der Bundesstraße B 109 von Berlin zur Ostsee gelegen, zur Verfügung.

Die Malchower Kirche war die letzte der elf Kirchen, die bis dahin noch nicht saniert waren. Um dies zu ermöglichen, entwickelte die Gemeinde eine eigene Idee: Nach Rücksprache mit sieben Musikschulen in Deutschland, Polen und Lettland und den umliegenden Kantoreien lobte die Büchsel-Stiftung 2009 erstmals den jährlichen "Internationalen Malchower Kirchenpreis" aus, der die musikalische Kinder- und Jugenderziehung fördert. Mittlerweile ist der Wettbewerb so gefragt, dass sich sogar Teilnehmer aus Polen und Lettland anmelden.

Um die Malchower Kirche verstärkt zu einem attraktiven Ziel zu machen, hat die Kirchengemeinde sich auch für den Außenbereich etwas ausgedacht: Neben der Kirche ist ein Labyrinthpark entstanden. Nach dem Vorbild der französischen Kathedrale in Chartres verweist ein eingelassenes Labyrinthmuster aus Feld- und Grabsteinen vor dem Chor auf den Kirchenraum.

Man weiß nie, welcher Weg der richtige ist

In dem Gotteshaus selbst befindet sich ein sternenförmiges Labyrinth, das zugleich das Logo des Parks ist. Ein einfaches Schneckenlabyrinth vor der Kirche gibt einen kleinen Vorgeschmack, was Besucher dahinter erwartet. Auf dem etwa ein Hektar großen Gelände befinden sich außerdem ein Einbahnstraßen-, Stroh- , Wunderkreis- und Taxi-Labyrinth.

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Für Gemeindepfarrer Thomas Dietz haben ein Labyrinth und Glauben viel gemeinsam: "Mal glaubt man, Gott nahe zu sein, doch dieser Weg führt schnurstracks wieder von ihm weg. Und wenn man fürchtet, gar nicht mehr zu ihm zu finden, ist man plötzlich da."

Neben dem Spaß steht auch Meditationsgedanke im Mittelpunkt des 800.000 Euro teuren Irrgarten-Projekts. Frank Tietschert, der den Park leitet, sieht es so: "Das ist wie im richtigen Leben. Man wählt diesen Weg oder einen anderen, von dem man aber auch nicht weiß, ob er der richtige ist."