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TV-Tipp: "Der letzte Kronzeuge - Flucht in die Alpen" (ZDF)
TV-Tipp des Tages: "Der letzte Kronzeuge - Flucht in die Alpen", 17. Februar, 20.15 Uhr im Zweiten
Die junge Berliner Polizistin Sarah erschießt gleich beim ersten Einsatz einen Menschen, der sich auch noch als unbewaffnet entpuppt. Ihr Kollege Berger drückt dem Toten einen Revolver in die Hand, ihr Chef schickt sie umgehend in Urlaub.

Vor rund einem Jahr hat das ZDF den Film "Die Kronzeugin – Mord in den Bergen" gezeigt, einen erfolgreichen Thriller mit Iris Berben als Unterweltgröße, die bereit war, gegen die einstigen Komplizen auszusagen und im Rahmen des Zeugenschutzprogramms in den bayerischen Alpen versteckt wurde. Nun lässt das ZDF "Der letzte Kronzeuge - Flucht in die Alpen" folgen. Die Verwechslungsgefahr liegt auf der Hand, zumal das Sujet vergleichbar ist. Der Titel ist quasi auch die Inhaltsangabe: Eine Polizistin flieht mit einem kleinen Jungen, der gegen einen Gangster aussagen soll, in die Tiroler Berge.

Mordzeugin

Tatsächlich ist die Handlung viel komplizierter; alles andere wäre auch eine Enttäuschung gewesen, schließlich stammt das Drehbuch von Stefan Kolditz. Der Autor verdankt seinen Ruhm zwar historischen Mehrteilern wie "Dresden" oder "Unsere Mütter, unsere Väter", hat aber immer wieder auch die Vorlagen für sehenswerte Krimis geschrieben; "Falsche Liebe" zum Beispiel war zuletzt einer der besten Beiträge zur ZDF-Reihe "Unter anderen Umständen". Mit "Der Kronzeuge" erzählt Kolditz die Geschichte der jungen Berliner Polizistin Sarah (Lisa Maria Potthoff), die gleich beim ersten Einsatz einen Menschen erschießt, der sich auch noch als unbewaffnet entpuppt. Ihr Kollege Berger (Ken Duken) drückt dem Toten einen Revolver in die Hand, ihr Chef (Thomas Sarbacher) schickt sie umgehend in Urlaub. Am Flughafen wird Sarah zufällig Zeugin eines Mordes. Als ihr klar wird, dass der Killer (Justus von Dohnányi) auch den kleinen Sohn des Opfers erschießen will, schnappt sie sich das Kind und flieht mit dem Jungen zu ihrem Großvater (Branko Samarovski) nach Tirol. Sie findet raus, dass der kleine Lino nach dem Tod seines Vaters der letzte verbliebene Kronzeuge des Staatsanwalts (Herbert Knaup) ist, um einen berüchtigten Mafioso (Waldemar Kobus) hinter Gitter zu bringen.

Natürlich weist der Handlungskern Parallelen zu diversen vergleichbaren Thrillern auf, aber Kolditz schmückt die Geschichte um diverse Details aus, die ihr eine seltene Komplexität verleihen: Eigentlich sollte Berger die beiden Zeugen am Flughafen in Empfang nehmen. Ausgerechnet kurz vor dem Auftauchen des Killers ist er jedoch verschwunden, so dass nicht weiß, ob sie dem Kollegen trauen kann. Mit Staatsanwalt Mehringer hat sie zudem eine Affäre. Und selbstredend bietet die Zuflucht beim lebensklugen Großvater nur eine trügerische Sicherheit, denn der Killer verfolgt ihre Spur bis in die Alpen. Zu allem Überfluss sagt der traumatisierte Junge kein Wort mehr.

Urs Egger ("Restrisiko", "Der Opernball") hat Kolditz’ Drehbuch kongenial umgesetzt. Gerade die erste Hälfte ist dank Schnitt (Benjamin Hembus) und Musik (Ina Siefert, Nellis Du Biel) ungemein packend, zumal die Bildgestaltung (Busso von Müller) eine enorme Dynamik entwickelt. Vor allem die Flughafenszenen sind von eindrucksvoller Rasanz; erst in den Bergen kommt der Film etwas zur Ruhe. Eine besondere Qualität liegt auch in der herausragenden Besetzung selbst eher kleinerer Rollen. Sarbacher zum Beispiel hat nur wenige Auftritte, ebenso wie Florian Lukas als süffisanter Verteidiger, den eine interessante Beziehung mit dem Staatsanwalt verbindet.

Xaver Hutter hat dagegen als Sarahs Jugendfreund im Grunde kaum mehr zu tun, als sich vom Killer erschießen zu lassen. Durch die prominenten Darsteller bekommen diese Nebenfiguren aber naturgemäß ein ganz anderes Gewicht; und dass sich Justus von Dohnányi für die wortkarge Rolle des gedungenen Mörders zur Verfügung gestellt hat, ist ein klarer Beleg für die Bedeutung der Produktion. Den kleinen Aaron Kissiov hat Egger ebenfalls zu einer bemerkenswerten Leistung geführt. Doch selbst wenn all dies nicht schon für den Film sprechen würde: Das Anschauen lohnt sich schon allein wegen Lisa Maria Potthoff.