Herr Minister, Ihr Neustart der Islamkonferenz hat für viel Aufsehen gesorgt. Mitte Mai soll der Arbeitsausschuss seine Beratungen zum Thema Wohlfahrt beginnen. Wer wird in dem Gremium vertreten sein?
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Thomas de Maizière: Institutionen und Einzelpersonen. Über konkrete Namen möchte ich noch nicht sprechen. Beim früheren Format der Islamkonferenz war es eine besondere Bereicherung, dass darin nicht nur Verbände saßen, sondern auch Einzelpersonen. Deren Sachverstand brauchen wir nun besonders auf der Arbeitsebene.
Können Sie das an einem Beispiel erläutern?
de Maizière: Es gehört jemand in das Gremium, der im ambulanten Pflegebereich mit älteren muslimischen Frauen und Männern arbeitet. Ein rein institutioneller Vertreter, der das nur aus der Akte kennt, nützt nicht so viel wie dieser Praktiker.
Was wird sich beim Neustart ändern?
de Maizière: Neu wird zum Beispiel sein, dass auch Vertreter der Kirchen dabei sind. Ich bin mit beiden Kirchen im Gespräch, und es gab positive Rückmeldungen. Wenn das gleichzeitig über das Thema Wohlfahrt und Seelsorge hinaus den Dialog zwischen der muslimischen und christlichen Seite in diesem Land befördert, würde ich das sehr begrüßen.
Wann rechnen Sie mit ersten konkreten Ergebnissen?
de Maizière: Wir wollen uns nicht unter Zeitdruck setzen lassen. Eventuell werden wir Themen noch erweitern oder verengen. Die erste Zwischenbilanz wollen wir aber auf einer öffentlichen Veranstaltung im Dezember ziehen.
"Wer sind wir also, den Islamverbänden zu sagen, sie sollen eine Organisationsreform machen?"
Ist Ihre Vision ein islamischer Wohlfahrtsverband nach dem Vorbild Diakonie oder Caritas?
de Maizière: So weit würde ich noch nicht gehen. Die Diakonie ist aus der Geschichte heraus langsam von unten gewachsen und auch nicht sofort als zentraler Wohlfahrtsverband gegründet worden. Für mich ist die wichtigste Frage, wie wir etwas tun können für den Zusammenhalt der Gesellschaft, dass das Zusammenleben zwischen religiös geprägten, nicht religiös und unterschiedlich religiös geprägten Menschen besser funktioniert. Neben den praktischen Fragen nach Kostenabrechnung und Anerkennung von Abschlüssen ist also die grundlegende Frage, wie es gelingt, dass solch ein Verband integrierend und nicht ausgrenzend wirkt. Diese Frage müssen wir beantworten, bevor ich die Idee eines muslimischen Wohlfahrtsverbandes zu Ende denke.
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In der ersten Islamkonferenz wurden die Verbände darum gebeten, in ihren Organisationsstrukturen voranzukommen, um eine Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts anstreben zu können. Nehmen Sie Fortschritte wahr?
de Maizière: Es ist eben eine bunte Landschaft. Ich bin evangelischer Christ. Erklären Sie mal einem Muslim oder manchem Katholiken den Unterschied zwischen Lutheranern, Unierten oder Freikirchen! Wer sind wir also, den Islamverbänden zu sagen, sie sollen eine Organisationsreform machen?
Trotzdem bleibt aber die Grundsatzfrage nach Gleichstellung des Islam mit den christlichen Kirchen auch in der Organisationsform. Wann kommen Staat und Verbände in dieser Frage voran?
de Maizière: Es hat bereits viele Fortschritte gegeben unterhalb der förmlichen Anerkennung, etwa bei der Einrichtung von Lehrstühlen für islamische Theologie und islamischen Religionsunterricht. Es gibt auch Verträge zwischen Ländern und Verbänden. Auch wenn die Verbände dabei nicht als Religionsgemeinschaft anerkannt sind, kommen sie in ihrer praktischen Wirkung an die Verträge zwischen Ländern und Kirchen heran. Ich bin der Überzeugung, dass wir zu guten Ergebnissen kommen mit solchen Anerkennungen anderer Art, die aber gleiche Mitwirkungsrechte bedeuten. Diesen Weg halte ich für absehbare Zeit für gut und richtig.
Sie rechnen also mit einem längeren Prozess?
de Maizière: Unser Religionsverfassungsrecht ist über Jahrhunderte entstanden im Verhältnis zwischen Christentum und Staat. Das Verhältnis des Islam zum deutschen Religionsverfassungsrecht ist aber nicht vergleichbar und verlangt deshalb von beiden Seiten sehr viel.