Es sollte wohl der emotionale Höhepunkt der Sendung werden. In einem Düsseldorfer Altersheim zeigt eine Redakteurin von "hart aber fair" den Bewohnern Fotos von der Krim. Die Menschen reagieren geschockt auf die Bilder. "Das mag ich gar nicht sehen", sagte eine ältere Dame. "Ich möchte nicht, dass meine Kinder erleben, was ich erleben musste", eine andere – sollte es zum Krieg kommen, ergänzt sie, würde sie in den Rhein springen. Der Einspielfilm zeigt, wie unbeholfen die Redaktion um Frank Plasberg mit dem Krim-Konflikt umging.
###mehr-artikel### "Eiszeit im Frühling – müssen wir Angst vor Russland haben?" war Thema der Sendung. Und der Graben, der sich gerade durch Europa fräst, fand sich auch im ARD-Studio wieder. Ivan Rodionov ist Chefredakteur der russischen Fernseh-Agentur Ruptly-TV und scheint ganz auf Linie mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin zu sein. Aus historischer Perspektive wachse mit der Krim und Russland zusammen, was zusammengehöre, sagte Rodionov in der Sendung. Die westlichen Staaten hätten zudem zur Abspaltung der Halbinsel beigetragen: Die neue "Möchtegern-Regierung" in Kiew habe die Bevölkerung auf die Palme gebracht, indem sie Russisch als Amtssprache abschaffen wollte. "Es geht nicht um Putins Willen, sondern um den der Bevölkerung", urteilte Rodionov über die Wahl auf der Krim.
Norbert Röttgen hielt dagegen. Der CDU-Politiker ist Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses. Er warf Putin vor, nach einer langen Zeit des Friedens in Europa Machtansprüche mit militärischen Mitteln durchzusetzen. "Wenn wir uns einmal darauf einlassen, ist das ein Rückfall in eine blutige Zeit", warnte er.
Feindbilder bestätigt
Es hätte eine spannende Diskussion werden können, vielleicht hätten sich sogar im Kleinen Brücken schlagen lassen. Doch statt Rodionov und Röttgen zum Gespräch zu motivieren, heizte Plasberg sie immer wieder ein, ihre Feindbilder aufzufrischen. Dabei hatte die Redaktion auch neutralere Beobachter des Konflikts eingeladen, die einen annähernden Diskurs hätten unterstützen können.
###mehr-links### Markus Göring ist Pfarrer der deutschen evangelisch-lutherischen Gemeinden auf der Krim. Im Einzelgespräch erzählte er Plasberg von Eindrücken seiner Heimat in den letzten Wochen. Etwa, wie es sich mit hochbewaffneten Soldaten auf der Straße lebt. Göring erzählte, wie sich das Schulleben verändert hat, nachdem Präsident Viktor Janukowtisch wegging. Und er berichtet von dem großen Vertrauen, das viele Menschen auf der Krim in Russland haben – nicht zuletzt viele seiner Gemeindemitglieder. Nüchtern und ohne klare Wertung schuf er so ein Bild der Lebenswirklichkeit auf der Krim.
Die Fehler des Westens
Auch Guido Knopp, ehemaliger Chef-Historiker des ZDF, hatte einen guten Auftritt. "Man darf nicht so tun, als ob der Westen immer alles richtig gemacht hat", resümierte er. Romantisch und blauäugig seien westliche Politiker in den letzten Wochen nach Kiew gereist, um die russlandkritischen Demonstranten zu unterstützen, kritisierte der Historiker und bestärkte damit zumindest indirekt Rodionov. Der warf dem Westen vor, in Kiew rechte Politiker unterstützt zu haben, die jetzt zur – wie Rodionov betonte – verfassungswidrigen Regierung gehörten.
"Angst ist nicht das Gebot der Stunde. Wir müssen bedachtsam und vernünftig agieren", empfahl Knopp den politischen Akteuren. Den Rat hätte auch die "hart aber fair"-Redaktion gebrauchen können. So hat sie mit ihrer Foto-Aktion im Altenheim nicht nur Ängste bei den älteren Menschen geschürt. Regelrecht absurd wirkte es, Zeitzeugen des Zweiten Weltkriegs in diesem Kontext zu interviewen. Schließlich war es der Einsatz der Alliierten, der Hitler damals stoppte. Für einen Aufruf zum Pazifismus hätte es sicherlich bessere Vorlagen gegeben.