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Papst Benedikt XVI. (rechts) und sein Amtsnachfolger Franziskus.
Rückzug am Rosenmontag
Kein Schattenpapst: Vor einem Jahr kündigte Benedikt XVI. seinen Amtsverzicht an
Nach dem Rücktritt von Benedikt XVI. gab es die Sorge, der Nachfolger verfüge nicht über die nötige Autorität, solange ein emeritierter Papst die Aufmerksamkeit der Gläubigen auf sich ziehe. Doch Benedikt ist kein Schattenpapst.
11.02.2014
epd
Bettina Gabbe und Rainer Clos

Vor genau einem Jahr sorgte Papst Benedikt XVI. weltweit für ungläubiges Erstaunen. Als erster Papst der Neuzeit kündigte er am Rosenmontag 2013 seinen Amtsverzicht an. Er sei "zur Gewissheit gelangt", dass seine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet seien, "um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben", begründete Benedikt XVI. den historischen Rücktritt.

Begegnung zweier Päpste

Der aus Deutschland stammende Joseph Ratzinger war im April 2005 zum Oberhaupt der mehr als eine Milliarde Katholiken weltweit gewählt worden. Am 28. Februar 2013 schied er aus dem Amt. Nach drei Wochen Übergangszeit zog Benedikt sich zunächst in die päpstliche Sommerresidenz in Castel Gandolfo bei Rom zurück. Dort empfing er wenige Tage nach der Papstwahl seinen Nachfolger Franziskus zu einem privaten Besuch.

###mehr-artikel###Bei dem Treffen beteten der amtierende Papst und sein Vorgänger gemeinsam in der Kapelle des Palastes, bevor sie sich zum Gespräch zurückzogen. Der emeritierte Papst gelobte seinem Nachfolger bedingungslosen Gehorsam. Er überreichte Papst Franziskus ein Memorandum, über dessen Inhalt Stillschweigen bewahrt wurde. In der Öffentlichkeit wurde spekuliert, dass es sich dabei um Krisenherde wie die Vatileaks-Affäre und Missbrauchsfälle handelte.

Abschied aus der Öffentlichkeit

Das erste Treffen mit Franziskus markierte zugleich für Benedikt den Abschied aus der Öffentlichkeit. Nachdem ein Bereich des Klosters Mater Ecclesiae im Vatikan für ihn als Wohnsitz umgebaut worden war, kehrte er am 2. Mai 2013 in den Vatikan zurück, wo ihn Papst Franziskus begrüßte. In seinem Alterssitz empfängt er regelmäßig Besuch von seinem Bruder Georg. An Feiertagen überbringt Franziskus persönlich Glückwünsche. Der Präfekt des Päpstlichen Hauses, Erzbischof Georg Gänswein, dient als Privatsekretär derweil zwei Herren, dem ehemaligen und dem amtierenden Papst.

Nur für einen Besuch bei seinem Bruder Georg in einem römischen Krankenhaus verließ Benedikt XVI. einmal den Vatikan. Er wolle der Kirche künftig mit seinem Gebet dienen, hatte er bei seinem Rücktritt versichert. Im September meldete er sich erstmals seit seinem Rücktritt öffentlich zu Wort. In einem offenen Brief setzt er sich mit den Positionen des italienischen Wissenschaftshistorikers und Atheisten Piergiorgio Odifreddi auseinander, der sich kritisch über Religion und Kirche geäußert hatte.

Auf elf Seiten antwortet Benedikt verspätet auf Odifreddis Gesprächsangebot "Lieber Papst, ich schreibe Dir". "Was Sie über die Figur von Jesus sagen, ist Ihres wissenschaftlichen Ranges nicht würdig", heißt es in dem Schreiben Benedikts. Er empfiehlt Odifreddi, sich etwa mit Hilfe der Werke des evangelischen Tübinger Theologen Martin Hengel (1926-2009) über die Forschung zum historischen Jesus zu informieren. Angesichts dieser Quellenlage "stellt das, was Sie sagen, ein unbedachtes Reden dar, das Sie nicht wiederholen sollten".

Neue Kraft geschöpft

Seit seinem Rücktritt habe der emeritierte Papst neue Kraft geschöpft, berichtete Gänswein im Oktober der Zeitschrift "Bunte". Die Lebensgeister des 86-Jährigen seien wieder erwacht. Über den Alltag von Benedikt sagte der Privatsekretär: "Er betet, liest, erledigt persönliche Korrespondenz, hört Musik, empfängt Besucher." Natürlich habe Benedikt "mit dem einen oder anderen körperlichen Gebrechen" zu kämpfen, die das Alter mit sich bringe. "Kopf und Geist sind völlig klar", sagte Gänswein. Papst Franziskus habe seinen Vorgänger schon häufig besucht und mit ihm telefoniert. "Das Verhältnis zwischen beiden ist herzlich und vertrauensvoll", ließ Gänswein wissen.

Auch Benedikts Bruder findet das Verhältnis unkompliziert. "Mein Bruder mischt sich bewusst nicht in die aktuelle Amtsführung ein", sagte Georg Ratzinger im Oktober der "Passauer Neuen Presse". Andererseits wolle Papst Franziskus "doch hin und wieder die Meinung seines Vorgängers erfahren, denn er schätzt ihn menschlich und theologisch sehr", sagte der Bruder von Benedikt. Das Verhältnis der beiden sei voller Harmonie. Er könne sich nicht vorstellen, dass sich zwischen den beiden Reibungen ergeben. Gesundheitlich gehe es seinem Bruder relativ gut. Er habe mit 86 Jahren ein hohes Alter. "Da ist man einfach angeschlagen und hat verschiedene Wehwehchen", sagte der 90-jährige Georg Ratzinger.