Sandra Maischberger
Foto: WDR/Max Kohr
Zu Gast bei Sandra Maischberger: v.l.n.r. Jens Spahn (Gesundheitspolitischer Sprecher der CDU) und Hartmut Steeb (Generalsekretär der Deutschen Evangelische Allianz)
Homo-Debatte bei Maischberger: Es mangelt an Sachlichkeit
Die Gesprächsrunde über den Baden-Württemberger Bildungsplan bei Sandra Maischberger hatte schon vor Ausstrahlung für hitzige Debatten gesorgt. Viele der Befürchtungen traten ein, Vorurteile gegen Homosexuelle bestimmten die Diskussion.

Sollen Kinder im Schulunterricht über die sexuelle Vielfalt der Menschen aufgeklärt werden? Wegen dieser Frage gehen derzeit Menschen in Baden-Württemberg auf die Straße. Und auch Sandra Maischberger wollte die Kontroverse in ihrer ARD-Talkshow aufgreifen. Schon der Sendungstitel "Homosexualität auf dem Lehrplan: Droht die 'moralische Umerziehung'?" sorgte für Unmut.

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Wie sehr sich die Redaktion im Vorfeld der Sprache der Kritiker des baden-württembergischen Bildungsplans bediente, zeigte Medienjournalist Stefan Niggemeier in seinem Blog. Auch das Schwulen- und Lesbenmagazin "Queer" kritisierte die Sendung noch vor Ausstrahlung. Die Gästeliste lasse einem "die Haare zu Berge stehen".

Mit Hartmut Steeb, dem Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz und der Journalistin Birgit Kelle seien zwei der Gäste "notorische Homo-Hasser", schrieb "Queer". Tatsächlich ist Steeb in der Vergangenheit immer wieder durch Äußerungen aufgefallen, die als homophob kritisiert wurden – zuletzt in der SWR-Sendung Nachtcafé. Kelle kritisierte den grün-roten Bildungsplan nicht nur im Nachrichtenmagazin "Focus", sondern auch bei der rechtskonservativen "Jungen Freiheit". Neben den beiden waren der Travestiekünstler Oliver Knöbel, besser bekannt als Olivia Jones, Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU, sowie die Schriftstellerin Hera Lind in der Runde vertreten.  

Weit weg vom Familienpapier der EKD

Die drei letztgenannten fanden sich schnell in den für sie vorgesehenen Rollen ein. Hera Lind zeigte sich nach Einspielfilmen ein ums andere Mal erstaunt, dass es "das" (Homophobie) in Deutschland noch gibt und erklärte, dass die schwulen Au-pairs ihrer Kinder die "bezaubernsten" waren. Jens Spahn gab sich mal progressiv – etwa wenn es um das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare ging – blieb dann aber seiner Rolle als Unionspolitiker treu und kritisierte die grün-rote Strategie in Baden-Württemberg. Dennoch betonte Spahn, er halte es für gefährlich, dass derzeit eine Wertigkeitsdebatte zwischen Homosexualität und Heterosexualität geführt werde. Die Frage müsse vielmehr sein, "welche Werte wollen wir Jugendliche lehren". Auch Olivia Jones wunderte sich, "dass Homosexuelle als Bedrohung empfunden werden".

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Die beiden als Gegensprecher eingeladenen Gäste Hartmut Steeb und Birgit Kelle traten zunächst gemäßigter auf als von vielen erwartet. Kelle betonte, sie wolle sich nicht in die Rolle der Homophoben drängen lassen. Steeb wich der Frage aus, was genau er fürchte, wenn die Vielfalt der sexuellen Orientierungen an der Schule gelehrt wird. Homosexualität sei seiner Ansicht nach kein erstrebenswertes Modell, sagte er. Vielmehr sei die "lebenslängliche Liebes- und Treuegemeinschaft in der Ehe zwischen Mann und Frau das Lebensmodell, das wir in Deutschland brauchen".

Unterschiedliche Ansichten gab es auch zu der Frage, ob höhere Selbstmordraten und die größeren Anfälligkeit für Suchterkrankungen eine Begleiterscheinung von Homosexualität seien und nicht, wie Spahn einwandte, Folgen eines Umfeldes, das den Menschen nicht so akzeptiert, wie er ist. Insgesamt vertrat der Evangelikale Steeb Positionen, die sich weit weg bewegen vom Familienpapier der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Plattform für Homophobie

Mal war für Hartmut Steeb das Zeugen von Kindern wichtige Aufgabe der Menschen – dann wollte er jedoch Regenbogenfamilien mit Kindern nicht akzeptieren. Birgit Kelle ging noch weiter: Nach einem Einspielfilm über einen Schwulen und eine Lesbe, die gemeinsam ein Kind bekommen haben und es zusammen mit ihren jeweiligen Partnern groß ziehen, warf sie ihnen vor, das Kind lediglich als Objekt zu sehen. Eine Begründung dafür blieb sie schuldig.

Eine Sendung über den Bildungsplan in Baden-Württemberg wäre sicherlich sinnvoll gewesen. Sinnvoll, um über die Ängste und Sorgen der einen und die Hoffnungen und Wünsche der anderen Seite zu diskutieren. Doch dafür hätte man Gäste einladen müssen, die das Thema Bildungsplan sachlich diskutieren.

Stattdessen wurde die Sendung eine Plattform für homofeindliche Äußerungen. So trat ein, was viele Kritiker im Vorfeld befürchtetet hatten. "Dass Maischberger irgendwann mal Nazis einlädt, um mit ihnen über Antisemitismus zu plaudern, kann man mittlerweile nicht mehr ausschließen", hatte René Martens im evangelisch.de-Blog Altpapier die Gästeauswahl schon vor Ausstrahlung kommentiert.