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TV-Tipp des Tages: "Tatort: Alle meine Jungs" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Tatort: Alle meine Jungs", 18. Mai, 20.15 Uhr im Ersten
Schwer verletzt versucht Müllmann Maik Decker mit einem Müllwagen zu fliehen. Doch es ist zu spät. Der Müllwagen verunglückt und Maik stirbt an seinen Stichverletzungen. Die Bremer Kommissare Inga Lürsen und Stedefreund übernehmen den Fall, durchleuchten das Umfeld des Opfers und sind zunehmend irritiert.

Mit "Brüder" hat Radio Bremen im Februar ein knallhartes Gangsterdrama gezeigt. "Alle meine Jungs" erzählt im Kern eine ganz ähnliche Geschichte: Zentrale Figuren sind einige hartgesottene Gestalten, die eine ganze Stadt in Atem halten. Dass es sich dabei um die Männer von der Müllabfuhr handelt, ist nur einer von vielen Aspekten, die den achten Bremer "Tatort" von Florian Baxmeyer zu einem ganz besonderen Krimi machen. Basis ist ein Drehbuch, das sich zwar unverhohlen an Mafia-Dramen wie dem auch im Film genannten Scorsese-Klassiker "Good Fellas" orientiert, die entsprechenden Versatzstücke aber auf ungewöhnliche Weise neu zusammensetzt.

Die Müllmafia

Emotionales Kraftwerk der Geschichte ist ein von Jacob Matschenz und Genija Rykova sehr intensiv verkörpertes Geschwisterpaar: Sascha und Yvonne sind Teil einer großen Familie, deren männliche Mitglieder alle bei der Müllabfuhr sind. Dank eines großzügigen Arbeitgebers und dessen Deal mit der Müllverbrennung leben sie in einem eigenen kleinen Paradies. Ärger gibt es nur, wenn einer aus der Reihe tanzt, aber solche Probleme werden auf finale Weise entsorgt. Pate der Müllmafia ist ein von Roeland Wiesnekker beängstigend gut gespielter Bewährungshelfer, der seine Klienten allesamt an das Müllunternehmen vermittelt; sie nennen ihn liebevoll "Papa". Aber dann muss Yvonne auf abscheuliche Weise dafür büßen, dass Sascha Sand ins Getriebe streut. Die Polizei, bei der er Schutz sucht, lässt sich auf einen Kraftakt ein, und die Stadt versinkt im Müll.

In der Regel sind mehrere Verfasser ein Zeichen dafür, dass weitere Autoren hinzugezogen worden sind, um ein Drehbuch zu überarbeiten. Erol Yesilkaya, Boris Dennulat und Matthias Tuchmann aber haben "Alle meine Jungs" gemeinsam erarbeitet und auf diese Weise dafür gesorgt, dass der Film gerade am Rand der Handlung viel zu bieten hat. Eine wichtige Rolle spielen die vom Autorentrio mit Bedacht ausgewählten Musikstücke. So erklingt zur Einführung des charismatischen "Papa", dessen Lebensmittelpunkt ein chinesisches Restaurant ist, "Sympathy for the Devil" von den Stones. Kurz drauf erliegt auch Inga Lürsen (Sabine Postel) seinem Charme. Das legt sich allerdings, als der Ganove in einer Schlüsselszene des Films ein bizarres Katz-und-Maus-Spiel mit der Kommissarin treibt. Seine Art, ihr zu drohen, passt sowohl zum Thema wie auch zum ganz speziellen Tonfall dieses Films: Er demonstriert anhand des Abfalls ihrer Tochter, was Hausmüll alles über einen Menschen aussagt. Wie gut auch Baxmeyer sein Handwerk beherrscht, zeigt die brutalste Szene des Films, als die Bande die unschuldige Yvonne misshandelt, um ein Zeichen zu setzen. Zu sehen ist die Untat nicht, aber da man ahnt, welches "Werkzeug" im Spiel ist, wirkt die Tonspur umso grausamer.

Ganz wesentlich für die Glaubwürdigkeit ist die Besetzung der Müllkutscher, die Baxmeyer mit Hilfe von Zeitlupe und entsprechender Musik (Jakob Grunert) als eingeschworenen Haufen inszeniert, aus dem Hendrik Arnst (als väterlicher Wortführer) und Patrick Abozen (als jugendlicher Rebell) herausragen; nicht minder überzeugend sind Patrick von Blume und Bernd Stegemann als Krawattentäter.