Foto: epd-bild / Matthias Rietschel
Der Jenaer Jugendpfarrer Lothar König
Lothar und der blaue "Lauti": Ein Querdenker wird 60
Ein unbequemer Zeitgenosse war Lothar König schon immer. Bekannt wurde der Thüringer Jugendpfarrer durch den Dresdner Gerichtsprozess um seine Rolle bei Protesten gegen einen Neonazi-Aufmarsch. Am 11. März wird er 60.
11.03.2014
epd
Thomas Bickelhaupt

Als im Februar Tausende Menschen in Dresden gegen Neonazis protestierten, war Lothar König aus Jena wieder mit dabei. Sein blauer Kleinbus "Lauti" mit dem Lautsprecher auf dem Dach war am Neumarkt nicht zu übersehen. Der Jugendpfarrer empfindet es als unerträglich, dass Rechtsextreme das Gedenken an die Zerstörung der Stadt am 13. Februar 1945 für ihre Zwecke missbrauchen. Deshalb wehrt sich König gegen rechte Aufmärsche immer wieder und mit nachhaltigem Protest.

Der stämmige Mann mit den wachen Augen über dem zerzausten weißgrauen Rauschebart ist damit für viele längst zu einem lebendigen Symbol für konsequentes Eintreten gegen den Rechtsextremismus geworden. Vor drei Jahren brachte ihm das in Dresden eine Anklage wegen schweren Landfriedensbruches ein. Die sächsische Justiz wirft dem evangelischen Pfarrer vor, beim Protest gegen Neonazis am 19. Februar 2011 die Massen gegen die Polizei aufgewiegelt zu haben.

Mit Kerzen zur Ruine der Frauenkirche

Der Prozess vor dem Dresdner Amtsgericht begann im April 2013, wurde aber Anfang Juli nach sechs Verhandlungstagen ausgesetzt. Seither lebt König in anhaltender Ungewissheit. Denn obwohl damals eine Neuaufnahme des Verfahrens "in vier bis sechs Monaten" angekündigt worden war, ist ein neuer Termin nicht in Sicht. Der Schwebezustand zehre an den Nerven, sagt König.

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Dabei ist er sich durchaus bewusst, dass ihn eine Verurteilung existenziell gefährden könnte. Gleichwohl hält er die Vorwürfe nach wie vor für unzutreffend. Bei der Demonstration gegen die rund 3.000 Neonazis sei es zu keiner Zeit seine Absicht gewesen, Polizisten anzugreifen oder andere dazu aufzurufen. Er sei allerdings auch nicht nach Dresden gefahren, um die 20.000 Gegendemonstranten aufzuhalten, bekräftigt der Pfarrer.

Königs Engagement in Dresden hat ganz persönliche Gründe. Sie reichen zurück bis zum stillen Gedenken an die Bombenopfer von 1945 im Februar 1982. Die Initiative unabhängiger kirchlicher Friedensgruppen, deren Mitglieder und Sympathisanten damals mit leuchtenden Kerzen von der Kreuzkirche zur Ruine der Frauenkirche zogen, rief sogar die Staatssicherheit auf den Plan: Einmal mehr witterte die DDR eine staatsfeindliche Aktion.

Solidarität von seiner Landeskirche

König war zu dieser Zeit Pfarrer in Merseburg und nicht nur wegen seiner Arbeit mit Jugendlichen unter ständiger Stasi-Beobachtung. Im Herbst 1989 organisierte der unkonventionelle Kirchenmann in Merseburg die Demonstrationen gegen das SED-Regime - trotz ausdrücklichen Verbots der damaligen Kirchenleitung in Magdeburg.

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In die Thüringer Universitätsstadt Jena kam König im Jahr der Wiedervereinigung. Die Junge Gemeinde, deren alternativer Freiraum die DDR trotz aller Widerstände in Kirche und Gesellschaft überlebt hatte, war damals das bevorzugte Ziel von rechten Übergriffen. Neonazis trafen König bei einem Überfall mit einem Schlagring über dem rechten Auge. Die Narbe von 1997 ist so etwas wie ein Fanal.

Doch der tätliche Angriff hielt ihn zu keiner Zeit davon ab, immer wieder vor den Rechten zu warnen. Dabei galt und gilt er vielen als unbequem. Seine Haltung brachte ihm viel Zustimmung und Solidarität von allen demokratischen Parteien und zahlreichen Initiativen. Auch die mitteldeutsche Landeskirche steht eindeutig hinter dem Querdenker aus Jena.