1507 - diese vier Ziffern machen vielen Menschen in Deutschland Sorgen. Sie stehen für eine genetisch veränderte Maissorte, die schon bald in der EU und damit auch in Deutschland zum Anbau zugelassen werden könnte. Mais der Sorte 1507 ist durch das hinzugefügte Gen eines Bakteriums für die Larven des Maiszünslers giftig.
Viel giftiger als verbotene Monsanto-Sorte
"Das Insektengift in den Pollen dieser Maissorte ist mindestens 350 Mal höher konzentriert als in der ebenfalls umstrittenen Genmais-Sorte 810 der Firma Monsanto", sagt Christoph Then vom Verein Testbiotech, der von der Industrie unabhängige Forschung zur Biotechnologie fördert. Der Anbau des Monsanto-Mais ist seit 2009 in Deutschland verboten - wegen zu großer Risiken für die Umwelt.
###mehr-artikel###Das Risiko für die Sorte 1507 des Saatmittelkonzerns DuPont Pioneer hält Then schlicht für unkalkulierbar. "Es ist nicht erforscht, wie sich Klimaschwankungen und sonstige Standortbedingungen auf die Giftkonzentration auswirken", sagt der Tiermediziner: "Welches Risiko für weitere Schmetterlingsarten, bestäubende Insekten oder andere Wild- und Nutztiere besteht, kann man anhand der vorliegenden Daten jedenfalls nicht abschätzen."
Angst vor Umweltfolgen durch Gentechnik haben in Deutschland auch viele Verbraucher: 88 Prozent wollen die transgene Maissorte nicht, ergab eine aktuelle Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung im Auftrag von Greenpeace. Ähnliche Umfrageergebnisse gibt es auch zu anderen gentechnisch veränderten Produkten. Und während in den USA patentiertes gentechnisch verändertes Saatgut die Landwirtschaft bereits dominiert, gibt es in Europa deutlich weniger Gentechnik auf den Feldern, in Deutschland zurzeit gar keine.
Ein Bündnis von Umwelt- und Landwirtschaftsverbänden wirft der Bundesregierung deshalb wegen ihres Abstimmungsverhaltens am Dienstag in Brüssel Wortbruch vor, da sich sowohl SPD als auch die CSU in ihren Wahlprogrammen für gentechnikfreie Landwirtschaft aussprechen und es auch im Koalitionsvertrag heißt, man wolle die Vorbehalte der Bevölkerung gegenüber der Grünen Gentechnik anerkennen. Die SPD-Ministerien und das CSU-geführte Landwirtschaftsministerium sprachen sich gegen 1507 aus, die CDU-Ministerien für Forschung und Gesundheit sowie das Kanzleramt jedoch dafür.
Deutschland enthielt sich bei Abstimmung
Da man sich nicht einigen konnte, enthielt sich die Bundesregierung bei der Abstimmung im Brüsseler Ministerrat. Das bedeutet jedoch de facto ein europäisches Ja für Mais 1507. Denn mangels qualifizierter Mehrheit im Rat geht nun der Ball an die EU-Kommission. Die Behörde, die als gentechnikfreundlich gilt, hat eine Freigabe signalisiert. Die Bundesregierung und die Bundesländer wollen indessen nun über nationale oder regionale Ausstiegsklauseln beraten, auch unter den deutschen Bundesländern gibt es eine klare Mehrheit gegen den Anbau.
###mehr-links###"Wir raten deutschen Landwirten davon ab, Gentechnik anzubauen - auch wenn die Sorte zugelassen wird", sagt Michael Lohse vom Deutschen Bauernverband. "Es macht keinen Sinn, Produkte anzubauen, die die Bevölkerung nicht will." Zudem hafte nach derzeitigem Recht ein Gentechnik nutzender Landwirt für die Verunreinigungen im gentechnikfreien Feld des Nachbarn. "Das kann seinen wirtschaftlichen Ruin bedeuten."
Der Hersteller der umstrittenen Saat erwartet ohnehin mehr Einkäufe aus anderen EU-Ländern. "Deutschland ist derzeit nicht so stark von dem für den Mais schädlichen Maiszünsler betroffen", sagt Heinz Degenhardt von DuPont Pioneer. Die Umweltfolgen der Saatreihe habe man untersucht, die Unbedenklichkeit mehrfach bestätigt bekommen. "Andere Schmetterlingsraupen ernähren sich gar nicht vom Maispollen und nehmen entsprechend das Insektizid gar nicht auf." Vor 2015 werde es aber noch keine Sorte für den europäischen Markt geben, so der Sprecher. "Eine Sortenzulassung dauert etwa zwei Jahre."
Dass Deutschland dann wie beim Mais Mon810 ein nationales Verbot beschließt, hält Gentechnik-Kritiker Then für unwahrscheinlich. "Mit der Enthaltung hat sich die deutsche Regierung auch positioniert - gegen ein Verbot."