Foto: REUTERS/Saad AboBrahim
Der Krieg in Syrien geht weiter: Weinende Kinder neben einem zerstörten Auto in Aleppo.
Der vertagte Frieden zwischen Assad und der Opposition
Die syrischen Konfliktparteien haben ihre Verhandlungen ohne greifbare Ergebnisse vertagt. Dass sie in Genf überhaupt miteinander sprachen, muss schon als Erfolg gelten. Zwischen ihnen liegen mehr als 100.000 Tote.
31.01.2014
epd
Jan Dirk Herbermann

Der emotionalste Moment kam auf Betreiben der Opposition zustande. Nach sechs zähen Verhandlungstagen schlug die Syrische Nationale Koalition eine Schweigeminute für die Opfer des blutigen Bürgerkriegs vor - egal, auf welcher Seite sie starben. Die Delegation von Machthaber Baschar al-Assad stimmte zu. "Da war ein eher vielversprechender Augenblick", sagte der internationale Syrien-Sondergesandte Lakhdar Brahimi.

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Einen Tag nach der Gedenkminute kamen die verfeindeten Parteien am Freitag in Genf zum vorläufig letzten Mal zusammen. Zwar konnte Vermittler Brahimi keine konkreten Ergebnisse nach einer Woche Verhandlungen verkünden: "Die Gräben zwischen den beiden Seiten bleiben sehr breit." Die Lage sei sehr schwierig. Aber die Gespräche sollen am 10. Februar fortgesetzt werden.

Die Opposition habe dem zugestimmt, die syrische Regierung allerdings drohte damit, bei der zweiten Verhandlungsrunde nicht dabei zu sein. Man werde dem internationalen Syrien-Vermittler Lakhdar Brahimi die Position der syrischen Regierung dazu mitteilen, sagte der syrische Außenminister Walid Muallem. Einen Termin nannte er nicht, machte aber deutlich, dass Präsident Baschar al-Assad eine maßgebliche Rolle bei der Entscheidung spielen werde.

Brahimi ist "glücklich, dass wir miteinander sprechen"

Für Brahimi ist allein das Zustandekommen der ersten Runde schon ein Erfolg. Denn zwischen den Parteien liegen mehr als 100.000 Tote. Drei Jahre Konflikt stürzten das Land ins Verderben. Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge nennt Syrien die "die große Tragödie des Jahrhunderts".

Wie lange wird der Friedensprozess dauern? Wochen, Monate, Jahre? Das ließ Brahimi offen. Immerhin schaffte es der 80-jährige, weißhaarige Mann mit dem melancholischen Blick, die Atmosphäre hinter den verschlossenen Türen etwas zu verbessern. "Das Eis bricht langsam", erklärte der algerische Diplomat. "Ich bin sehr glücklich, dass wir miteinander sprechen." Brahimi bestand jedoch darauf, jeglichen zufälligen Kontakt zwischen den Parteien zu vermeiden.

Unterschiedliche Aufzüge und Türen für die Konfliktparteien

So trafen die Delegationen Assads und der oppositionellen Nationalen Koalition nicht gleichzeitig vor dem Genfer Völkerbundpalast ein, in dem verhandelt wurde. Im Gebäude nutzten sie unterschiedliche Wege und unterschiedliche Aufzüge. Den Verhandlungssaal betraten sie jeweils durch ihr eigenes Portal. Am U-förmigen Verhandlungstisch nahm Brahimi am Kopfende Platz. Die verfeindeten Delegationen saßen links und rechts von ihm, schauten sich in die Augen. "Sie reden über mich miteinander", erläuterte Brahimi. So sei es in "zivilisierten Diskussionen" üblich.

Der UN-Sondergesandte Brahimi während der Friedensgespräche in Genf.

Vor Beginn der Gespräche war es am 22. Januar vor laufenden Kameras ruppig zugegangen: Der syrische Außenminister Walid Muallem und der Präsident der Nationalen Koalition, Ahmed Dscherba, überzogen sich auf der internationalen Syrien-Konferenz in Montreux gegenseitig mit Beschimpfungen.

Wie groß die Gegensätze noch immer sind, zeigt sich beim Thema Übergangsregierung, mit dem Assads Zukunft verbunden ist. Auf der ersten Genfer Syrien-Konferenz 2012, an der die Konfliktparteien nicht teilnahmen, war eine Interimsregierung beschlossen worden. Für Brahimi und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sind diese Beschlüsse die Basis für die jetzigen Verhandlungen.

Von der Diktatur zur Demokratie

Die Opposition will einen Amtsverzicht des Machthabers. "Wir bestehen auf der Bildung einer Übergangsregierung, ohne den Tyrannen Assad", sagte die Sprecherin der Nationalen Koalition, Rafif Jouejati. "Wir sind hier in Genf, um den Übergang von der Diktatur zur Demokratie einzuleiten, Assad aber will weiter seine Schreckensherrschaft ausüben."

Das Assad-Regime versprach zwar, die Genfer Erklärung von 2012 "Paragraf für Paragraf" durchzugehen. Doch von konkreten Verhandlungen wollten die Assad-Gesandten nichts wissen. "Es gibt da nichts, was Übergangsregierung heißt", zischte Bouthaina Schaaban, politische Beraterin des Machthabers Assad. Stattdessen brachte sie ein anderes Modell ins Spiel: Eine "Regierung der nationalen Einheit". Darin müssten auch der amtierende Präsident und seine Gefolgsleute ihren Platz finden.

Wie will Brahimi diesen Gegensatz überbrücken? Er setzt vor allem auf diplomatische Rückendeckung der Amerikaner und Russen: Washington müsste auf den syrischen Widerstand mäßigend einwirken, Moskau sollte das Assad-Regime zu Konzessionen drängen. Die USA und Russland versicherten, dass sie Brahimi nicht alleine lassen. Schon am Wochenende wollen die Außenminister John Kerry (USA) und Sergej Lawrow (Russland) bei der Sicherheitskonferenz in München über ihre Strategien sprechen.