Am Ende blieb ihr nur "das verdammte Boot". Die Syrerin Maya Alkhechen floh auf dem gefährlichsten Weg vor dem Bürgerkrieg in ihrem Heimatland. Nach Essen zu ihrer Mutter schaffte sie es nur mit Hilfe von Schleppern über das Mittelmeer. Ihr Fall klingt absurd neben den Versprechen aus Deutschland, Verwandte von in Deutschland lebenden Syrern großzügig aufzunehmen. Eine Täuschung sei dieses Versprechen, kritisiert die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl. Am Mittwoch startete Geschäftsführer Günter Burkhardt in Berlin einen dringenden Appell an Bund und Länder, sich bei der Aufnahme tatsächlich großzügig zu zeigen.
Burkhardt erklärte, für das zweite Bundesprogramm zur Aufnahme von Verwandten in Deutschland lebender Syrer lägen 76.000 Anträge vor. Plätze gibt es aber nur für 5.000. "Letztendlich ist das ein Lotteriespiel", sagte Burkhardt. Die Länder haben zusätzlich eigene Programm für den Familiennachzug. Auch da reichten die Plätze aber nicht aus. Burkhardt appellierte an Bund und Länder, die bei der Innenministerkonferenz in drei Wochen über eine Aufstockung der Kontingente verhandeln wollen, sich von starren Obergrenzen zu verabschieden. Zumindest die 76.000 Angehörigen sollten einreisen können, forderte er.
"Die deutschen Programme sind nur für die Reichen"
Um das möglich zu machen, müssen Burkhardt zufolge aber auch die hohen Hürden fallen. Die Länder verlangen eine sogenannte Verpflichtungserklärung, mit der die deutschen Verwandten nachweisen, dass sie für ihre Angehörigen aufkommen können. Im Bundesprogramm ist die Erklärung nicht zwingend, laut Burkhardt werden aber Flüchtlinge mit dem Nachweis "vorrangig" aufgenommen. Pro Familienmitglied müssen nach seien Angaben rund 350 Euro pro Monat aufgebracht werden. Dazu kommen eventuell Wohn- und Behandlungskosten.
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Unterm Strich verlangen die Behörden damit oft Summen, die selbst gute Einkommen übersteigen. Das war bei Zakie Adjouri der Fall, die Pro Asyl als typischen Fall vorstellte. Adjouri ist deutsche Staatsbürgerin und will ihren in Syrien lebenden Bruder mit Frau und drei Kindern nach Deutschland holen. Ein Einkommen von 3.000 Euro Netto wollen die Behörden dafür sehen. Sie verdient aber nur 900 Euro.
Ihre Tochter, die in Deutschland lebt, durfte nicht bürgen, weil sie nicht deutsche Staatsbürgerin ist. "Alle Türen sind für meinen Bruder zu", sagt sie sichtlich verzweifelt. "Die deutschen Programme sind nur für die Reichen." Pro-Asyl-Geschäftsführer Burkhardt kritisiert, die Kosten für die Aufnahme von Flüchtlingen würden privatisiert.
Wieder bleibt nur das Boot
Dabei kann der Familiennachzug nicht nur am Geld scheitern, sondern auch am "falschen" Aufenthaltsland, erklärt Burkhardt. So ging es Maya Alkhechen. Die Syrerin kam als Sechsjährige nach Deutschland, machte hier Abitur. Mit dem Status der Duldung waren ihr Studium und Ausbildung verwehrt, also suchte sie 2006 eine Perspektive in Syrien. Als der Bürgerkrieg ausbrach, floh die inzwischen verheiratete Frau mit zwei Kindern nach Ägypten - auch in der Hoffnung, von dort aus wieder nach Deutschland zurückzukehren.
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Einen Asylantrag für Deutschland konnte sie dort nicht stellen, also versuchte es ihr Bruder in Deutschland über das Nachzugsprogramm. Er bekam eine Absage, weil Ägypten nicht zu den Ländern gehört, aus denen Deutschland syrische Flüchtlinge aufnimmt. Dazu gehören unter anderem Jordanien und Libanon, Nachbarstaaten Syriens mit besonders vielen Flüchtlingen.
Am Ende wagte sie mit ihren Kindern die lebensgefährliche Fahrt mit dem Boot übers Mittelmeer. Inzwischen versucht sie, ihre Schwestern aus Libyen nachzuholen - wieder solch ein "falsches" Land. Über die Aufnahmeprogramme können sie nicht kommen, sagte Alkhechen. Nun überlege die eine Schwester, ebenfalls ins Boot zu steigen.