Lange Nachtsitzungen hinter verschlossenen Türen lagen hinter den Politikern, als der Bundestag am 22. April 1994 die Einführung der Pflegeversicherung beschloss. Der damalige Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) hatte das Projekt gegen den Widerstand der Wirtschaft, des Koalitionspartners FDP und auch gegen Vertreter seiner eigenen Partei verteidigen müssen. 20 Jahre später stößt die Pflegeversicherung auf breite Akzeptanz. "Die Rechnung ist aufgegangen", lobt der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU). Doch die in die Jahre gekommene Versicherung ist reif für Korrekturen.
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Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Pflegeversicherung zeichnete sich bereits vor 20 Jahren deutlich ab. Familien und Kommunen waren mit den steigenden Kosten für die Pflege von immer mehr alten Menschen zunehmend überfordert. Schon damals kostete ein Platz im Seniorenheim bis zu 5.000 Mark im Monat, also weit mehr, als die meisten Rentner zur Verfügung hatten. Die Folge: Rund zwei Drittel von ihnen waren auf Sozialhilfe angewiesen. Hier sollte die Pflegeversicherung Abhilfe schaffen.
Seit 2000 entstanden 330.000 neue Jobs
Ein Kompromiss ermöglichte schließlich die Zustimmung im Bundestag: Als Kompensation für die Übernahme der Hälfte des Beitrags durch die Arbeitgeber wurde ein bezahlter Feiertag abgeschafft, in den meisten Bundesländern der Buß- und Bettag. Rund eine Million Menschen konnten 1995 erstmals Leistungen aus der Pflegeversicherung beziehen. Heute sind rund 2,5 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig.
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"Die Pflegeversicherung hat eine gigantische Weiterentwicklung der Pflege in Deutschland in Gang gesetzt", sagt Laumann. Auch der Präsident des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), Bernd Meurer, sagt, die Versicherung sei die Grundlage dafür gewesen, dass Pflegeeinrichtungen geschaffen und eine flächendeckende Versorgung mit Pflegediensten aufgebaut werden konnte. Allein seit dem Jahr 2000 entstanden rund 330.000 neue Jobs im Pflegebereich.
Das Ziel, pflegebedürftige Menschen aus der Sozialhilfe zu holen, sei der Pflegeversicherung allerdings nur zum Teil gelungen, kritisiert die Vorsitzende des Evangelischen Verbands für Altenarbeit und Pflege, Renate Gamp. "Seit Jahren gibt es die alarmierende Tendenz, dass Pflegebedürftige immer häufiger nicht selbst für die Kosten ihrer Versorgung aufkommen können." Nach Angaben des Statistischen Bundesamts erhielten 439.000 Menschen in Deutschland im Jahr 2012 Hilfe zur Pflege, also Geld vom Staat, um ihre Pflegekosten zu bezahlen.
Die Pflege wird teurer
Ein Kernproblem liegt nach Ansicht von Experten darin, dass die Preise der Pflegeanbieter über die Jahre stetig gestiegen seien, die Versicherungsleistung jedoch nicht entsprechend angehoben wurde. Wenn sich aber Pflegebedürftige für ihre Beiträge immer weniger Pflege leisten könnten, gerate die Akzeptanz der Pflegeversicherung ins Wanken, warnt Meurer.
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Hier soll eine Reform der Pflegeversicherung Abhilfe schaffen: Ein von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vorgelegter Entwurf sieht eine Erhöhung der Geld- und Sachleistungen in allen Pflegestufen um vier Prozent vor. Außerdem sind mehr Leistungen in der häuslichen Pflege und für Demenzkranke geplant sowie ein Vorsorgefonds. Die auf rund 3,5 Milliarden Euro bezifferten Kosten will Gröhe durch höhere Pflegebeiträge finanzieren: Sie sollen in zwei Schritten um 0,5 Prozent steigen auf dann 2,55 Prozent (Kinderlose: 2,8 Prozent).
Die grüne Opposition indes bezweifelt, dass das Geld für die zweite Stufe der Reform reichen wird. Allein die Gleichstellung der Demenzkranken werde Berechnungen zufolge jedes Jahr mindestens drei Milliarden Euro kosten, sagte die pflegepolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Elisabeth Scharfenberg. Einen von Gröhe gestarteten Testlauf für den Umbau der Pflegeversicherung bezeichnete sie als "Zeitschinderei". Bei dem Modellvorhaben werde nichts Neues herauskommen, erklärte Scharfenberg: "Mir ist unverständlich, warum man zaudert und zögert."