Fast eineinhalb Jahre ist es her, dass Günther Jauch unter anderem mit Uli Hoeneß in seiner Sendung über den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung diskutierte. Hoeneß verteidigte damals zwar vor allem die Rechte der Reichen, schwärmte aber auch vom Glück, ärmeren Menschen mit Geld helfen zu können. In den Augen einer Boulevardzeitung machte Hoeneß seine Sache damals so gut, dass sich das Blatt wünschte, der Präsident des FC Bayern München ginge in die Politik.
###mehr-links### Am Sonntagabend diskutierte Günther Jauch nicht mit, sondern über Uli Hoeneß. Es ging um die Steuerhinterziehungen des Unternehmers. "Der Prozess – muss Uli Hoeneß ins Gefängnis?", so der Titel der Sendung. Für diese Frage hat das Münchner Landgericht vier Prozesstage angesetzt, die Redaktion von Günther Jauch 60 Minuten. Mit ihm diskutierten der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, Bayerns früherer Ministerpräsident und Hoeneß-Freund Edmund Stoiber, die Anwältin für Steuerstrafrecht Simone Kämpfer sowie die Journalisten Johannes Röhrig und Georg Mascolo.
Fünf Millionen für die Freiheit
Mit letzteren beiden dröselte Jauch den Fall nochmal auf. Der "Stern", für den Röhrig arbeitet, hatte den Hinweis auf ein Schweizer Konto bekommen, auf dem ein Vermögen von mehreren 100 Millionen Euro geparkt sein sollte. Der Besitzer sei eine Top-Person aus dem deutschen Fußball. Heute ist klar: Das Konto gehört zu Uli Hoeneß, 33.000 Transaktionen soll er damit durchgeführt haben. Die Schweizer Bank war durch die Recherchen des Magazins alarmiert und warnte Hoeneß. In Windeseile arbeitete der gemeinsam mit Experten an einer Selbstanzeige. Die – wenn sie vollständig gewesen wäre – für Hoeneß Straffreiheit bedeutet hätte. Lediglich für die noch nicht verjährten Jahre hätte er Steuern nachzahlen müssen.
###mehr-artikel### Es sei jedoch schwierig, bei einem Konto, das so lange bestand und so oft genutzt wurde, eine unangreifbare Selbstanzeige zu schreiben, sagte Kämpfer. "Wenn die Staatsanwaltschaft einen Fehler finden will, kann sie auch einen finden", ergänzte die Juristin. Nach der Anzeige im Januar 2013 hatte Hoeneß zwei Monate Zeit, diese zu perfektionieren und fehlende Unterlagen nachzureichen. Stattdessen wird das Haus des Unternehmers im März von der Staatsanwaltschaft gesucht und ein Haftbefehl gegen ihn erlassen. Hoeneß bleibt nur deshalb auf freiem Fuß, weil eine Kaution von fünf Millionen Euro gezahlt wurde. Ein ungewöhnliches Vorgehen, urteilt Kämpfer.
Auch wenn Jauch immer wieder nachfragt – keiner der Gäste will eine Einschätzung geben, wie der Prozess am Ende wohl ausgeht. Allerdings habe er das Potential, Rechtsgeschichte zu schreiben, glaubt Mascolo. So zeige sich jetzt, ob und wie weit eine fehlerhafte Selbstanzeige mildernd auf das Strafmaß Einfluss nehmen könne. "Hoeneß wird nicht der einzige sein, dem das missglückt ist", vermutete der Journalist. Für Huber hat der Prozess darüber hinaus eine Relevanz für die Gesellschaft. "Wir haben den offenkundigen Missstand, dass die Kassiererin, die etwas stiehlt, schneller erkennbar bestraft wird als Täter komplizierter Wirtschaftskriminalität", sagte er. Das Rechtsvertrauen der Bevölkerung hänge stark davon ab, wie mit Steuerrecht und Steuerstraftaten umgegangen werde.
Kein besserer, aber auch kein schlechterer Mensch
Auch, wenn Huber Steuerkriminalität verurteilte, hält er doch die öffentlichen Urteile über Hoeneß für fragwürdig. Sie war auch Jauchs Gästen sowie dem Publikum anzumerken, das vor allem dann laut klatschte, wenn Kritisches über Hoeneß geäußert wurde – was an diesem Abend allerdings nicht besonders oft passierte. "Man muss zwischen Person und Taten unterscheiden", sagte der Theologe Huber. Hoeneß sei kein besserer Mensch als andere, weil er Großartiges geleistet habe, doch ihn würde auch mehr ausmachen als seine Fehler. Edmund Stoiber nutzte die Gelegenheit, seinen Freund in der Öffentlichkeit zu verteidigen.