fotolia
Filmtipps: Diese Woche neu im Kino
Die Redaktion von "epd film" hat die Filme der Woche ausgesucht. Dazu zählen Richard Linklaters "Boyhood", ein subtil erzähltes Langzeitprojekt vom Heranwachsen unter nicht ganz einfachen Bedingungen sowie "Maman und ich", ein Film über die (vermeintlichen) Grenzen zwischen Hetero- und Homosexualität.

Boyhood (USA 2014)

Über einen Zeitraum von fast 13 Jahren drehte Richard Linklater mit den selben Darstellern das Porträt eines Jungen, dessen Eltern getrennt leben und der mit seiner Mutter von einem Zuhause zum nächsten wechselt. Dabei lernt er, im Laufe der Zeit, seine dysfunktionale Familie auch von einer anderen Seite kennen. Gespielt wird Hauptfigur Mason von Ellar Coltrane, der sich, zum Glück für Linklater, keineswegs als untalentiert erweist. In der Rolle seiner Eltern spielen Patricia Arquette und Ethan Hawke mit, Masons Schwester wird von Linklaters eigener Tochter dargestellt. Subtil und erfrischend erzählt dieses Langzeitprojekt vom Heranwachsen unter nicht ganz einfachen Bedingungen.

Regie und Buch: Richard Linklater. Mit: Patricia Arquette, Ellar Coltrane, Ethan Hawke, Lorelei Linklater, Tess Allen, Greg Baglia, Jonathan Bell. Länge: 163 Min. Film des Monats der Jury der Ev. Filmarbeit.

Maman und ich (F/B 2013)

Hauptdarsteller und Regisseur Guillaume Gallienne schlüpft so überzeugend in die Doppelrolle als er selbst und seine eigene Mutter, dass er in der Filmversion seines erfolgreichen Bühnenstücks praktisch als "Co-Darsteller" auftritt. Dabei erkundet der Film die Travestie nicht bloß psychoanalytisch, sondern auch als spielerische Abhandlung über die (vermeintlichen) Grenzen zwischen Hetero- und Homosexualität. Trotz einiger zu alberner Momente überwiegen doch die tragikomischen Elemente in Galliennes Film. In einer Nebenrolle: Diane Kruger als strenge deutsche Krankenschwester, die den Protagonisten mit einem Einlauf "entjungfert".

Regie und Buch: Guillaume Gallienne. Mit: Guillaume Gallienne, André Marcon, Francoise Fabian, Diane Kruger. Länge: 85 Minuten. FSK: ab 12 Jahre.

Vielen Dank für nichts (CH/D 2013)

Wegen eines Unfalls ist Valentin (Joel Basman) querschnittsgelähmt und wird von seiner Mutter in ein Sanatorium gesteckt, wo er sich in seiner Rolle als Behinderter nicht abfinden will. Um dem Pflegealltag zu entfliehen, gründet er mit zwei Leidensgenossen eine Art Gang, die mit ihren Rollstühlen zunächst Passanten anfahren. Bald überfallen sie - mit Roboterstimme aus dem Sprachcomputer des Rollstuhls - Supermärkte, klauen Kruzifixe und rebellieren auf diese Weise gegen die Abschottung von der Gesellschaft. Mit viel schwarzem Humor und sympathischen Figuren inszenieren die beiden Regisseure Stefan Hillebrand und Oliver Paulus das Recht auf Selbstbestimmung als eine Art paralympischen Krimi.

Regie: Stefan Hillebrand, Oliver Paulus. Buch: Oliver Paulus. Mit: Joel Basman, Nikki Rappl, Bastian Wurbs, Anna Unterberger. Länge: 95 Minuten. FSK: ab 6 ff.

Willkommen bei Habib (D 2013)

Der türkische Imbissbudenbesitzter Habib (Vedat Erincin), seine Frau Andrea (Teresa Harder), Sohn Jan (Burak Yigit), der demenzkranke Rentner Ingo (Klaus Manchen) und der pleitegegangene Bauunternehmer Bruno (Thorsten Merten) leben alle in Stuttgart, teilen aber die Sehnsucht nach einer anderen Heimat. Für den einen ist dies das türkische Dorf, aus dem der Vater kommt, für den anderen die Tochter, die den Kontakt meidet, oder der Job, der Sicherheit gab. Die Suche nach einer eigenen Identität in einer immer noch fremden oder von Fremden überlaufenen Kultur steht im Zentrum dieses Films, dessen Drehbuch etwas konstruiert und künstlich wirkt, der aber zum Glück nicht in Pathos untergeht. Das ganze Potential des Ensembles wird dadurch leider nicht ausgeschöpft.

Regie: Michael Baumann. Buch: Michael Baumann, Sabine Westermaier. Mit: Vedat Erincin, Thorsten Merten, Klaus Manchen, Burak Yigit, Teresa Harder. Länge: 111 Minuten. FSK: ab 6 Jahre ff.