Foto: dpa/Rolf Vennenbernd
Jonas Gauditz (r) und Matthias Lilpob beim Rollstuhlwettbewerb der Special Olympics in Düsseldorf
Special Olympics: Die vergessenen Spiele
Die Special Olympics (19. bis 23. Mai in Düsseldorf) sind vor allem in regionalen Medien in Nordrhein-Westfalen wahrgenommen worden. Dabei hätten die Spiele der geistig und mehrfach behinderten Sportler größere Aufmerksamkeit verdient. Immerhin: Es gab zwei Live-Schalten im ARD-Morgenmagazin.

Wer in der Düsseldorfer Innenstadt Passanten nach den Special Olympics fragt, bekommt gewiss eine Auskunft. Denn hier werben die "Gesichter der Spiele" allerorts um Aufmerksamkeit. Die Gesichter, das sind die Special Olympics-Athleten Stefanie Wiegel und Oliver Burbach sowie Tischtennis-Ass Timo Boll. Sie lächeln den Düsseldorfern von Veranstaltungsplakaten herab zu und brausen auf einer Straßenbahn vorbei. Auch der Hörfunk hat berichtet und die Lokalpresse hat das Ihrige dazu getan, die Spiele für Menschen mit geistiger Behinderung, die Special Olympics Deutschland (SOD), in der Region publik zu machen.

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Schließlich handelt es sich um ein Großereignis: In den Tagen vom 19. bis 23. Mai gingen nach Angaben des Veranstalters SOD 4.800 Athletinnen und Athleten an den Start. Mit Trainerinnen und Betreuern, freiwilligen Helfern und Familienmitgliedern wurden insgesamt mehr als 14.000 Menschen erwartet. Im Arena Sportpark, dem Zentrum der Nationalen Spiele, wimmelte es von Helfern in roten SOD-T-Shirts, Athleten und Besucherinnen. Hier wurden einige der insgesamt 18 Wettbewerbs-Sportarten ausgetragen, unter anderem Fußball und Tischtennis. Die Besucherzelte waren gut gefüllt, Musik vom Rahmenprogramm auf der Bühne schallte über den Platz, viele Jugendliche und Kinder mit und ohne Behinderung nahmen am "Wettbewerbsfreien Angebot" teil und wanden sich geschickt per Rollbrett durch einen Parcours. Das Zuschauen ist bei den gesamten Special Olympics kostenfrei, und verschiedene inklusive Angebote laden zum Mitmachen ein.

"Lasst mich gewinnen, doch wenn ich nicht gewinnen kann, so lasst mich mutig mein Bestes geben!", so lautet der Special Olympics-Eid, der zum ersten Mal 1968 in Chicago geschworen wurde. Eunice Kennedy-Shriver, eine Schwester von John F. Kennedy, gründete die Special Olympics mit dem Wunsch, Menschen mit geistiger Behinderung – wie der gemeinsamen Schwester Rosemary – einen Zugang zu sportlichen Aktivitäten zu bieten. In der Folgezeit entwickelten sich die Special Olympics International (SPI) zur weltweit größten Sportbewegung für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung. Der SOD wurde 1991 als deutscher Ableger gegründet, der mittlerweile rund 180 Veranstaltungen auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene organisiert, darunter abwechselnd Nationale Sommer- und Winterspiele. Darüber hinaus ist SOD auch ein Dachverband: in 861 Mitgliedsorganisationen nutzen Menschen mit geistiger Behinderung sportliche Angebote aller Art, die ihren Alltag bereichern.

Nur wenige überregionale Berichte

Im Vorfeld der Veranstaltung wurde wurde nicht nur lokal kräftig die Werbetrommel gerührt. Olympische Fackelläufer wurden mit einem Startschuss auf der Auftaktveranstaltung am 9. Mai vor dem Schloss Bellevue durch weite Teile Deutschlands geschickt und die Medien durch die professionelle Pressearbeit von SOD mit zahlreichen Terminen, einem Medientag mit Informationen zu den Special Olympics 2014 wie auch zum Thema Inklusion allgemein, zur Berichterstattung angeregt. Videos wurden veröffentlicht, die Präsenz in sozialen Netzwerken verstärkt. Doch fragt man in Köln oder gar außerhalb Nordrhein-Westfalens nach den Special Olympics, erntet man oftmals nur ein Achselzucken. Überregional ist das Sportereignis auch mit diesen nationalen Spielen nicht bekannt geworden, was sicherlich an einer zögerlichen Berichterstattung liegt.

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Auf dieses Problem angesprochen, reagiert die Presseverantwortliche von SOD, Sonja Schmeißer, zwiespältig. Einerseits könne sie nicht klagen: Das ARD-Morgenmagazin sei da gewesen und habe sogar zwei Live-Schalten gewagt. Das sei "eine Hausnummer, mit der viele Veranstaltungen nicht mithalten können". Gerade die Liveschalten sind ihr sehr wichtig, da die Athleten so im Mittelpunkt stehen und für sich selbst sprechen können. Dabei gesteht sie zu, dass es mutig vom Sender gewesen sei, dies zu tun. Auch der WDR mit Hörfunk und Fernsehen sowie die Lokalpresse haben ausgiebig berichtet. Zudem sei es gar nicht ihr Anspruch, mit der "Gießkanne" vorzugehen, vielmehr sei ihr an einer inhaltlich anspruchsvollen Berichterstattung gelegen, die auch Belange der Inklusion anspricht.

Frau Schmeißer sagt das energisch. Sie ist eine eher kleine, drahtige Frau mit kurzen braunen Haaren, seit 2008 Pressesprecherin der SOD. Eine professionelle Pressearbeit gab es zuvor nicht, insofern muss sich die Arbeit mit den Medien erst etablieren. Aber neben allen Einschränkungen und bisherigen Erfolgen sieht auch sie die Zurückhaltung bei den Publikumszeitschriften und den überregionalen Zeitungen. Diese ist bemerkenswert: Mehr als das Zehnfache an Treffern finden sich in den Online-Angeboten etwa der Süddeutschen oder der Zeit für "Paralympics" im Vergleich zu den "Special Olympics". Einen längeren Bericht von Spiegel oder Stern gab es noch nicht.

Hemmschwellen in den Redaktionen

Wie kommt das? Sonja Schmeißer glaubt, dass Hemmschwellen in den Redaktionen dafür verantwortlich sind. Da Menschen mit geistiger Behinderung im Alltag kaum präsent sind, hätten auch Journalisten Vorgehalte ihnen zu begegnen, einfach aus einer "totalen Unkenntnis" heraus. Es gehe Journalisten in dieser Hinsicht wie anderen Menschen auch. Doch langsam ändere sich das.

Eine größere Bekanntheit wäre durchaus wünschenswert für die Special Olympics, da sie von den Verantwortlichen als Inklusionsbewegung gesehen werden. Man möchte keinesfalls unter sich bleiben, sondern Menschen mit geistiger Behinderung durch den Sport "zu mehr Anerkennung, Selbstbewusstsein und letztlich zu mehr Teilhabe an der Gesellschaft zu verhelfen". Dafür ist ein gewisser Bekanntheitsgrad zuträglich. Dass die Special Olympics Integration als gemeinsames Erleben verstehen, kommt gerade auch im Motto der diesjährigen Spiele zum Ausruck: "Gemeinsam stark". Der Schwerpunkt liegt auf Begegnung und gemeinsamem Sporttreiben von Menschen mit und ohne geistige Behinderung. Nur durch gemeinschaftliches Sporttreiben könne es gelingen, Berührungsängste abzubauen und Inklusion in den Alltag zu bringen, betonte SOD-Präsident Gernot Mittler auf einer der jüngsten Mitgliederversammlungen.

An der Bekanntheit der Special Olympics möchte Sonja Schmeißer weiter arbeiten, und zwar über eine kontinuierliche Pressearbeit, die auch die sozialen Netzwerke einschließt. Das Bild von Menschen mit geistiger Behinderung müsse stärker in die Öffentlichkeit getragen werden, daher setzt sie auf eine sehr intensive Arbeit mit Fotos. Allein auf den Spielen in Düsseldorf sind sieben Fotografen unterwegs. Und – einen kleinen Erfolg hat sie noch im Ärmel – die Fachpresse habe man jetzt schon recht erfolgreich eingebunden: Landessportbund, Sportverbände und Vereine berichten in ihren Publikationen über die Spiele. Das Gute daran: Hier steht die sportliche Leistung im Vordergrund der Berichterstattung und nicht allein der soziale Aspekt.