Illustration: evangelisch.de/Simone Sass
Gieriges Schaulaufen in Sotschi
Die Welt feiert die olympischen Winterspiele in Sotschi. Zerstört wurden menschliche Existenzen und eine einzigartige Natur. evangelisch.de-Redakteur Markus Bechtold findet, dass diese Spiele zu teuer erkauft wurden und fordert ein Umdenken.

Russlands Präsident Wladimir Putin ist ein mächtiger Mann. Die Olympischen Spiele unter Palmen in Russlands Vorzeigekurort Sotschi sind seine Spiele, seine Demonstration der Stärke. Doch das altbewährte antike Motto "Gebt dem Volk Brot und Spiele" will in Russland nicht aufgehen. Die Spiele starten, das Brot hingegen bleibt aus.

Was am Anfang als "grüne Spiele" versprochen wurde, mündet in eine nicht wieder gutzumachende Zerstörung einer einzigartigen Umwelt. Obwohl Russland mit bis zu geschätzten 40 Milliarden Euro mehr Geld für das Großereignis ausgegeben hat als alle Winterspiele zusammen bisher gekostet haben, ist an Sotschi nichts nachhaltig. Vieles musste neu aus dem Boden gestampft werden. Das biblische Wort "Macht euch die Erde untertan" heißt: verwaltet die Schöpfung redlich. Aber das Gegenteil ist hier der Fall: Wo früher dichter Wald im ehemaligen Nationalpark in einer unberührten Bergwelt stand, wurden im Namen der fünf Ringe Gebäude für rund 42.000 Hotelbetten hochgezogen. Und selbst eine teilweise Renaturierung der zerstörten Landschaft ist von den Verantwortlichen bereits abgelehnt worden.

Auch das Leben der Menschen vor Ort hat sich auf dramatische Weise für immer geändert: Familien haben ihr Zuhause verloren, ihre Häuser wurden für Olympia abgerissen. Nun hausen viele in Notunterkünften. Und Baufirmen kippen ihren Müll nur wenige Meter davon entfernt ab.

Die olympischen Spiele werden von Putin instrumentalisiert, um in Russland Politik und Stimmung gegen Schwule und Lesben zu machen. Ihre Menschenrechte werden mit Füßen getreten, Hetzjagden auf russische Homosexuelle finden sich auf Youtube. Dabei heißt es in den Grundprinzipien der Olympischen Charta: "Jede Form von Diskriminierung eines Landes oder einer Person aufgrund von Rasse, Religion, Politik, Geschlecht oder aus sonstigen Gründen ist mit der Zugehörigkeit zur Olympischen Bewegung unvereinbar."

Dieses Sportfest wurde zu teuer erkauft

In Deutschland wurde in den vergangenen Wochen leidenschaftlich diskutiert, ob Sotschi boykottiert werden muss oder ob Touristen und Athleten das Sportereignis auch als politische Bühne nutzen sollen. Bundespräsident Joachim Gauck und Kanzlerin Angela Merkel reisen nicht nach Sotschi. Das ist aber auch gar nicht ihre Aufgabe. Daher ist das auch kein Boykott. Der für den Sport zuständige Innenminister Thomas de Maizière hingegen wird die deutsche Bundesregierung vor Ort vertreten und fordert eine größere Bescheidenheit bei der Ausgestaltung künftiger Spiele.

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Überall werden in den kommenden Tagen Olympiabegeisterte mitfiebern, wenn Spitzensportler aus der ganzene Welt um Medaillen wetteifern. Ihnen ist auch kein Vorwurf zu machen. Aber was wird in zwei Wochen sein, wenn mit der letzten Goldmedaille und den Olympioniken dieser Wintersportzirkus weitergezogen ist? Was, wenn kein Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit mehr auf Sotschi fällt? Wer übernimmt die Verantwortung für die heimatlos gewordenen Familien? Wer kümmert sich um die zerstörte Natur?

Dieses Sportfest wurde zu teuer erkauft. Das International Olympic Committee (IOC) muss jetzt Konsequenzen aus diesem Desaster ziehen, damit ein sportliches Weltereignis dieses Ranges in Zukunft in menschenwürdiger Form stattfinden kann. Am besten langfristig alle vier Jahre immer am selben Ort! Dann wäre auch endlich Schluss mit diesem gierigen Schaulaufen. Denn nur wo Menschen sich in Freiheit begegnen, um Großartiges zu leisten, kann sich der olympische Geist frei und nachhaltig entfalten.