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Kleine Familienbetriebe finden sich in der deutschen und internationalen Landwirtschaft immer seltener.
Kirche auf der Grünen Woche: Familienbetriebe schützen!
Bei der Internationalen Grünen Woche in Berlin, die noch bis zum Wochenende ihre Pforten geöffnet hat, sind auch die beiden großen Kirchen vertreten. Ihre Sorge gilt vor allem der Zukunft kleinerer, familiär geführter Landwirtschaftsbetriebe. Mit dem Deutschen Bauernverband streiten sie sich auch über Agrarexporte.

Auf dem sogenannten ErlebnisBauernhof in der Messehalle 3.2 der Grünen Woche in Berlin haben die Katholische Landvolkbewegung Deutschland (KLB) und der Evangelische Dienst auf dem Lande (EDL) gemeinsam einen kleinen Stand. Motto: "Alles hat  seine Zeit – Landwirtschaft natürlich imTakt". Kernstück bildet eine kleine weiße Sperrholzkirche. Dort passen rund zehn Personen hinein, die sich dann dicht gedrängt gegenübersitzen. An der Stirnseite steht ein kleines Kreuz. Zwei Kerzen sorgen für die einzige Beleuchtung. Ein kleiner Ort für Besinnung und Einkehr mitten im Messetrubel - und ein Ort für Gespräche über das kirchliche Anliegen auf der weltgrößten Messe für Essen, Trinken und Landwirtschaft.

Erhalt der dörflichen Strukturen

In diesem Jahr weisen die kirchlichen Verbände besonders auf die Schutzbedürftigkeit bäuerlicher Familienbetriebe hin. Denn der Großteil der Nahrung weltweit wird immer noch auf kleineren Bauernhöfen produziert. Und das sei auch in Deutschland so, so KLB und EDL. Die Familienbetriebe müssten besonders unterstützt werden, seien diese doch zur Stärkung und Erhaltung der dörflichen Infrastruktur unverzichtbar. Denn nicht nur die Kirche gehöre mitten ins Dorf, sondern auch die kleinen Bauernhöfe aufs Land.

###mehr-artikel###"Wir beraten die Familien, wie sie den wirtschaftlichen Druck aushalten können. Das ist nicht immer nur eine Frage der Technik oder der Buchhaltung. Da brechen Ehen auseinander, die Hofnachfolge ist gefährdet. Das sind die Zukunftsfragen in den Betrieben", sagt KLB-Bundesvorsitzende Nicole Podlinski. Dabei hängen die christlichen Verbänden nicht etwa einer Sozialromantik von einst nach, sondern schätzen die Wirtschaftlichkeit und Relevanz kleiner Einheiten realistisch ein.

"Kleinere Betriebe verfügen meist über mehr Eigenkapital und brauchen daher nicht so viel Fremdkapital wie Großbetriebe, die oft über Banken oder Anlageformen finanziert werden. Damit können kleinere Betriebe nicht so schnell zu Spekulationsobjekten werden", unterstreicht Götz Schumacher, Referent für Kirche und Landwirtschaft der hannoveraner Landeskirche und EDL-Vorstandsmitglied. "Aber sie haben andererseits das Problem, dass sie auf dem Bodenmarkt meist gar nicht mehr mitbieten können. Denn die Bodenpreise sind mittlerweile Spekulationsobjekte."

Skurrile Szenerie

Daher benötige man Regulative, um auch kleineren Betrieben den Zugang zu mehr Pachtflächen zu ermöglichen, so der Fachmann. Und es brauche mehr Aufklärung der Verbraucher. Denn einem bewussten Konsumenten müsse klar sein, dass bessere und gerechtere Lebensmittel eben auch mehr kosten müssen.

###mehr-links###Doch den Kirchenvertretern geht es nicht bloß um die heimatliche Landwirtschaft, sondern um bäuerliche Familienbetriebe weltweit. Auf dem sogenannten Landkirchentag wird darüber auf einer Eventbühne diskutiert, gegenüber von einem der vielen Messeimbisse, an denen Besucher Bier, Weißwürste und Leberkäse lautstark konsumieren. Eine skurrile Szenerie.

Francisco Mari, Agrarreferent bei "Brot für die Welt", betont den Skandal, dass weltweit immer noch rund 1,85 Milliarden Menschen hungern. In vielen Entwicklungsländern würden die Menschen immer noch auf die Infrastruktur der Kolonialzeit angewiesen sein. Es gibt zwar Straßen von den Bananenplantagen direkt zu den Überseehäfen, aber keine Anbindung des Landes an die Städte. Daher könnten viele Bauern bis heute ihre Produkte kaum im eigenen Land vermarkten, um davon leben zu können.

Diskussion auf der Eventbühne: Von links Michael Lohse, Pressesprecher des Deutschen Bauernverbandes, Moderatorin Sonja Weinreich, Agrarreferent Francisco Mari von "Brot für die Welt" und Bettina Locklair, Referentin beim Erzbistum Berlin.

Applaus und fröhliches Johlen

Die Worte des Kirchenvertreters gehen im allgemeinen Trubel fast unter. Michael Lohse, Sprecher des Deutschen Bauernverbandes, wird hingegen von den Biertischen mit Applaus und fröhlichem Johlen unterstützt. Die UN habe 2014 zum Jahr des bäuerlichen Familienbetriebes ausgerufen, sagt er. Es gehe um die Verantwortung für Boden, Tiere und Region. "Das ist vor allem ein Problem der fehlenden Rechtssicherheit, Freiheit und Demokratie in Entwicklungsländern. Wir brauchen dort starke und unabhängige Bauernverbände Das ist doch kein Problem von Deutschland", so Lohse und legt nach: "Ich verstehe nicht, wieso Brot für die Welt und Misereor zeitgleich auf eine Berliner Demo für nachhaltige und gerechtere Landwirtschaft gehen."

Francisco Mari kontert. In der EU würde immer noch vor allem die Großlandwirtschaft gefördert. Die anfallenden Agrarüberschüsse überschwemmten die Weltmärkte. "Da gibt es 60-Cent-Geflügelteile in Afrika. Dafür würde hier keiner arbeiten. Und in Afrika macht das eine eigenständige Agrarwirtschaft kaputt. Sie verdienen doch daran kaum etwas, verbieten Sie das“, fordert der kirchliche Agrarexperte vom Bauernverband.

"Es geht nun mal um Wertschöpfung"

Bauernvertreter Lohse widerspricht vehement. Agrarexporte könne man genau so wenig verbieten wie man den Menschen ihren Glauben vorschreiben könne. Es gehe nun mal um Wertschöpfung. "Das Schweineschnitzel wird in Deutschland verkauft, der Schweinebauch in Russland, und die Chinesen essen Schweineohren, das ist doch sinnvoll. Märkte sind Märkte, die kann weder der deutsche Bauernverband noch die Kirche beeinflussen", ereifert sich Lohse.

In der Agrarexportpolitik können sich Bauern- und Kirchenvertreter nicht einigen. Bei der Bedeutung der bäuerlichen Familienbetriebe für die Gesellschaft sind sich dann aber alle auf der Bühne wieder einig. Bettina Locklair, Schulreferentin im Erzbistum Berlin, warnt davor, dass die Zahl der kleineren Bauernhöfe immer weiter zurück gehe, während Betriebe ab einer Größe von 100 Hektar stetig zunehmen. Die ländliche Infrastruktur dürfe nicht weiter ausgedünnt werden. Da gehe es um intakte Straßen, Gesundheitsversorgung oder eben kurze Wege zu den Grundschulen. Nur so könne der Lebensraum auf dem Lande auch weiterhin attraktiv bleiben.