Foto: action press/EVERETT COLLECTION, INC.
"Die Passion Christi": Tod am Kreuz als Kino-Ereignis
Vor zehn Jahren kam Mel Gibsons umstrittener Film "Die Passion Christi" in die Kinos. "Grausam", ein "Horrorfilm", urteilte die Kritik über "Die Passion Christi" - und noch dazu geeignet, antisemitische Vorurteile zu bedienen. Doch Hollywood interessiert etwas anderes: Der Film spielte Hunderte Millionen ein.
25.02.2014
epd
Konrad Ege

Es war ein Mega-Ereignis im christlichen Film: Mel Gibsons Werk über den Tod Jesu am Kreuz. "Die Passion Christi" löste heftige Diskussionen aus. Kritiker verurteilten ihn als  "Gewaltorgie", viele Evangelikale hingegen lobten ihn als Katalysator für eine "christliche Wiedergeburt" der Gesellschaft. Vor zehn Jahren lief der Film in den USA an, am 25. Februar 2004 - es war Aschermittwoch. Wenige Wochen später kam er in die deutschen Kinos.

Der Streifen wurde einer der bis dahin kommerziell erfolgreichsten Filme. Allein in den USA spielt er 370 Millionen Dollar ein, weltweit angeblich mehr als 600 Millionen. Regisseur Mel Gibson hat die Produktion selbst finanziert, angeblich hat sie nur 25 bis 30 Millionen gekostet. Bei aller inhaltlichen Kritik: Der Erfolg hat offenbar Türen geöffnet für christliche Inhalte und Hollywood gezeigt, dass man mit der Bibel Geld verdienen kann.

Gewaltdarstellung unterdrückt Jesu Botschaft

"Die Passion Christi" verlangte viel vom Kinogänger. Fast zwei Stunden lang Folter, Verhöhnung, gnadenlose Grausamkeit, Gräuel ohne Ende. Am Schluss hackt ein Vogel einem der beiden mit Jesus Gekreuzigten ein Auge aus. Die Zuschauer müssten leiden, um Jesu Leiden besser zu verstehen, begründete Gibson. Der Film solle das Publikum "grundlegend verändern". Schon vor der Uraufführung ließ der Regisseur sein Werk evangelikalen Pastoren vorführen. Namhafte konservative Publizisten und Prediger, auch Evangelist Billy Graham, gaben ihren Segen. Das Ausmaß des Leidens unterstreiche das Ausmaß der Erlösung. "Ein Meisterwerk", lobte das evangelikale Magazin "Christianity Today".

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Doch die Kritik riss nicht ab. Die Gewaltdarstellung unterdrücke Jesu' Botschaft hieß es. Ein "Horrorfilm", urteilte die "New York Times". Und es wurden Vorwürfe laut, dass der Film historische Umstände ignoriere und den Juden und nicht den damals herrschenden Römern die Schuld am Tod Jesu zuschreibe. Die johlende jüdische Menge verlangt im Film die Kreuzigung. Der römische Statthalter Pontius Pilatus erscheint als sympathische Figur, die Jesus widerwillig zum Tod verurteilt. In Deutschland warnten der damalige Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, der katholische Kardinal Karl Lehmann und der evangelische Bischof Wolfgang Huber eindringlich, die Darstellung berge die "Gefahr, dass antisemitische Vorurteile wiederaufleben".

Gibson hat die Kritik stets zurückgewiesen. Gleichzeitig befand er in einem christlichen Fernsehsender, "Mächte des Bösen" stellten sich gegen den Film. Schon beim Dreh habe er "Poltergeist-Aktivität" erfahren.

Dass Mel Gibson sich auf diesen Film einließ, hatte die Filmwelt zunächst überrascht: Der 1956 in New York geborene und in Australien aufgewachsene Schauspieler und Regisseur war eher durch Action-Filme bekannt, darunter "Mad Max" über eine apokalyptische Welt und "Braveheart" über den schottischen Freiheitskampf im 13. Jahrhundert. Offenbar war "The Passion of the Christ" ihm ein Glaubensanliegen: Gibson hatte sich Medienberichten zufolge einer traditionalistischen katholischen Sekte angeschlossen.

Geldsegen bei Filmen mit christlichen Motiven

"Die Passion Christi" war anfangs auch ein Stück Kulturkrieg: Die Geschichte eines starken Mannes, der sich mit seiner biblischen Botschaft gegen eine Filmindustrie stellt, die wiederum diese Botschaft verdrängt. Und dann der Riesen-Zulauf in die Kinos - das hatte keiner der Kritiker erwartet. "Die gesamte Filmindustrie war ziemlich schockiert", sagte Produzent Phil Cooke dem Informationsdienst "Christian Post". Cooke, dessen Firma "Cooke Pictures" den Schwerpunkt auf Glaubensthemen legt, sieht seitdem neue Chancen für Filme mit christlichen Motiven. In Kürze kommt der Film "Noah" mit Russell Crowe in die Kinos. Auch ein neuer Moses-Film ist geplant. Und 20th Century Fox arbeitet angeblich an "Der Sohn Gottes".

Die Filmindustrie sei ein Geschäft, ihr gehe es vor allem darum, Geld zu verdienen, urteilt Cooke. Zugänglich für christliche Geschichten sei sie, "wenn das mehr Zuschauer bringt". Und das schaffen biblische Inhalte offenbar, auch im Fernsehen: Im Frühjahr 2013 lief im Kabelkanal "History" die zehnstündige Miniserie "Die Bibel". NBC arbeitet an einer Serie über die Frühgeschichte des Christentums. Und selbst Realityshows über Christen bringen gute Quoten. Der Kabelsender A & E sendet seit drei Jahren "Duck Dynasty" über eine evangelikale Familie aus Louisiana, der Kabelsender Bravo eine Serie über eine wohlhabende Familie, die ihren Reichtum als gottgewollt empfindet, und der Sender Oxygen "Preachers of LA", die Prediger von Los Angeles.

Mel Gibsons filmische Karriere hingegen geht seit "The Passion of the Christ" eher bergab. 2006 wurde Gibson wegen Trunkenheit am Steuer festgenommen. Medienberichten zufolge hat er dabei antisemitische Tiraden von sich gegeben. Gibson entschuldigte sich mehrmals. Er habe Alkoholprobleme. 2010 tauchten Telefonaufnahmen im Internet auf, bei denen der inzwischen geschiedene Gibson seine damalige Freundin wüst beschimpfte. Unmittelbar nach "The Passion of the Christ" hieß es, Gibson plane weitere Filme zu biblischen Themen. Die sind bisher nicht gedreht worden.