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TV-Tipp des Tages: "Freilaufende Männer" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Freilaufende Männer", 23. April, 20.15 Uhr im Ersten
Ein Männertrio beschließt, gemeinsam Urlaub in Schweden zu machen. Die Reise beginnt wie eine Klassenfahrt: Alle sind noch mal 18 und vernichten hingebungsvoll beeindruckende Mengen Alkohol. Nach und nach aber untergräbt die Realität die Ferienstimmung.

Komödien mit Tiefgang haben im Fernsehen Seltenheitswert. Kein Wunder: Slapstick, Comedy und alle anderen Spielarten des oberflächlichen Humors sind viel leichter zu handhaben als ein Stoff, bei dem unter der heiteren Fassade die Abgründe des Selbstzweifels lauern. Wenn dann trotzdem ein Film gelingt, der so witzig, originell und wahrhaftig ist wie "Freilaufende Männer" und zudem noch so großartig gespielt: Dann ist das erstens höchstselten und zweitens preisverdächtig.

Die zweite Ebene

Zu loben ist neben dem WDR, dessen Fernsehfilmredaktion neben bewegenden Sozialdramen immer wieder auch erstklassige Komödien produzieren lässt, zuvorderst Gernot Gricksch. Der frühere Filmkritiker hat seinen eigenen Roman adaptiert, was nie leicht ist, weil der entsprechende Prozess vor allem aus vielen Abschieden besteht. Naturgemäß wirken seine drei Titelhelden nun etwas prototypisch, aber auf diese Weise findet jeder Mann einen Charakterzug, an dem er andocken kann: Malte (Fritz Karl) ist der Kindskopf, der sich weigert, erwachsen zu werden, obwohl er bald Großvater wird. Thomas (Wotan Wilke Möhring) ist das Gegenteil von Lockerheit, ein hypochondrischer, hyperventilierender Angsthase, dem das Leben davonläuft, während er seinen Träumen nachhängt. Auch Jens (Mark Waschke), der Pfennigfuchser, führt ein Dasein in stiller Verzweiflung, ist als Fahrlehrer gestrandet und lebt die letzten Reste von Rebellion aus, indem er seine Frau betrügt.

Dieses Trio beschließt, gemeinsam Urlaub in Schweden zu machen. Die Reise beginnt wie eine Klassenfahrt: Alle sind noch mal 18 und vernichten hingebungsvoll beeindruckende Mengen Alkohol. Nach und nach aber untergräbt die Realität die Ferienstimmung: Luftikus Malte steht vor der Insolvenz, Thomas, der enttäuschte Romantiker, wird immer wieder von Panikattacken heimgesucht, und Jens muss endlich Farbe bekennen, denn seine Geliebte (Jördis Triebel) ist ihm nachgereist und will eine Entscheidung.

Matthias Tiefenbacher, der mit Fritz Karl auch die sehenswerte romantische Komödie "Liebe vergisst man nicht" gedreht hat, ist genau der richtige Regisseur für diese Geschichte. Die situationskomischen Momente inszeniert er mit wunderbarem Gespür, die Darsteller führt er formidabel; und trotzdem vermittelt die Geschichte bei aller Ausgelassenheit stets eine zweite Ebene. Dank Tiefenbacher lacht man nicht über die drei großen Jungs am Rande des Nervenzusammenbruchs, sondern mit ihnen. "Freilaufende Männer" ist daher das perfekte Pendant zu Doris Dörries Grimme-preisgekrönter ZDF-Serie "Klimawechsel". Doch während die Damen satirisch überhöhte Zerrbilder waren, stecken Grickschs Kindsköpfe in jedem Mann.

Außerdem richteten sich Dörries Frauengeschichten in erster Linie an Zuschauerinnen, am besten auch noch solche in ähnlichem Alter und von gleicher Intellektualität. Tiefenbachers Komödie aber erheitert dank ihres Facettenreichtums, der vielen lauthals komischen Momente und der ausgefeilten Dialoge Männer wie Frauen jeden Alters. Dank Jördis Triebel und der für die deutsche Film- und Fernsehbranche unbedingt zu entdeckenden Schwedin Lisa Werlinder sind die Damen zudem bestens repräsentiert; auch wenn die coolste Rolle Filip Peeters hat, der dem Trio als entspannter Aussteiger immer wieder die Show stiehlt.