Ein bisschen Müll liegt zwischen den Büschen auf dem kleinen Eckgrundstück an der Leipziger Georg-Schumann-Straße. Autos und Straßenbahnen rauschen vorbei, ein Stück rot-weißes Absperrband hängt an einem Baum. Das dicht bewachsene Grundstück ist derzeit das umstrittenste in Leipzig, denn hier soll eine Moschee entstehen: 170 Quadratmeter Grundfläche, zwei Stockwerke, zwei zwölf Meter hohe Minarette. Noch ist der Bauvorantrag nicht bewilligt. Die Gemüter beruhigen wird der Verwaltungsakt wohl ohnehin nicht.
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Zwei Unterschriftensammlungen wird Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) demnächst auf dem Tisch haben, die unterschiedlicher nicht sein könnten: "Gohlis sagt Nein!" und "Leipzig sagt Ja!" heißen die Online-Petitionen. Die Gegner der Moschee haben sich das Ziel von 10.000 Unterschriften gesetzt und liegen bei knapp 6.000; ihre Online-Petition läuft noch drei Monate. Die Aktion "Leipzig sagt Ja!" mit ähnlicher Unterschriftenzahl wird an diesem Donnerstag beendet.
Abstruse Argumente gegen den Bau
Die Unterschriftensammlung sei eher ein symbolischer Akt und Protest gegen die Petition der Gegner gewesen, sagt "Leipzig sagt Ja!"-Initiator Martin Meißner. Der 26 Jahre alte Student wirbt für mehr Toleranz in seiner Heimatstadt. Auslöser dafür waren die Proteste gegen die geplante Moschee der in Leipzig rund 70 Mitglieder zählenden islamischen Ahmadiyya-Gemeinde. Erst äußerten sich wütende Anwohner, dann organisierte die rechtsextreme NPD eine Demonstration. Vor einigen Wochen spießten Unbekannte blutige Schweineköpfe auf Pfähle und platzierten sie auf dem vorgesehen Standort.
"Die Argumente wurden immer abstruser", sagt Meißner. Zuerst sei es nur um die Architektur gegangen: Das orientalisch anmutende Bauwerk passe sich nicht in das Stadtviertel ein, es fehlten Parkplätze. Dann habe sich der Ton verschärft. "Plötzlich hieß es, die Muslime bekehren die Kinder in der nahegelegenen Schule, es würde sich durch die Moschee eine Art Ghetto bilden", berichtet Meißner. Mit seiner Petition habe er ein Zeichen setzen wollen, dass nicht alle in Leipzig so denken wie die Gegner der Moschee. "Ich war wütend, wollte widersprechen", sagt er.
Leipzigs Oberbürgemeister befürwortet die Moschee
Widersprechen tut er in erster Linie der "Bürgerinitiative Gohlis sagt Nein", die anonym im Internet auftritt. Auf deren Facebook-Seite finden sich auch offen rassistische Äußerungen. Der Islam sei ein "aggressives Krebsgeschwür", schreibt ein Nutzer. Oftmals wird auch ein Bezug zur friedlichen Revolution vor 25 Jahren hergestellt: "Wir haben die Wende herbeigeführt! Wir sind auf die Straße gegangen! Ganz sicher nicht um Platz für eine Moschee zu schaffen!", schreibt ein anderer Nutzer auf der Internetplattform.
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"Gerade die Freiheiten, die wir haben, für die gekämpft wurde, die sollten wir doch erhalten", sagt Meißner. Und Religionsfreiheit gelte nun einmal für alle. "Es geht hier um Grundrechte, das ist nicht verhandelbar." Die Unterschriftensammlung will er Oberbürgermeister Jung übergeben, gemeinsam mit der nachbarschaftlichen Vereinigung "Dialoge für Gohlis". Die Unterstützung des Oberbürgermeisters dürfte ihnen sicher sein: "Selbstverständlich" brauche eine Glaubensgemeinschaft einen Ort zum beten, hat der SPD-Politiker mehrfach betont.
Es gehe das Gerücht herum, dass schon in wenigen Tagen positiv über den Bauvorantrag entschieden wird, sagt Meißner. Ein Sprecher der Stadt will dies nicht bestätigen. Es gebe noch Details zu klären, zum laufenden Verfahren wollte er sich nicht äußern. In Leipzig rechnet aber niemand mit einer Ablehnung des Bauvorhabens. Solange bauliche Vorschriften eingehalten werden, kann der Gemeinde nicht verboten werden, für die Ausübung ihres Glaubens eine Moschee zu errichten.