Foto: ddp images/Xinhua/Sipa USA/Xinhua
Weiterhin erreichen immer neue syrische Flüchtlinge Jordanien, hier in der Nähe der östlichen Landesgrenze.
Müller auf seiner ersten Mission
Der Entwicklungsminister besucht syrische Flüchtlinge in Jordanien
Vorsichtig bahnt sich Zedra ihren Weg durch die Menge. Dicht gedrängt stehen Kinder, Lehrer, Journalisten und Botschaftsvertreter in einem Klassenzimmer des Familienzentrums im jordanischen Hashemi al-Shimali. Dann steht Zedra vor dem wichtigen Mann aus Deutschland. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) ist zu Besuch in Hashemi. Er mahnt die Menge mit strengem Blick zur Ruhe. Die 13-Jährige Syrerin stellt sich schüchtern vor ihn. Leise stimmt sie ein syrisches Volkslied an.
18.02.2014
epd
Tanja Tricarico

Müllers Besuch in Jordanien ist die erste große Reise, die er allein als Entwicklungsminister unternimmt. Mit dem Bundespräsidenten Joachim Gauck war er zum Antrittsbesuch in Indien und dann bei der Afrikanischen Union in Addis Abeba. Doch der Besuch in Jordanien ist seine persönliche Mission. "Die Flüchtlingskrise in Syrien ist eine der größten humanitären Katastrophen der letzten 20 Jahre", sagt Müller.

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Zedras schmächtiger Körper zittert, jeder Ton bekommt Gewicht. Minister Müller lässt das Mädchen nicht aus den Augen. "Bravo!" ruft er, als der letzte Ton erklingt, schluckt. Der 58-Jährige ist sichtlich gerührt, die Verzweiflung geht unter die Haut. Er klopft Zedra auf die Schulter, streichelt einem Jungen neben ihr über das Haar. "Hier sieht man die unschuldigen Kinderaugen, und nur wenige Kilometer entfernt schlagen sich die Männer die Köpfe ein", sagt er.

Vor allem Kinder und Jugendliche sind die Leidtragenden des Kriegs. Unweit der syrischen Grenze leben mehr als 130.000 Syrer im Wüstencamp Zaatari. Schätzungen zufolge sind zwei Drittel davon minderjährig. Auch in Zaatari legt Müller einen Stopp ein. Zahllose Kinder umringen ihn bei seiner Ankunft. Ein Student klagt darüber, dass er in Jordanien nicht mehr studieren kann. Eine Frau beschwert sich über den Schwarzmarkt im Lager. Müller wirkt überfordert, fast unbeholfen zwischen ihnen.

Genfer Verhandlungen gescheitert

Die Genfer Verhandlungen mit Vertretern des syrischen Machthabers Baschar al-Assad und Oppositionellen sind gescheitert. Das Land ist zerstört, für die Flüchtlinge gibt es wenig Hoffnung auf baldige Rückkehr. Doch Müller wird nicht müde zu bekräftigen, dass er helfen will. Dem vom UN-Kinderhilfswerk UNICEF geförderten Familienzentrum verspricht er weitere zehn Millionen Euro. Die Journalisten mahnt er, die Syrien-Krise nicht zu vergessen. Er will dafür sorgen, dass das Flüchtlingsdrama auf der politischen Agenda bleibt.

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Als der CSU-Politiker im Dezember letzten Jahres zum neuen Entwicklungsminister ernannt wurde, war die Überraschung groß. Für viele Hilfswerke war er nur der Fachbeamte aus dem Landwirtschaftsministerium, für das er acht Jahre lang als Parlamentarischer Staatssekretär gearbeitet hat. Die Opposition beschimpfte ihn als Agrarlobbyisten. Manch einer dachte bei dem Namen des Ministers eher an den "Bomber der Nation" - den Fußballstar Gerd Müller, als den Minister Müller.

Jordanien ist eine erste Bewährungsprobe. Die Syrien-Krise schwemmt nicht nur rund eine Million Menschen zusätzlich in das Gebiet, sondern verschärft die Lage am Arbeitsmarkt, lässt die Preise für Lebensmittel und Mieten explodieren. Die Schulen sind überfüllt, es fehlt an guter Gesundheitsversorgung. Die Wasserknappheit ist ein Dauerthema.

Müller: Wir brauchen einen humanitären Korridor

"Wir brauchen schnell einen humanitären Korridor, um den Menschen in Syrien zu helfen", sagt Müller. Doch wie soll das gehen? Militärintervention? Gar die Bundeswehr als Helfer? Diplomatische Verhandlungen brachten bisher keinen Erfolg. Das weiß der Minister.

Zum Schluss bekommt Müller doch noch den Beweis, dass Krieg Menschen auch zusammenbringen kann. In Mafraq, einer Kleinstadt mit 60.000 Einwohnern, sind innerhalb kürzester Zeit mehr als 100.000 Syrer untergekommen. Eine syrische Flüchtlingsfamilie lässt Müller in ihr Steinhaus. Mutter, Vater, neun Kinder leben dort. Dem ältesten Sohn wurde im Krieg ins Bein geschossen, die Jüngste ist gerade einmal neun Monate alt. Das Haus hat ihnen ihr jordanischer Nachbar überlassen. "Das ist ein armer Mann", sagt der Jordanier über den Syrer. "Doch wir haben eine Kultur. Wir müssen einfach helfen."