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Milan Kundera ist einer der berühmtesten tschechischen Schriftsteller der Gegenwart.
Von der Liebe und der Fremde
Milan Kundera wird 85 Jahre alt
Für Jana Cenková ist die Sache klar: "Wenn es um die tschechische Literatur seit 1945 geht, ist Milan Kundera einer der bedeutendsten Autoren". Die Professorin der Karlsuniversität in Prag blickt aus ihrem Büro über Moldau und Karlsbrücke hinweg auf die majestätische Burg. Kundera aber, der am 1. April 85 Jahre alt wird, lebt schon seit langem nicht mehr in Prag.
01.04.2014
epd
Kilian Kirchgeßner

1975 ging er nach Frankreich ins Exil, er schreibt auf französisch. Die Verdienste für sein Land, die blieben jedoch bestehen, sagt Cenková: "Natürlich ist er nach wie vor ein tschechischer Autor!"

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Milan Kundera hat wie kaum ein anderer Schriftsteller den Blick auf die kommunistische Tschechoslowakei geschärft - und auf das Wesen des Sozialismus selbst. Geboren 1929 im tschechischen Brünn, gehörte er zunächst zu den überzeugten Anhängern des Kommunismus. Kundera studierte Musik und Literatur und wechselte dann auf die Filmhochschule. Er engagierte sich auf den großen nationalen Schriftstellerkongressen der 60er Jahre, und er hoffte während des Prager Frühlings wie so viele seiner Landsleute auf einen "Sozialismus mit menschlichem Antlitz".

Mit dem Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen im August 1968 und der Rückkehr zu einem repressiven Regime zerstoben nicht nur die Träume vieler Menschen von einem freien Leben. Für Kundera brach eine Welt zusammen. Die Entfremdung von der Ideologie, die Enttäuschung vom Kommunismus - diese Erfahrung bildet den Kern seines Werkes.

Weltruhm: "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins"

In seinem Roman "Der Scherz" skizziert er ein Leben zwischen dem gnadenlosen Regime und den Mächten der Liebe. Im "Abschiedswalzer" verarbeitet er seine Enttäuschung. Zu Weltruhm hat ihm 1984 "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" verholfen, der Roman über die Liebe zwischen Tomas und Teresa vor und nach dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes.

In all diesen Büchern spiegeln sich die großen Themen, aus denen Milan Kundera immer wieder schöpft: Um die Liebe geht es, um die Anziehungskraft zwischen Menschen, die bei ihm nicht verkitscht oder romantisch ist, sondern zu einer existenziellen Frage heranwächst - und um das Leben im Sozialismus. "Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings hat er gezeigt, wie sich die Situation entwickelt, wie trist alles ist", sagt Literaturprofessorin Cenková.

Es war die Zeit seines größten Ruhms: Seine Werke waren für viele Menschen im Westen ein Fernglas, durch das sie die Lage hinter dem Eisernen Vorhang sahen. Kundera war einer der Autoren, die die Wahrnehmung von der Tschechoslowakei geprägt haben. Zusammen mit seinen Dichter-Kollegen Václav Havel, Pavel Kohout, Ludvík Vaculík und Josef Skvorecký wurde er zum inoffiziellen Botschafter seines Landes.

Publikationsverbot durch Kommunisten

Das kommunistische Regime schloss ihn zunächst aus der Partei aus, schließlich verhängte es auch ein Publikationsverbot. "Natürlich haben wir seine Werke trotzdem in die Hände bekommen", erinnert sich Jana Cenková. Sie selbst habe seine Bücher zum ersten Mal verschlungen, als sie 20 Jahre alt war - "vor allem der Roman 'Das Buch der lächerlichen Liebe' war für mich eine Offenbarung", sagt sie.

Als Cenková Kundera für sich entdeckte, in den späten 70er Jahren, war der Autor schon nicht mehr im Land: Er ging 1975 ins Exil nach Frankreich und fing kurz darauf an, seine Bücher auf französisch zu verfassen. Mit der Tschechoslowakei hat er gebrochen. Er ist seit jener Zeit nicht mehr auf einem offiziellen Besuch in der alten Heimat gewesen und verbietet bis heute, dass seine auf französisch verfassten Werke ins Tschechische übersetzt werden - genauso wie er Neuauflagen seiner frühesten Bücher verbietet, in denen er noch unkritisch über den Kommunismus schrieb.

Von der Öffentlichkeit zurück gezogen

In der Öffentlichkeit tritt der Schriftsteller aus Prinzip nicht auf. Seit den 80er Jahren hat er keine Interviews mehr gegeben, und nur wenige Vertraute sind mit ihm in Kontakt. Wie er wahrgenommen wird, verfolgt er aber trotz seiner Zurückgezogenheit: Seit vielen Jahren liefert er schon gleich Anmerkungen zu seinen Büchern mit, in denen er die Entstehungsgeschichte skizziert und Interpretationshinweise gibt. Sein Grundthema bleibt: In "Die Unwissenheit", erschienen 2001, geht es um Irena, die 1968 Prag verlässt, nach Paris geht und sich nirgendwo zuhause fühlt.

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"Er macht sich ohne Fragen Gedanken darüber, wie er von späteren Generationen wahrgenommen wird", urteilt Jana Cenková. Sie könne dies nachvollziehen: "In meinen Seminaren sitzen heute Studenten, die nach dem Fall des Eisernen Vorhangs geboren worden sind", sagt sie. "Sie kennen die Atmosphäre, die Kundera schildert, nicht mehr aus eigener Anschauung. Und trotzdem sind sie fasziniert von seinem Werk." Milan Kunderas Ruhm stammt aus einer anderen Zeit, aber aktuell ist er bis heute. "Fragen zum Glauben - im religiösen wie auch im ideologischen Sinne - sind auch heute hochspannend."