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Beziehungsgeschichten im Jetzt - darum geht es der Online-Aktion "Eine Tür ist genug".
"Eine Kirche, die ihre Tür weit aufmacht"
Ob als Patchwork-Familie, Single, heterosexuelles oder gleichgeschlechtliches Paar: Lebensentwürfe und Liebesbeziehungen werden heute ganz unterschiedlich gestaltet. Die Evangelischen Frauen in Deutschland (EFiD) und die Männerarbeit der EKD (MAEKD) möchten mit ihrer Online-Kampagne "Eine Tür ist genug" auf die Vielfalt von Beziehungen und Lebensentwürfen aufmerksam machen - und alle in der Kirche willkommen heißen, erklären Eske Wollrad (EFiD), Martin Rosowski (MAEKD) und Frauke Josuweit (EFiD) im Interview.
20.02.2014
evangelisch.de
Franziska Fink

Frau Wollrad, Herr Rosowski - warum heißt ihr Projekt "Eine Tür ist genug"?

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Martin Rosowski: In unserem Trailer zum Projekt geht es um Türen - und zwar zunächst um Toilettentüren, die symbolisch für die noch gängige zweiteilige Geschlechtertrennung stehen. An diesem Beispiel haben wir versucht zu verdeutlichen, wie widersinnig in der Regel diese strikte Trennung ist, gerade weil es noch vieles dazwischen gibt. Deswegen ist eine Tür für alle genug - erst recht in der Kirche.

"Ein Tür ist genug" erzählt von den unterschiedlichsten Beziehungen. Welche Geschichten stecken dahinter und was zeigen uns diese?

Eske Wollrad: Wir versuchen in unserem Projekt darauf hinzuweisen, dass jenseits dieser zwei polaren "Türen" Vielfalt vorhanden ist. Umgang mit Vielfalt ist für unsere Dachverbände selbstverständlich, damit kennen wir uns aus. Wir wollen gerne darstellen, dass sich Menschen mit ganz verschiedenen Bedürfnissen und Geschichten hinter diesen Türen verbergen, die aber von den gängigen Zuschreibungen gar nicht erfasst werden. Uns geht es darum, Vielfalt darzustellen und Lust darauf zu machen, jenseits von Stereotypen auf die Menschen zu schauen und darauf, wie sie leben.

"Es gibt viel Nicht-Wissen"

Warum verwirklichen Sie das Projekt zu diesem Zeitpunkt?

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Wollrad: Wir beschäftigen uns schon lange mit der Vielfalt von Lebensformen, mit der Vielfalt von sexuellen Identitäten. Wir haben in letzten Sommer eine sehr erfolgreiche Fachkonferenz dazu veranstaltet, wo es darum ging, nicht über bestimmte Personen oder Gruppen zu sprechen, sondern mit ihnen über ihre Lebenssituation, ihre Lebensform, ihre sexuelle Identität. Das hat eine sehr große Resonanz nach sich gezogen. Wir haben gemerkt, da gibt es bei vielen nicht nur Vorurteile, sondern auch viel Nicht-Wissen. Wir möchten mit unserem Projekt Neugier jenseits von Abwertung wecken und zu einer Kirche beitragen, die ihre Tür weit aufmacht und alle willkommen heißt.

Rosowski: Der Zeitpunkt hängt natürlich auch mit den Diskussionen um die Orientierungshilfe der EKD zusammen. Sie sehen an dieser Orientierungshilfe gut, wie selbstverständlich sich der Ausgangspunkt ausweitete, so dass man sich fragt: Was ist eigentlich Familie? Familie ist eine Vielfalt von unterschiedlichen Formen des Zusammenlebens und Beziehungen. Das hat uns herausgefordert, einen Schritt weiterzugehen und zu schauen, welche Formen der Beziehung gibt es über das klassische Bild hinaus. Wir möchten konkret Menschen vorstellen, die als Intersexuelle oder Homosexuelle leben oder auch als heterosexuelles Paar, das seit über 50 Jahren zusammen ist. Dadurch wollen wir deutlich machen, dass Menschen heute nicht mehr nach bestimmten Normen zusammenleben, sondern nach ihren Beziehungswünschen.

"Die Kirche der Zukunft hört zu"

Wollrad: Uns ist es auch wichtig, die Situation von Singles zu beleuchten - mit einer persönlichen Geschichte und einer Andacht. Denn das vermissen wir bisher, dass diese Lebensform auch ernstgenommen und ins Kirchenleben eingebunden wird, genauso wie zum Beispiel die von Patchworkfamilien oder Paaren mit großem Altersunterschied. Für uns ist eine Kirche der Zukunft eine Kirche, die zuhört und nach den Lebensgeschichten der Menschen fragt - und nicht nur weise Sprüche von sich gibt.

Ist es heutzutage einfacher Menschen, die in keiner konventionelle Partnerschaft leben, dazu zu bewegen ihre Geschichte zu erzählen? Was sind ihre Erfahrungen innerhalb Ihres Projekts?

Wollrad: Das erste Gespräch hatte ich mit Lucy, der intersexuellen Person, und sie viel aus allen Wolken. Ihre Überraschung war groß, dass wir ihre Geschichte überhaupt hören wollten. Da habe ich ein großes Hadern gespürt über eine Kirche, die nicht Heimat ist.

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Ihr Projekt ruft dazu auf, mitzudiskutieren. Die Vielfalt von Liebe und Familie wird allerdings oft kontrovers diskutiert. Wie wollen Sie damit umgehen, Frau Josuweit?

Frauke Josuweit: Wir sind auf jeden Fall gespannt, was passieren wird. Im Kontext der Orientierungshilfe habe ich natürlich viele Diskussionen verfolgt. Zum Teil waren diese auch persönlichkeitsverletzend und die Gesprächslinien verliefen zum Teil sehr hart. Ich hoffe, dass es uns gelingen wird, das etwas aufzulösen. Ich wünsche mir sehr, dass die Menschen, die sich interaktiv am Projekt beteiligen, von ihren persönlichen Erfahrungen erzählen und nicht damit anzufangen, sich gegenseitig in Schubladen zu stecken oder abzuwerten.

Rosowski: Deswegen haben wir uns aber auch davon verabschiedet über Texte oder Haltungen zu sprechen. Stattdessen wollen wir Menschen zu Wort kommen und über ihre ganz persönlichen Erfahrungen sprechen lassen. Dadurch ist die Diskussion auch nicht mehr so abstrakt, sondern wird ganz konkret.

"Wir möchten eine offene Kirche werden"

Was hoffen Sie, zu erreichen? Denken Sie mit dem Projekt Kritiker des Familienpapiers der EKD bzw. Menschen, die ein konventionelles Familienbild verteidigen, von einem vielfältigen Familienbild überzeugen zu können?

Wollrad: Ich denke, unser Projekt geht in zwei verschiedene Richtungen. Zum einen sprechen wir die an, die skeptisch sind und eine konservativere Haltung haben. Zum anderen richten wir aber auch unseren Blick auf diejenigen, die bisher immer in der zweiten Reihe standen und sich nie angesprochen gefühlt haben. Wir möchten eine offene Kirche werden, auch für diejenigen, die vielleicht erstmal davon überrascht sind, dass sich Kirche für sie interessiert. Unser Projekt soll ein deutliches Signal an diese Menschen sein.