Bekenntnis
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Wer sich bekennt, tritt aus dem Schatten ins Licht.
Selber bekennen: "Herumdrucksen ist nicht!"
Das Motto dieser Fastenwoche von "7 Wochen Ohne" lautet "selber bekennen". Was aber soll und was kann man selber bekennen? evangelisch.de Redakteure erzählen von ihrem persönlichen Glaubensbekenntnis. Alle drei Geschichten verbindet, dass ein Bekenntnis unbequem sein kann und Mut und Zuversicht benötigt.

evangelisch.de-Redakteurin Anne Kampf: "In meinem Elternhaus hing eine Postkarte mit einem Zitat von Kurt Tucholsky: 'Nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein!' Das hab' ich natürlich auswendig gelernt. Und dann zur Überraschung meiner Familie 'Ja!' gesagt. Ziemlich leise zwar, aber es war ein überzeugtes 'Ja' im offenen Gegensatz zur religionskritischen Einstellung meiner Eltern: 'Ja, ich will getauft und konfirmiert werden. Ja, der evangelische Glaube ist meiner. Ja, zu dieser Kirche will ich gehören.'

Meine Eltern haben es mitgetragen und die Konfirmationsfeier ausgerichtet. 'Ich akzeptiere die Entscheidungen meiner Kinder', sagte meine Mutter einmal bei anderer Gelegenheit. Meine beiden jüngeren Schwestern wurden ebenfalls konfirmiert, haben sich ebenfalls zum Glauben bekannt - jede auf ihre Weise. Und unsere Eltern? Sie nicht. Aber sie haben mir später für mein Theologiestudium einen Laptop geschenkt. Und inzwischen sitzen wir manchmal bei Rotwein zusammen und diskutieren über Luthers Lehre von der Rechtfertigung oder über den Sinn von Gebeten. Ich glaube, mein leises 'Ja' hat Wege geebnet - nicht nur für mich selbst."

Pastor Frank Muchlinsky, evangelisch.de-Redakteur: "Wer als Pastor auf einer Party gefragt wird 'Und was machst Du so beruflich?', fühlt sich in einer Zwickmühle. Entweder man druckst herum oder lügt gar über den eigenen Beruf, oder man muss sich mit den Reaktionen des Gegenübers auseinandersetzen. Beide Möglichkeiten können unangenehm sein. Da aber Lügen und Herumdrucksen aus moralischen Gründen ausscheiden, soll bekannt werden: 'Ich bin Pastor.' Bevor diese Worte einem über die Lippen kommen, sollte man sich unbedingt die Betonung dieses Satzes überlegen, ebenso die Blickrichtung, die Körperspannung und den Gesichtsausdruck.

###mehr-links###Wer gern als Reaktion haben möchte 'Ach, echt? Du siehst gar nicht so aus', der wird dieses Bekenntnis mit einem leicht schiefgelegten Kopf und in betont lässigem Tonfall von sich geben. Wer lieber ein betroffenes 'Oh' zurückbekommen will, sollte den Blickkontakt vermeiden und eher mit gesenkten Schultern seinen Beruf bekennen. Wer Lust darauf hat, den Abend über die Kreuzzüge, die Hexenverbrennungen und das Verhalten der Kirche im 'Dritten Reich' zu erörtern, schaut freundlich neutral der gegenübersitzenden Person ins Gesicht. Wer schließlich allzu frech wirkt bei diesem Satz, der kann sicher sein, dass im Laufe des Abends auch noch die letzten anwesenden Atheisten heran gewunken werden, um das Gespräch zu bereichern. Je nach Laune wähle ich aus. Aber Herumdrucksen ist nicht."

Markus Bechtold, evangelisch.de-Redakteur: "Mit 18 Jahren dachte ich, meiner Familie und meinen Freunden gegenüber bekennen zu müssen, dass ich schwul bin. Das war natürlich Quatsch. Mittlerweile weiß ich, dass man sich nur zu etwas bekennen kann, das man selbst verschuldet beziehungsweise frei und selbstbestimmt für sich gewählt hat. Meine sexuelle Identität hingegen war mir bereits mit in die Wiege gelegt. Das Herz schlug mir trotzdem bis zum Hals. Mit dem Coming-out wandte ich mich erst einmal von der Kirche ab, weil ich damals dachte, dass ich dort nicht mehr willkommen bin. Auch das war Quatsch, wie ich aber erst später herausfinden sollte.

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Als ich Jahre später wieder Vertrauen und Zuversicht im Glauben gefunden hatte, fiel es mir anfänglich schwer, in der schwulen Welt, in der ich mich lange Zeit von lieben Menschen gut aufgehoben gefühlt hatte, laut und selbstbewusst zu sagen: 'Ich bin evangelisch, weil mir der christliche Glauben etwas bedeutet.' Das war nach dem ersten Coming-out wie ein zweites. Entgegen meiner anfänglichen Ängste vor Zurückweisung und Ablehnung merkte ich mit der Zeit, wie sich andere Homosexuelle dadurch bestärkt fühl(t)en, auch über ihren Glauben öffentlich zu sprechen. Das war und ist keineswegs selbstverständlich und tut auch heute noch sehr gut."