In Sat.1-Romanzen wie "Claudia, das Mädchen von Kasse 1" oder "Gefühlte XXS" hat Sophie Schütt zumeist Frauen gespielt, mit denen man sich als Zuschauerin gut identifizieren kann. In dem Degeto-Film "Einmal Bauernhof und zurück" muss sie diese Rolle Alwara Höfels überlassen. Dass beide Hauptdarstellerinnen ihre Figuren dennoch ausgesprochen glaubwürdig verkörpern, hat maßgeblichen Anteil am Erfolg dieses durchaus nachdenklichen Dramas.
Im Grunde trägt der Film den falschen Titel, eigentlich müsste er "Einmal Großstadt und zurück heißen": Als die Melkmaschine kaputt geht, stößt Klara (Höfels) mit der Bewirtschaftung des elterlichen Bauernhofs in der hintersten Eifel an ihre finanziellen Grenzen. Ihre mütterliche Freundin Nette (Hildegard Krekel) empfiehlt ihr eine Auszeit in Düsseldorf; dorthin ist Klaras Schwester Mika (Schütt) vor vielen Jahren geflohen. Einst wollte sie die Welt als Künstlerin erobern, mittlerweile ist sie Galeristin, verheiratet (Thure Riefenstein als Gatte) und Mutter zweier Kinder.
Konflikt zwischen Schwestern
Genüsslich weidet sich die Geschichte (Drehbuch: Astrid Ruppert) an den Gegensätzen zwischen den Schwestern, die beide überzeugt sind, die andere habe keine Ahnung vom Leben: hier die zupackende Klara, deren Bodenständigkeit Höfels schon allein durch ihren Gang vermittelt, dort die mondäne und stets wie aus dem Ei gepellte Mika, die sich zur Entspannung einen Kimono anzieht und versonnen mit dem Rechen Kreise in ihrem Zen-Garten zieht. Selbstredend wird das Refugium, von Klara ohnehin als "Kieswüste" eingestuft, später noch in Mitleidenschaft gezogen, wenn auch keineswegs durch Klaras munteren Golden Retriever, der gemessen an Mikas Allergie gegen sämtliche Vierbeiner ohnehin für vergleichsweise wenig Wirbel sorgt.
Der Film entwickelt sich sowieso gern immer wieder anders, als man glaubt. Das beginnt schon mit der Besetzung: Höfels, bekannt geworden durch "Keinohrhasen" und seither gern in Großstadtkomödien besetzt, überzeugt als Landwirtin, die nach dem Tod der Eltern den Hof übernommen hat. Normalerweise handeln die Freitagsfilme im "Ersten" davon, wie Frauen in solchen Fällen sämtlichen Hindernissen trotzen, aber "Einmal Bauernhof und zurück" beginnt mit dem Scheitern: Dem Betrieb droht die Zwangsversteigerung. Vorhersehbar ist dagegen der Konflikt zwischen den beiden Schwestern, denn selbstredend fühlt sich die jüngere Klara von Mika im Stich gelassen. Die hat einst die Warnungen des Vaters ("Träume sind Schäume") in den Wind geschlagen und tut nun alles, um ihre ländliche Vergangenheit demonstrativ zu leugnen. Kostümbildnerin Marion Boegel hat dabei ganze Arbeit geleistet: Sophie Schütt trägt in praktisch jeder Szene etwas anderes und sieht formidabel aus, wirkt aber auch unnahbar. Diese Beiläufigkeit vermittelt viel besser, was in Mika vorgeht, als ihr übertrieben wirkendes Entsetzen über einen Zeitungsartikel, der enthüllt, wo sie aufgewachsen ist. Ungleich eleganter fädelt Autorin Ruppert dagegen eine Romanze zwischen Klara und einem Biogemüsehändler (Janek Rieke) ein.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Natürlich arbeitet der Film mit diversen Klischees, um den Kontrast zwischen den Schwestern zu verstärken: hier die flachen Absätze von Klara, dort die High Heels von Mika; hier Klaras beherzter Appetit beim Abendessen, dort Mikas Verzicht auf Kohlehydrate nach 18 Uhr; und selbstredend kann die Ältere erst dann glücklich werden, wenn sie zur eigenen Kunst zurückfindet. Aber Buch und Regie (Olaf Kreinsen) sind immer wieder darum bemüht, vom vorgezeichneten Weg abzuweichen.