Junge Schwestern aus der Anfangszeit
Foto: Ev. Diakonieverein Berlin-Zehlendorf e.V.
Junge Schwestern aus der Anfangszeit der Zehlendorfer Diakonie
Pflege im Auftrag Jesu: Die Schwestern aus Zehlendorf
Seit 120 Jahren pflegen Diakonieschwestern aus Berlin-Zehlendorf Alte und Kranke. Zum Tag der Pflege am 12. Mai mahnt Vorstandsoberin Constanze Schlecht, heute sei dringend "ein großer Sprung" nötig.
12.05.2014
epd
Jens Büttner

Einmal musste sich Oberin Dorothea Demke sogar um die Kohlen kümmern: In dem ostdeutschen Krankenhaus, in dem die Diakonieschwester in den 60er Jahren arbeitete, war mitten im kalten Januar das Heizmaterial ausgegangen. Ein Krankenhaus ohne Heizung im Winter geht nicht, war sie sich rasch mit dem Bürgermeister der DDR-Kleinstadt einig. Aber woher nehmen? Der Bürgermeister empfahl als "letzte Rettung" einen Anruf beim obersten Befehlshaber der örtlichen sowjetischen Streitkräfte. Mit zitternden Händen rief Dorothea Demke den Offizier an - und erreichte das Unmögliche: Tatsächlich war das Krankenhaus am nächsten Tag wieder warm.

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Bis zu 400 Diakonieschwestern in der gesamten DDR hatte Oberin Demke bis 1990 unter sich. Inzwischen lebt die 84-Jährige auf dem Gelände des Evangelischen Diakonievereins Berlin-Zehlendorf. Auch im Ruhestand ist sie noch immer Teil der beinahe 120 Jahre alten Schwesternschaft des Vereins: Die früheren Kolleginnen werden in der Gemeinschaft betreut.

Mit knapp 2.000 Mitgliedern ist es die größte Schwesternschaft bundesweit. Von Hamburg bis Garmisch-Partenkirchen und von Köln bis Berlin arbeiten die Schwestern in rund 80 Kliniken, Alten- und Pflegeeinrichtungen sowie in Kirchengemeinden. Sie pflegen Kinder, Kranke und Senioren.

Bedürfnisse der Menschen in den Vordergrund stellen

"In der diakonischen Pflege macht die Haltung den Unterschied", sagt Vorstandsoberin Constanze Schlecht. Zwar seien die handwerklichen Verrichtungen gleich. Entscheidend sei aber, wie die Zeit gefüllt werde: "Wie begegne ich dem Kranken, wie unterstreiche ich seine Würde?"

Oberin Schwester Dorothea Demke (84) im Friedrich-Zimmer-Haus auf dem Gelaende des Evangelischen Diakonievereins Berlin-Zehlendorf

Um Kohlen brauchen sich Diakonieschwestern heute nicht mehr zu kümmern - doch kleiner geworden sind die Probleme offenbar nicht. Nötig sei nun endlich "ein großer Sprung" bei den Rahmenbedingungen in der Pflege, verlangt Schlecht. "Wir brauchen ein attraktives Berufsbild." Dazu gehöre eine Ausbildung, die keine Unterscheidung zwischen Alten- und Krankenpflege mache.

Mit einem bundesweiten Aktionstag will die Diakonie am 12. Mai, dem Tag der Pflege, ein "Rettungspaket Altenpflege" einfordern. Für eine gute und würdevolle Pflege müssten die Bedürfnisse der Menschen im Vordergrund stehen und nicht die Bürokratie, heißt es darin.

Heute sind auch Männer in der Gemeinschaft

Die Schwesternschaft ist noch immer das Herzstück des Zehlendorfer Diakonievereins - auch wenn sich die Gesellschaft in den 120 Jahren seit seiner Gründung dramatisch gewandelt hat. "Wir wollen dem Herrn dienen, indem wir den Bedürfnissen der Zeit dienen", formulierte 1894 der evangelische Theologieprofessor Friedrich Zimmer. Aus diesem Geist heraus entstand der heutige Diakonieverein als "Verein zur Sicherstellung von Dienstleistungen der evangelischen Diakonie" in Wuppertal-Elberfeld.

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Vorrangig ging es zunächst darum, etwas gegen die geringen beruflichen Chancen von Frauen zu unternehmen. Ein Jahr später - als die ersten Frauen 1895 ihre Ausbildung abgeschlossen hatten - entwickelte sich daraus die Schwesternschaft. Ziel war, den Mitgliedern, die nun in einem anerkannten Berufsstand arbeiten und öffentlich Verantwortung in Kirche und Gesellschaft wahrnehmen konnten, über das Berufsleben hinaus Rückhalt und Lebensinhalt zu bieten. 1899 wurde dann die Zentrale des Vereins und der Schwesternschaft in Zehlendorf eingeweiht.

Seit Mitte der 90er Jahre hat sich der Evangelische Diakonieverein geöffnet: für alle Menschen, die zur Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) gehören - auch für Männer. Sie bilden heute die "Gemeinschaft der Schwestern und Pfleger im Evangelischen Diakonieverein". Im November wird nun entschieden, ob sich diese Gemeinschaft und die Schwesternschaft zusammenschließen. Alles andere als eine Fusion wäre nicht mehr zeitgemäß, glaubt Oberin Schlecht.

Ihre Wurzeln vergessen die Schwestern darum noch lange nicht: Im nächsten Jahr, wenn auch die Schwesternschaft ihr 120-Jahr-Jubiläum feiert, soll ein Buch zu ihrer Geschichte erscheinen. Und darin finden sich sicher auch die Erinnerungen der einstigen Oberin Dorothea Demke.