Florian David Fitz als Jeshua (Jesus) in dem Film "Jesus liebt mich".
Foto: Warner Bros
Florian David Fitz als Jeshua (Jesus) in dem Film "Jesus liebt mich". In der Geschichte von David Safier kommt Jesus auf die Erde und verliebt sich in Marie.
Frauenversteher, aber kein Ehemann
War Jesus von Nazareth der Ehemann Maria Magdalenas? Diese Frage ist Thema spannender Romane, beschäftigt aber auch Forscher. Ein angeblicher Papyrusfund, der die These vom verheirateten Jesus stützen sollte, ist höchstwahrscheinlich unecht.
09.05.2014
epd
Holger Spierig

Fans des Thrillerautors Dan Brown wissen es längst: Die Kindeskinder von Jesus leben unerkannt unter uns. Finstere Mächte wie die katholische Kirche haben über Jahrhunderte perfekt vertuscht, dass der Heiland eine brisante Liaison mit der früheren Prostituierten Maria Magdalena einging und mit ihr mindestens ein Kind hatte. Dieses Szenario breitet der Bestseller "Sakrileg" aus, der unter dem Originaltitel "The Da Vinci Code" Millionen Kinobesucher faszinierte.

Auf diesem Papyrusfragment in koptischer Sprache wird Jesus mit den Worten "meine Frau" zitiert. Nach neuesten Erkenntnissen ist es gefälscht.

Die Debatte über einen verheirateten Jesus ist nicht neu: Es gibt sie bereits seit den Anfängen des Christentums. Jüngst bekamen die Hypothesen neue Nahrung aus der Wissenschaft: Die US-Historikerin Karen Leigh King, Expertin für koptische Literatur, präsentierte 2012 in Rom ein Papyrusfragment in koptischer Sprache. In dem Text heißt es: "Jesus sagte zu ihnen: Meine Frau". Auf dem Papyrusstück von der Größe einer EC-Karte wird Jesus außerdem damit zitiert, dass er mit seiner Frau noch Großes vorhabe: "Sie wird meine Schülerin sein können."

Der Fund fachte die Debatte über den Sohn Gottes und das schwache Geschlecht neu an. "Jesus hatte möglicherweise eine Frau", titelte "Spiegel Online". Trotz vieler offener Fragen hielt eine Reihe von Forschern den Fund für authentisch. Noch vor wenigen Wochen vermeldeten große Zeitungen und Internetportale: "Das 'Evangelium von Jesu Frau' ist echt". Messungen nach der Radiokarbonmethode datieren das umstrittene Papyrus laut King auf die Zeit vom 7. bis zum 9. Jahrhundert nach Christus.

Die Tinte ist noch fast frisch

Die Harvard-Forscherin erklärte Medienberichten zufolge, dass der Text eine Abschrift sei - das Original könne weit älter sein, aus dem 2. bis 4. Jahrhundert stammen. Allerdings bleibt die Herkunft des Fundes bis heute im Dunkeln. Laut King kommt das Stück von einem Privatsammler, der anonym bleiben will. Dieser habe das Papyrus 1999 zusammen mit fünf weiteren Dokumenten in Deutschland gekauft. Der Berliner Ägyptologe Gerhard Fecht (1922-2006) schrieb angeblich eine Expertise dazu.

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Wäre das Schriftfragment echt, wäre dies von höchster Brisanz: Forderungen nach katholischen Priesterinnen, die seit Jahrzehnten erhoben werden, hätten dann in Jesus selbst einen gewichtigen Fürsprecher. Bei der bisherigen Beschränkung auf eine männliche Priesterschaft beruft sich die katholische Kirche unter anderem auf Jesus, der nur Männer in das Apostelamt berufen habe. Die evangelische Kirche, die Frauen seit dem 20. Jahrhundert ordiniert, lehnt diese Argumentation ab.

Forscher der Universität Münster sind sich jedoch nach eingehenden Untersuchungen sicher, das "Frau Jesus"-Papyrus als unecht entlarvt zu haben. Das antike Stück sei "eine unglaubliche Fälschung", erklärte der US-Neutestamentler Christian Askeland, Gastforscher an der Hochschule. Nach Einschätzung von Askeland, der an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal arbeitet, ist das Papyrus zwar vermutlich wirklich antik. Mit Tinte beschrieben wurde es jedoch wahrscheinlich erst in den vergangenen zehn Jahren.

King räumt ein: "Es könnte auf eine Fälschung deuten"

Für eine Fälschung spricht, dass ein zweites Papyrusfragment, das die Wissenschaftlerin King im Internet veröffentlichte, laut Askeland ähnlich aufgebaut und offenbar mit dem gleichen Schreibgerät und der gleichen Tinte geschrieben ist. Dieses Fragment, das buchstabengetreu aus einem echten Papyrus des 4. Jahrhunderts kopiert wurde, sei ganz offensichtlich eine Fälschung. Daher könne auch das "Frau Jesu"-Fragment nicht echt sein.

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"Ich halte die Beweise für absolut sicher", sagte der Münsteraner Ägyptologe Stephen Emmel dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Fälschung habe ihn nicht erstaunt. "Bislang hatte der absolut sichere Beweis gefehlt." In den USA, wo die "New York Times" die Ergebnisse Askelands veröffentlichte, gab es große Resonanz. King räumte ein: "Das ist substanziell und wert, ernst genommen zu werden. Es könnte in eine Richtung auf eine Fälschung deuten." Der Fall sei aber nicht abgeschlossen.

Jesus hatte ein besonderes Verhältnis zu Frauen, viele seine Anhänger waren weiblich. Ein einziges Mal änderte er seine Meinung - durch eine Frau (Markus 7,24-31). Ob der Mann aus Nazareth aber verheiratet war - darüber sagen die Erkenntnisse Askelands nichts aus. Sie sorgen aber dafür, dass sich Verfechter dieser These nicht mehr auf das "Frau Jesus"-Papyrus berufen können. Raum für Spekulation und Fantasie gibt es gleichwohl auch in Zukunft.