Stefan Roblicks Amtseinführung im Januar 2014
Foto: Holger Zietz/Neuwerkkirchengemeinde Goslar
Am 12. Januar 2014 ist Stefan Roblick in einem Gottesdienst in sein Ehrenamt als Gemeindekurator eingeführt worden. Links von ihm: Pfarrerin Karin Liebl, rechts: Pfarrerin Bärbel Brückner.
Goslar: Der Gemeindekurator macht alles - ehrenamtlich
Zu wenig Geld, zu wenige Kirchgänger, zu wenige Pfarrer in der evangelischen Kirche? Von wegen! Unsere Gemeinden sagen "Jetzt erst recht!" und haben gute Ideen, Engpässe aufzufangen. Zum Beispiel in Goslar: In der Neuwerk-Kirchengemeinde ist die Pfarrstelle vakant. Zwei Nachbar-Pfarrerinnen halten die Gottesdienste, alles andere macht Gemeindekurator Stefan Roblick – ehrenamtlich.

"Kurator" kommt vom lateinischen Verb "curare" und bedeutet "kümmern". Genau das tut Diplom-Ingenieur Stefan Roblick (54): Er kümmert sich. Um die Kirche, um Baufragen, um Besucher, Mitarbeitende, Anrufe, Technik, Öffentlichkeitsarbeit, Arbeitsgruppen, Veranstaltungen und und und. Er hat einen Kurs zum Gemeindekurator absolviert, den die Braunschweigische und die Hannoversche Landeskirche in ihrem Theologischen Zentrum gemeinsam anbieten. Roblick wohnt in Goslar, arbeitet zurzeit als Hausmann und verbringt sehr viel Zeit im Gemeindebüro und in der Neuwerkkirche

Herr Roblick, als Gemeindekurator müssen Sie vieles können und haben sehr umfangreiche Aufgaben. Wissen Sie überhaupt noch, wo Ihnen der Kopf steht?

Stefan Roblick: Stellenweise nicht. Gerade in Zeiten, in denen verschiedene Aktionen und Veranstaltungen parallel laufen.

Die Neuwerkirche in Goslar, eine ehemalige Klosterkirche aus dem 12. Jahrhundert in romanischer Bauweise, ist Stefan Roblicks Wirkungsstätte.

Zum Beispiel?

Roblick: Zum Beispiel im April: Da hatten wir Konfirmation, ich musste den Ablauf koordinieren. Dann erschien das nächste gemeindeübergreifende Gemeindeblatt, und ich musste dafür sorgen, dass von unserer Seite die Artikel rechtzeitig beim Redaktionsteam waren. Und außerdem gibt es natürlich noch übergemeindliche Arbeitskreise in der Stadt Goslar, die auch nicht untätig sind…

Wieviele Stunden verbringen Sie pro Woche mit Gemeindekurator-Tätigkeiten?

Roblick: Das schwankt zwischen 20 und 25 Wochenstunden.

Fühlt sich der Job so an, wie er heißt – "Kümmerer"?

Roblick: Ja, Sie haben das Ohr überall. Manchmal genügt es aber, nur einen Impuls einzugeben, denn es gibt gute Menschen in der Gemeinde, die in ihren Aufgaben sehr kompetent sind. Ich muss sie nur so ein bisschen anregen und darauf hinweisen, was zu tun ist. Gott sei Dank muss ich nicht alles selber machen. Die besondere Situation in unserer Gemeinde ist, dass zwei Pastorinnen jeweils nur mit einer Viertelstelle bei uns arbeiten. Die können sich natürlich nicht so in das tägliche Gemeindeleben einbringen, wie es ein Pfarrer machen könnte, der vor Ort ist, der also jeden Tag im Büro vorbeischaut. Meine Aufgabe ist es, die Arbeit zu koordinieren zwischen Pfarramt, Pfarrerschaft und dem, was in der Gemeinde so anliegt.

Welche Tätigkeit macht Ihnen besonders viel Freude?

Roblick: Ich plane sehr gerne Veranstaltungen, also Veranstaltungslogistik. Dafür die Kontakte zu knüpfen, das macht mir Spaß. Ich sitze viel und gern am Laptop und entwerfe Plakate, Handzettel oder so etwas. Und natürlich die Arbeit mit unseren Ehrenamtlichen und unseren Gruppen, die ist auch interessant. Es ist sehr vielfältig.

"Physikalische und verfahrenstechnische Grundlagen – Sie werden lachen – kann man mitunter auch in der Kirche gebrauchen"

Gibt es auch etwas, das Sie nicht so gern mögen?

Roblick: Ich scheue mich immer ein bisschen, wenn an mich herangetragen wird, dass ich eine Andacht ausgestalten soll, obwohl ich es gelernt und im vergangenen Jahr auch wiederholt gemacht habe. Aber das fällt mir ein bisschen schwer, weil mir dafür doch so ein bisschen die theologische Fingerfertigkeit fehlt.

Können Sie es delegieren oder bekommen Sie Hilfe?

###mehr-links###

Roblick: Ich habe viele Pastoren und Pastorinnen in den Nachbargemeinden, die mir jederzeit hilfreich zur Seite stehen und mir gute Tipps geben, was Predigttexte anbelangt oder Fürbitten für bestimmte Sonntage oder wie man das eine oder andere macht.

Gab es mal eine Situation, in der Sie überhaupt nicht weiter wussten?

Roblick: Gott sei Dank bisher noch nicht. Ich habe mich immer wieder irgendwie retten können und habe bisher eigentlich alles ganz gut gemeistert. Was allerdings für mich emotional besonders schwer war, war die Trauerfeier für unseren ehemaligen Pastor Werner Böse, der im vergangenen Jahr mit 60 Jahren an Krebs verstorben ist. Ich habe die letzten 12 Jahre eng mit ihm zusammengearbeitet und wir waren ein gutes Team. Dieser Abschiedsgottesdienst, das sage ich Ihnen ganz ehrlich, ist mir menschlich sehr nahe gegangen, zumal er mir noch zum Geburtstag so nett geschrieben hatte in dem Tenor: "Ich kann in Ruhe abtreten, weil ich weiß, die Gemeinde ist in guten Händen, und du kümmerst dich darum." Das war natürlich eine große Bürde oder Verantwortung, die er mir da übertragen hat, das ist nicht so einfach.

Gibt es Aufgabenbereiche, in denen Ihre Berufsausbildung Ihnen weiterhilft?

Stefan Roblick ist für alles zu haben - auch für einen Sketch im Pfingstgottesdienst 2012.

Roblick: Ich bin Diplom-Ingenieur für Lebensmitteltechnologie und war in der Konservenindustrie in der Produktion tätig. Da habe ich gelernt, sowohl Personal einzuteilen als auch den technischen Umgang mit Maschinen. Die physikalischen und verfahrenstechnischen Grundlagen – Sie werden lachen – kann man mitunter auch in der Kirche gebrauchen. Denn auch ein Kirchgebäude und ein Gottesdienst-Ablauf haben im Hintergrund viel mit Technik zu tun. Wenn die nämlich nicht funktioniert, dann können sich die Prediger da vorne noch so anstrengen, dann klappt das nicht. Licht und Ton sind nur die kleinen Aspekte. Wenn die Heizung nicht läuft – mit Vorliebe zu Heiligabend, man kommt rein und es ist eiskalt – dann ist guter Rat teuer. Da muss man wissen, wie so eine Heizungsanlage funktioniert: Wo kann ich drücken, um zumindest eine Notsteuerung hinzukriegen? Denn verständlicherweise feiert der Monteur mit seiner Familie Weihnachten, der ist nicht zu erreichen, aber Sie können die Kirche nicht kalt lassen.

Sie tun das alles ehrenamtlich, Ihre Gemeinde hat zurzeit keinen eigenen Pfarrer. Fühlen Sie sich manchmal auch ein bisschen ausgenutzt?

Roblick: Ja. Das kann ich ganz einfach so sagen, denn mitunter gibt es doch reichlich zu tun. Ich sage dann: Leute, also, andere werden für gewisse Aufgaben bezahlt, und wir haben ja auch noch einen Küster. Ich sehe es dann mitunter nicht ein, alles selber zu machen.

Wann gab es zuletzt eine solche Situation, in der Sie "Nein" gesagt haben?

Roblick: Bei einer Gottesdienstveranstaltung, wo es also einfach darum ging, dass Leuchter bestückt werden, damit es vernünftig aussah. Das habe ich nur kurz angesprochen und gesagt: So und so stelle ich mir das vor. Aber die ausführende Arbeit war nun wirklich Aufgabe des Küsters, ich habe gesagt: Da steck' ich mich nicht zwischen. Und aus dem Alter, dass ich große Sachen schleppe, bin ich auch inzwischen raus.

"Es läuft. Bisher habe ich noch keinen großen Widerstand gespürt"

Wird Ihr Engagement in der Gemeinde anerkannt und wertgeschätzt?

Roblick: Sehr! Also ich muss ganz ehrlich sagen, mir ist schon bei meiner Amtseinführung eine Welle der Verbundenheit entgegen geschlagen, sowohl aus der Gemeinde als auch von der Pfarrerschaft, von unserem Propst, vom Landeskirchenamt und aus der Stadt. Unser Oberbürgermeister hat mir sogar persönlich geschrieben, wenn ich Fragen hätte, die die Stadt beträfen, könnte ich mich vertrauensvoll an ihn wenden.

Merken Sie die Unterstützung und Anerkennung auch in der alltäglichen Arbeit?

###mehr-artikel###

Roblick: (Überlegt lange) Ja, das kommt darauf an, um was es geht. Wenn es ganz normale Gemeindebelange sind, weiß ich: Unsere beiden Damen im Pfarrbüro schätzen es sehr, wenn ich da auftauche und sie können mir ihre Fragen und Probleme vortragen, dann sind die schon sehr dankbar. Wenn es größere, gemeindeübergreifende Sachen betrifft, kann es ein bisschen schwieriger werden. Aber es läuft. Bisher habe ich noch keinen großen Widerstand gespürt. Ich weiß, es gibt Gemeindekuratoren in anderen Gemeinden, die um ihre Anerkennung sehr kämpfen müssen. Die fühlen sich mitunter wirklich zurückgesetzt oder nicht richtig verstanden. Wenn es noch Diakone in den Gemeinden gibt (die Diakonenstellen sind ja von der Landeskirche abgebaut worden), dann kommt es zu Konkurrenzen und Reibereien. Die Diakone sagen zurecht: "Das kann doch nicht sein! Da kommt jetzt einer, der macht das ehrenamtlich – das war mal meine Arbeit."

Aber bei Ihnen hört es sich sehr motiviert an. Wollen Sie es noch ein paar Jahre machen?

Roblick: Meine Amtsverpflichtung geht so lange, wie die Legislaturperiode des Kirchenvorstandes läuft. Ich selber bin als Kirchenverordneter 2012 wieder für sechs Jahre gewählt worden, das heißt das Ganze geht bis 2018. Dann entscheidet der neue Kirchenvorstand, ob er mich als Kurator wieder dienstverpflichtet oder nicht. Oder ob ich es dann noch will. So ist es geplant.

Wenn Sie alle Texte der Gemeindeserie auch per E-Mail bekommen wollen, können Sie hier ihre E-Mail-Adresse eintragen und den Newsletter bestellen.