"Wir liegen über der Fachkraftquote, und das ist so gewollt." Clemens Schulze Beiering, Einrichtungsleiter der Seniorenstiftung Prenzlauer Berg in Berlin, ist überzeugt: Fachkräfte sichern die Pflegequalität, weil sie "in der Tendenz und unterm Strich eine bessere Pflegeleistung erbringen". Sein Argument: "Eine dreijährige Ausbildung ist nun einmal länger als eine einjährige." Dennoch unterstreicht der Experte, der ein Haus mit 565 Vollzeitpflegeplätzen und 400 Beschäftigten führt: "Pflegequalität lässt sich nicht nur über die Fachkraftquote erzielen."
Das zeigt das Beispiel des Altenpflegeheims "Wohnen Am Weinberg" in Trägerschaft des AWO-Kreisverbandes Bernau. Es lässt seine 60 Bewohner mit einer 20-prozentigen Fachkraftquote betreuen. Eine klare Unterschreitung der gesetzlichen Vorgabe, die jedoch mit den staatlichen Behörden abgestimmt und von der Heimaufsicht genehmigt ist.
Hausgemeinschaften in Bernau: Nur eine Fachkraft für 60 Bewohner
Grundpfeiler der 2006 als Modellprojekt eröffneten Einrichtung ist ihre kleinteilige Struktur: In sechs Hausgemeinschaften leben im Schnitt zehn Bewohner. Die Senioren haben ihr eigenes Zimmer und teilen sich Wohnküche, Hauswirtschafstraum und Waschmaschine. Gemeinsam erstellen sie den Speiseplan, schreiben Einkaufslisten, kochen und verrichten Gartenarbeit.
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Sechs Präsenzkräfte betreuen eine Hausgemeinschaft, leisten die Grundpflege und unterstützen die Bewohner im Alltag. Nur eine einzige Pflegefachkraft ist pro Schicht eingesetzt: Sie übernimmt für sämtliche 60 Bewohner die anspruchsvollen Pflegeaufgaben.
Schulze Beiering räumt ein, dass das Konzept der Hausgemeinschaft tatsächlich mit weniger Fachkräften auskommt, betont aber: "Für die Struktur unseres Hauses käme das nicht in Frage." Er sieht Reformbedarf seitens der Politik. "Das Konzept Quote ist zu starr. Es muss mehr Kriterien geben, die es erlauben, von der Quote nach unten oder nach oben abzuweichen."
Neuland in München: Die Fachkraft überwacht den Ablauf
Die "Familie Franke Seniorenresidenzen" in Berlin beschäftigen dagegen für ihre 450 Bewohner mehr Fachpersonal als vorgeschrieben. Der Grund: "Pflegebedürftige kommen immer später in eine stationäre Einrichtung und benötigen dann eine höchst anspruchsvolle medizinische und palliative Pflege", erklärt Geschäftsführer Dietrich Lange. Er sieht die Fachkraftquote daher als ein Bekenntnis zum Leistungsprofil der hoch spezialisierten Einrichtung. Doch auch er wünscht sich mehr Flexibilität.
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"Die Frage für uns ist nicht, an der Quote zu sägen, sondern zu überlegen, wie kann ich die Fachkräfte besser einsetzen?", sagt Siegfried Benker, Geschäftsführer der Münchenstift GmbH, die eines der größten Dienstleistungsunternehmen für Senioren in München ist. Im Mai fällt hier der Startschuss für ein besonderes Projekt in Kooperation mit dem Sozialreferat, der Heimaufsicht und der Katholischen Stiftungsfachhochschule München.
Dabei sollen in einem Heim die Pflegeprozesse analysiert und anschließend die Organisation und Verantwortung stärker auf eine Pflegefachkraft konzentriert werden. Diese hat dann nicht mehr unbedingt Kontakt mit den Pflegebedürftigen, sondern überwacht stärker den Pflegeablauf. "Wir betreten Neuland. Ziel ist es, die Fachlichkeit der Mitarbeiter optimal einzusetzen und zu einer qualitativen Quote zu kommen, anstatt nur die Fachkraftquote zu erfüllen", erläutert Benker.