Foto: dpa/Kay Nietfeld
Delling: "Ich bin einfach ein Sportjunkie"
Heute, am 7. Februar, beginnen die Olympischen Winterspiele im russischen Sotschi. Bis zum 23. Februar werden ARD und ZDF rund 240 Stunden lang berichten und zusätzlich Livestreams im Internet anbieten. Gerhard Delling führt vom Studio aus durch das olympische Geschehen und will dabei auch die Kritik an den Spielen aufgreifen - am liebsten mit einem Interview mit Wladimir Putin.

Herr Delling, die Olympischen Winterspiele in Sotschi sind umstritten. Welche Rolle wird die politische Thematik bei der Berichterstattung aus Russland spielen?

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Gerhard Delling: Wir werden während der Spiele immer wieder kritisch nachhaken und wollen zum Beispiel mit Menschen sprechen, die für den Bau der Spielstätten zwangsumgesiedelt wurden. Ich gebe auch die Hoffnung nicht auf, dass wir die Chance bekommen, ein kritisches Interview mit Putin zu führen. Wir werden zwar sicherlich in dem Land nichts grundsätzlich verändern, aber Olympische Spiele können prinzipiell durchaus etwas bewegen.

Erwarten Sie besonders starke Sicherheitsmaßnahmen wegen der Angst vor Terroranschlägen?

Delling: Ich rechne mit starken Sicherheitsvorkehrungen – sie können aber kaum extremer sein als in Salt Lake City 2002, wo nach den Anschlägen auf das World Trade Center 2001 der Gipfel erreicht war. Vielleicht bin ich da ja naiv, aber über die ganze Thematik mache ich mir vorher nie Gedanken, sondern lasse es auf mich zukommen. Am Ende des Tages bin ich froh, dass es bislang immer gutgegangen ist.

Trübt der Wirbel Ihre Vorfreude auf die Olympischen Spiele?

Delling: Nein. Ich freue mich auf die Wettkämpfe, die Begeisterung wird uns wie immer mitreißen – Olympia ist einfach ganz anders als alle anderen Sportveranstaltungen. Und als Journalist empfinde ich die politischen Aspekte sogar als zusätzliche Herausforderung. Ich präsentiere ja auch sehr oft den "Wochenspiegel" im Ersten, und mich interessieren solche Themen sowieso. Ich bin sehr gespannt, wie die Verhältnisse vor Ort tatsächlich sind.

"Hier ist jeder Meter mit Kameras belegt"

Was sind aus deutscher Warte die sportlichen Höhepunkte?

Delling: Ich glaube, dass wir ein paar neue Sterne aufgehen sehen – wobei ich nicht nur Platz eins bis drei meine, sondern einfach Menschen, die sich ins Rampenlicht vorarbeiten können. Wir haben tolle Biathleten, und natürlich gucken wir bei den Alpinisten genau hin – ich hoffe, dass wir was von Maria Höfl-Riesch und Felix Neureuther sehen. Schön wäre es, wenn es gleich mit einem Erfolg losgeht, das reißt dann alle noch ein bisschen mehr mit.

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Sotschi ist schon Ihr 13. Olympia-Einsatz. Was ist für Sie als Berichterstatter der Unterschied zwischen Winterspielen und Sommerspielen?

Delling: In erster Linie die Temperaturen in den Bergen oben (lacht). Wobei ich natürlich den Vorteil habe, die meiste Zeit im Mediencenter zu sein, da ist es hoffentlich einigermaßen warm. 

Bei den Winterspielen in Lake Placid 1980 wurde Reporter Bruno Moravetz mit der Frage "Wo ist Behle?" berühmt – der deutsche Skilangläufer Jochen Behle wurde von den Kameras einfach nicht eingefangen...

Delling: So etwas wird in Sotschi nicht passieren, denn hier ist jeder Meter mit Kameras belegt. Man bekommt am Fernseher deutlich mehr mit als wenn man an der Loipe stehen würde. Seit damals gab es gravierende Veränderungen durch die technische Entwicklung, der Aufwand ist unglaublich groß geworden.

ARD und ZDF senden rund 240 Stunden aus Sotschi, dazu kommt das Online-Angebot, das etwa 500 Stunden umfasst. Sind es vielleicht sogar die technisch aufwändigsten Winterspiele?

Delling: Es sind zumindest die teuersten Winterspiele, man spricht ja bereits vom Zehnfachen der Kosten von Vancouver 2010, etwa 50 Milliarden Dollar. Beim Fernsehen achten wir dagegen gezwungenermaßen darauf, dass die Kosten nicht weiter steigen, und wollen mit der konsequenten Nutzung von Synergien zwischen ARD und ZDF sogar versuchen, sie etwas zurückzufahren.

"Wenn ich könnte, würde ich überall mal reinschnuppern"

Welche Entscheidungen schauen Sie sich an den Tagen an, an denen Sie als Moderator frei haben?

Delling: Ich bin einfach ein Sportjunkie, und wenn ich könnte, würde ich überall mal reinschnuppern. Besonders gerne würde ich bei Alpin, Biathlon und Eishockey vorbeischauen. Aber das hängt zeitlich von meinem Einsatzplan ab – was uns an politischen Dingen über den Weg läuft, wo wir kritisch nachhaken müssen.

Praktizieren Sie als waschechter Flachlandtiroler selber auch Wintersport?

Delling: Moment mal, immerhin haben wir in meiner Heimat Schleswig-Holstein den Bungsberg, der ist stolze 168 Meter hoch (lacht). Aber ich habe wirklich erst spät mit Skifahren angefangen: Als ich mit Ende 20 zum Südwestfunk kam, stand ich zum ersten Mal auf Skiern, das war im Schwarzwald. Wenn man mich heute auf der Piste sieht, ist es zwar nicht gerade eine Augenweide, aber ich komme einigermaßen heil runter, ohne andere zu gefährden.

Im Sommer fahren Sie dann zur Fußball-WM nach Brasilien. Was liegt Ihnen mehr: Russische Kälte oder brasilianische Hitze?

Delling: Auf den Sommer in Brasilien freue ich mich ganz besonders, das wird bestimmt ein Erlebnis. Aber ob Hitze oder Kälte, alles ist schön, alles hat seine Zeit. Ich habe auch schon ein Fußballspiel bei minus 22 Grad in Moskau übertragen, das werde ich nie vergessen: Da hat man am Ende des Spiels seine Beine nicht mehr gespürt. So kalt wird es in Sotschi hoffentlich nicht.