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Vom Papierberg erschlagen: Pfarrer haben eine hohe Arbeitsbelastung.
Keine Zeit für Wichtiges: Pfarrer als "Mädchen für alles"
Pfarrer haben viel zu tun: Taufen und beerdigen - klar. Aber müssen Geistliche auch den Internetauftritt pflegen und die Frauenhilfe leiten? Wie die Arbeitszeit von Theologen sinnvoll begrenzt werden kann, diskutiert die rheinische Kirche auf ihrer Landessynode.
18.01.2014
epd
Marlene Grund

Sonntags Lehrer sein und werktags Pfarrer - so lautete lange die klassische Berufsempfehlung für ein angenehmes Leben. Mit der Realität hat dieser Spruch nichts zu tun. Das Aufgabenfeld evangelischer Pfarrer ist komplex: Sie verkündigen und managen, verwalten und lehren. Sie sind Seelsorger, kümmern sich um soziale Probleme, sie taufen und konfirmieren, trauen und beerdigen. Oft sind sie zuständig für alles - vom Kindergottesdienst bis zum Altenheim.

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Doch das Berufsbild erlebt einen Wandel. In einer Kirche mit weniger Geld und weniger Mitgliedern wird es künftig auch deutlich weniger Theologen geben. Allein in der Evangelischen Kirche im Rheinland geht bis 2030 rund die Hälfte der heutigen Pfarrer in Pension - die geburtenstarken Jahrgänge. Schon heute können die verbliebenen Amtsinhaber längst nicht mehr alles machen. In Zukunft sollen sie sich noch stärker auf ihre ureigenen Aufgaben konzentrieren. Wie das gehen kann, ist Thema der seit Donnerstag in Bad Neuenahr tagenden Landessynode der rheinischen Kirche.

In einer Vorlage mit dem Titel "Zeit fürs Wesentliche" geht es um mögliche Arbeitszeitregelungen für Pfarrer, um Überforderung zu vermeiden. Das Papier enthält Modelle mit konkreten Zeitvorgaben. Danach soll ein Sonntagsgottesdienst in acht Stunden vorbereitet sein, für Organisation und Büroarbeit sind fünf Wochenstunden vorgesehen, für eine Beerdigung mit Vorgespräch sieben Stunden. Eine Begrenzung sei nötig, weil ein übervoller Terminkalender noch kein Erweis von Tüchtigkeit und Segen sei, schreibt ein Theologe in einem Internetforum. "Viele Stunden bedeuten nicht unbedingt ein toller Pfarrer."

Anfallende Arbeit verteilt sich auif weniger Schultern

Präses Manfred Rekowski rät den Kirchengemeinden Schwerpunkte zu setzen: Pfarrer zu sein bedeute in einer Gemeinde mit sozialem Brennpunkt etwas anderes als in einer Gemeinde mit diakonischem Profil oder einer ausgeprägten Citykirchenarbeit. Zudem ufere die zeitliche Belastung dann nicht zu schnell aus. Um die Theologen von Anfang an nicht zu überfordern, dürften Stellenausschreibungen keine "unerfüllbaren Wunschzettel" sein.

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Peter Stursberg, Gemeinde- und Berufsschulpfarrer in Koblenz, hat seine Arbeitszeiten über Jahre hinweg exakt aufgelistet. Vor Weihnachten arbeitet er bis zu 60 Wochenstunden, in Sommerwochen deutlich weniger. Stursberg ist dafür, die Wochenarbeitszeit für Pfarrer auf 41 Stunden zu begrenzen. "Das soll nicht bedeuten, dass künftig ein Pfarrer mit Blick auf die Uhr eine Beerdigung abbricht", erläutert er. Es gehe um Richtwerte, um über Arbeitszeiten verhandeln zu können.

Finanznot und Personalknappheit werden die jetzige Pfarrergeneration ihr ganzes Berufsleben lang begleiten. Wenn frei werdende Pfarrstellen nicht wiederbesetzt werden oder Gemeinden durch Kooperationen und Fusionen wachsen, verteilt sich die Arbeit meist auf die verbliebenen Schultern, selten wird sie reduziert. "Hier sind Grenzen überschritten", räumt der Personalchef der rheinischen Kirche, Christoph Pistorius, ein.  Pistorius hält daher neue Denkansätze für notwendig. Auch wenn es vielen Menschen schwer falle, sich ein Gemeindeleben ohne Pfarrer vorzustellen: Es sei kurios, dass "eine Kirche, die seit der Reformation vom allgemeinen Priestertum aller Getauften lebt und Prädikanten ausbildet, eine so pfarrzentrierte Gestalt ausgebildet hat", ergänzt er.