Foto: dpa/Vera Gomes
Die Baustelle für das Quartier der deutschen Fußballnationalmannschaft im Ressort "Campo Bahia" im brasilianischen Santo Andre.
Villen mit Pool am Tropenstrand
Das WM-Hauptquartier der deutschen Fußballer steht in einem Naturschutzgebiet
Einzigartige Tier- und Pflanzenarten, die Reste eines Urwaldes: Brasilianische Naturschützer fürchten, dass die WM, der deutsche Tross und Touristen das Ökosystem weiter schädigen. Bauschutt im Wald ist erst der Anfang.
11.04.2014
epd
Andreas Behn

Die deutsche Nationalmannschaft hat sich in Brasilien einen Platz an der Sonne ausgesucht. Direkt an einem Palmenstrand, fernab vom hektischen Trubel der Großstädte, wird sie zur Fußball-Weltmeisterschaft ab Anfang Juni ihr Hauptquartier aufschlagen. Santo André heißt das kleine Fischerdorf, das sich seit Monaten auf die Ankunft des Besuchs vorbereitet. Es liegt im Bundesstaat Bahia, ganz nah der Stelle, wo die Portugiesen im Jahr 1500 erstmals südamerikanischen Boden betraten.

Zwei Monate vor dem WM-Anpfiff wird rund um die Uhr gebaut. Die Zeit drängt. Doch die 14 Villen samt Schwimmbad und Rasenfläche liegen in einem Naturschutzgebiet, das Umweltschützer durch die Unterkunft und den zunehmenden Tourismus gefährdet sehen. "Es ist verwunderlich, dass die Baugenehmigung so schnell ausgestellt wurde", sagt der Umweltschützer César dos Santos. Vor zehn Jahren kam er nach Santo André und ist Mitglied des lokalen Gremiums, das die Umsetzung der Umweltauflagen beaufsichtigt. Seit Jahresbeginn habe es keine Sitzung mehr gegeben. "Offenbar kommen diesmal die Anweisungen von ganz oben. In solchen Fällen ist die Natur zweitrangig."

Bauschutt landet einfach im Regenwald

Viele einzigartige Tier- und Pflanzenarten gehören zu den Schätzen des Küstenstreifens rund um die Stadt Porto Seguro, der einst vollkommen vom Regenwald Mata Atlántica bedeckt war. Von dem UNESCO-geschützten Urwald sind nur noch neun Prozent übrig. Eukalyptus-Plantagen prägen jetzt die Landschaft. Ökologen fürchten, dass sich der Raubbau an der Natur fortsetzt. Immer wieder werden die Auflagen des Naturschutzgebiets am Meeresufer verletzt. Auch das "Campo Bahia", das Hauptquartier der deutschen WM-Auswahl, liegt in einem Gebiet, in dem die wirtschaftliche Nutzung des Bodens engen Umwelt-Richtlinien unterliegt.

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Zudem bezweifelt Umweltschützer César dos Santos, dass die labile Infrastruktur im Dorf dem Massenansturm Hunderter Journalisten und Besucher gewachsen sein wird. Als Beispiel nennt er die improvisierten Müllkippen, die langsam aber sicher das Grundwasser verseuchen. "Auch der ganze Bauschutt wird nicht entsorgt, sondern einfach in die Mata Atlántica abgeladen." Für teures Geld würden die WM-Stadien nach FIFA-Standard gebaut, "warum gilt der FIFA-Standard nicht auch für unsere Abwasserversorgung und den Müll, der hier anfällt?" 

Die Anwohner sehen die neue Berühmtheit ihres Dorfes zwiegespalten. Denn die Immobilienpreise steigen schon jetzt. Zudem ist der Bau des WM-Quartiers im Verzug, der Deutsche Fußball-Bund traf seine Entscheidung erst Ende vergangenen Jahres. So arbeiten an die 200 Handwerker fast rund um die Uhr. Baulärm und Dreck belasten die Menschen.

Bald kein Zugang mehr zum Strand?

"Tag und Nacht weht der feine Holzstaub herüber und in unsere Fenster.  Hinzu kommt der Krach. Die Kinder schlafen nicht mehr richtig, sie werden immer wieder krank", beschwert sich Mariane Ferreira. Ihre Familie wohnt direkt gegenüber der Baustelle, mehrere Generationen leben dort in bescheidenen Häusern.

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Gleichzeitig hegt Ferreira die Hoffnung, dass sich die Lage der Bewohner verbessert, die Wasserversorgung zuverlässiger, eine Müllabfuhr eingerichtet wird. "Alles hat seine guten und schlechten Seiten." Es seien viele neue Arbeitsplätze entstanden. Das Geld sei wichtig für die Leute. "Andererseits wird Druck ausgeübt, dass wir unsere Häuser verkaufen. Dabei haben die Deutschen doch schon alles am Strand aufgekauft. Wir befürchten, dass wir bald keinen Zugang mehr zum Strand haben."

Bauleiter Eduardo Farias versteht die Sorgen der Menschen. "Wir stehen in Kontakt mit den Anwohnern. Aber natürlich führt so eine große Baustelle immer zu Belastungen." Farias hat sein Büro in einer der beiden Villen der Unterkunft für die deutschen Fußballer, die bereits fast fertig sind. Spätestens im Mai soll alles erbaut sein. Alle Auflagen würden entsprechend den Baugenehmigungen eingehalten, beteuert Farias. "Wir achten darauf, so wenig wie möglich in die Natur einzugreifen."