Foto: epd-bild/Thomas Lohnes
Wachszieher Philipp Knappe arbeitet in der "Richard Wenzel Wachszieherei" in Aschaffenburg am Tauchkarussell und hängt 15 Kerzen in das Wachsbecken.
Drei Stunden für eine Altarkerze
Philipp Knappe erinnert sich noch gut daran, wie er zum ersten Mal in seinem Bekanntenkreis von seiner Lehrstelle erzählt hat: "Kaum einer hatte je davon gehört." Der 20-Jährige lernt den Beruf des Wachsziehers. Gerade in der Osterzeit gibt es viel zu tun.
13.04.2014
epd
Helena Teichmann

Philipp Knappe ist einer von 16 Auszubildenden in Deutschland, die Wachszieher werden - ein fast ausgestorbener Beruf. In Zeiten billig gepresster Kerzen aus Fernost, die in Großpackungen für Centbeträge zu haben sind, ein mutiger Schritt.

###mehr-artikel### Mittlerweile absolviert Knappe das zweite Lehrjahr in der Aschaffenburger Kerzenfabrik Wenzel. "Man kann jetzt nicht gerade sagen dass es mein Traumberuf war, den ich seit Kindheitstagen erlernen wollte", räumt der junge Mann ein. Die Ausbildung wurde ihm vielmehr von der Arbeitsagentur geraten.

"Aber inzwischen macht mir die Arbeit wirklich Spaß", sagt er - auch wenn sein Chef nicht daneben steht. Die Aussichten auf eine Anstellung schätzt Knappe als ordentlich ein, "da es Wachszieher eben so selten gibt". Als einziger Azubi bei der Firma Wenzel sei seine Übernahme garantiert.

Ziehen, Pressen, Gießen, Tauchen

"Hauptsächlich stelle ich täglich mehrere Altarkerzen her", erzählt er. Je nach Größe dauere die Anfertigung zwei bis drei Stunden. In diesen Wochen entstehen außerdem kunstvolle Osterkerzen, die in evangelischen und katholischen Kirchen traditionell in der Osternacht entzündet werden. Sie stehen im kirchlichen Verständnis für die Auferstehung Jesu, der über den Tod siegt.

In der Richard Wenzel Wachszieherei in Aschaffenburg werden Osterkerzen verziert.

Zu Knappes Arbeitsalltag gehört das Ziehen von Kerzen, aber auch das Pressen, Gießen und Tauchen. Der Umgang mit dem Rohstoff Wachs erfordere viel Geschick, sagt der 20-Jährige. Körperlich anstrengend sei das nur selten, viele Arbeitsschritte werden mit Maschinen gemacht. Aber er nimmt lange Anfahrtswege in Kauf: Knappe braucht fast eineinhalb Stunden für den einfachen Weg zur Kerzenfabrik. Ihm ist es das wert: "Es ist faszinierend, wie aus Rohstoffen eine schöne Kerze entsteht".

Die Zeiten, in denen Kerzen quasi lebensnotwendig waren, sind lange vorbei. Licht ist schon seit Jahrzehnten vor allem elektrisch, und Kerzen in einem gewöhnlichen Haushalt bestenfalls ein romantisches Accessoire.

Die Bayerische Wachszieher- und Kerzeninnung - die einzige in ganz Deutschland und deshalb auch für alle anderen Bundesländer zuständig - geht trotzdem nicht davon aus, dass Berufe wie der Wachszieher aussterben. "Aber das Berufsbild wird sich wandeln", sagt Stephan Zimmermann aus Köln, Kerzenfabrikant und Landesinnungsobermeister. Das Handwerk werde zunehmend der Maschinenproduktion weichen.

"Das macht nicht jeder, es ist etwas Besonderes"

Ob kleiner Familienbetrieb oder große Firma mit bis zu 200 Mitarbeitern - die Ausrichtungen an die Abnehmer könnten völlig verschieden sein. "Zum größten Teil sind die Wachszieher aber trotzdem kirchengebunden", sagt Zimmermann. Und Kerzeninnungs-Geschäftsführer Wolfgang Reich ergänzt: "Es kommt auf die eigenen Ansprüche an." Der Wert einer handgemachten Kerze werde irgendwann auch wieder mehr geschätzt, glaubt er.

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Philipp Knappe weiß den Wert einer handgearbeiteten Kerze jetzt schon zu schätzen. Er will in dem Beruf bleiben. Erstens, weil er ihn mag. Und zweitens, weil man damit auch ein wenig angeben kann: "Wenn ich fremden Leuten von meinem Beruf erzähle, sind sie immer sehr erstaunt. Das finde ich gut. Das macht nicht jeder, es ist etwas Besonderes."