Foto: Thinkstock/iStockphoto/R. Jasson
Auf ein gutes Verhältnis zwischen Arbeit und Freizeit kommt es an.
Neue Werte im Beruf: Sinn zählt mehr als Status
Gehalt allein lockt kein qualifiziertes Personal
Nicht das Haus am See oder die schicke Limousine, der selbstbestimmte Job ist das neue Statussymbol in unserer Gesellschaft. Das Leitmotiv des modernen Arbeitnehmers lautet: Entfaltung. Angestrebt wird eine individuell angepasste Work-Life-Balance - ein ausgewogenes Verhältnis von Karriere und Privatleben also.
28.03.2014
epd
Hanna Jochum

Ein Betrieb solle nicht nur Geld, sondern vor allem freiwillige Zusatzleistungen bieten, ergab kürzlich eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC). Klar im Vorteil bei den sogenannte Millennials, also Absolventen, die seit der Jahrtausendwende auf den Arbeitsmarkt strömen, sind: "Unternehmen, die nachhaltig und sozial verantwortlich denken", stellt die Aktiengesellschaft mit Sitz in Frankfurt am Main heraus.

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Gerade für diese "Generation Y" ist eine aufstiegsorientierte Laufbahn daran gekoppelt, die eigene Persönlichkeit innerhalb eines Unternehmens weiterzuentwickeln. So titelte die Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit" Anfang März: "Wir sind jung und brauchen das Glück". Sinn zähle mehr als Status. Die Mittdreißiger erwarteten, dass Betriebe umdenken, sich auf ihre Ansprüche einstellen und einen Wertekanon verkörpern.

Das Bedürfnis nach Selbstbestimmung im Beruf ist nicht neu. Neu ist die Schlagkraft, die es auf dem Arbeitsmarkt entwickelt. Dorothea Alewell, Professorin für Personalwirtschaft an der Universität Hamburg, verweist auf soziologische Debatten, wonach ein massiver Wertewandel stattgefunden hat. Für Beschäftigte werde zunehmend wichtiger, dass es "ihre Arbeit" sei, mit der sie die eigenen Qualifikationen entfalten könnten. Die Arbeit müsse Spaß machen und von ihnen selbst verantwortet werden.

Geringere Fluktuation und niedrigere Krankenstände

Werte wie Pflicht und Akzeptanz seien von dem der Selbstentfaltung verdrängt worden, berichtet die Personalwirtschafterin. "Unternehmen können nicht nur, sondern müssen sich sogar Werte im Personalmanagement leisten", betont Alewell. Ob Personal wirksam arbeite, hänge davon ab, wie Werte im Unternehmen gelebt würden. Alewell sagt: "Scharfer Wettbewerb um qualifiziertes Personal kann dazu führen, dass die Unternehmen potenziellen Mitarbeitern und deren Wertvorstellungen stärker entgegenkommen."

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Dabei spielt es offenbar eine untergeordnete Rolle, auf welche Werte Firmen setzen, ob etwa auf umweltverträgliche Produkte oder auf eine gute Betreuung der Kinder der Beschäftigten im Betrieb. So heterogen die Belegschaft, so unterschiedlich sei das Werteempfinden. Aber, und das ist der entscheidende Punkt: Erfolgreich etablierte Werte bringen generell Wettbewerbsvorteile, wie die Bertelsmann-Stiftung in einem Papier für Führungskräfte aufzeigt.

Mit Hilfe von Werten bänden Unternehmen wichtige Mitarbeiter, steigerten deren Engagement, heißt es. Zudem machten sie sich positiv auf der Kostenseite bemerkbar: Durch geringere Fluktuation und niedrigere Krankenstände spare der Betrieb. Letztlich brächten innovative Mitarbeiterführung und gelebte Unternehmenskultur für jede Firma einen Imagegewinn, schreibt die Bertelsmann-Stiftung.

Ökonomie und Menschlichkeit in Widerspruch?

Dass aber viele Betriebe Nachholbedarf in Sachen Werte haben, legt der aktuelle Engagement-Index der Unternehmensberatung Gallup nahe. Laut der Studie sind deutsche Arbeitnehmer nur wenig an ihren Arbeitgeber gebunden: Fast ein Viertel der Beschäftigten habe innerlich bereits gekündigt. 61 Prozent machten Dienst nach Vorschrift. "Nur 15 Prozent der Mitarbeiter haben eine hohe emotionale Bindung an ihren Arbeitgeber und sind bereit, sich freiwillig für dessen Ziele einzusetzen", besagt die Studie.

Damit belegt Gallup, was auch die Kirchen kritisieren. "Wo Ökonomie und Menschlichkeit in Widerspruch zueinander geraten, stimmt etwas an der ökonomischen Ordnung nicht mehr", steht im gemeinsamen Wort zur Wirtschafts- und Sozialpolitik, das die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die katholische Deutsche Bischofskonferenz kürzlich vorgelegt haben.