Licht fällt durch ein Fenster in eine Gefängniszelle
Foto: dpa/Tim Brakemeier
Hoffnungsschimmer für deutschen US-Häftling Jens Söring
Der nach einem umstrittenen Urteil seit mehr als 20 Jahren wegen Doppelmordes in den USA einsitzende Jens Söring hat Grund zur Hoffnung: Mit dem neuen Gouverneur von Virginia steigen wohl seine Chancen für eine Überstellung nach Deutschland.
13.01.2014
epd
Konrad Ege

Seit dem Wochenende ist der Demokrat Terry McAuliffe neuer Gouverneur in Virginia. Er löste den Republikaner Robert McDonnell ab. Dieser Wechsel ist für Jens Söring ein gutes Zeichen: Der 47-jährige deutsche Staatsbürger sitzt seit 1986 in dem US-Bundesstaat im Gefängnis.

Jens Söring (Foto vom 13.07.2011)

Terry McAuliffe könnte das tun, was Söring schon seit Jahren verlangt, und was der scheidende Gouverneur verhindert hat: Den wegen Doppelmordes zu lebenslanger Haft verurteilten Söring zum Verbüßen seiner Reststrafe nach Deutschland zu überstellen. Sörings Freundeskreis in Deutschland "verbindet mit dem Amtsantritt des neuen Gouverneurs die Hoffnung auf eine Wende", erklärte Bernadette Faber vom Unterstützerverband.

Sörings Anwalt Steven Rosenfeld sprach gegenüber dem epd ebenfalls von der Hoffnung, McAuliffe werde, genauso wie der letzte demokratische Gouverneur vor McDonnell im Jahr 2010, der "Rückführung von Jens Söring in seine Heimat zustimmen".

Die Geschichte ist komplex. Einem Abkommen der USA mit Deutschland zufolge können in den USA verurteilte Deutsche zum Verbüßen ihrer Strafe nach Deutschland überstellt werden. Das US-Justizministerium muss zustimmen, ebenso die Regierung des jeweiligen Bundesstaates, in dem der Häftling sein Verbrechen begangen hat und einsitzt.

Geständnis, um seine Freundin zu schützen

An einem seiner letzten Amtstage im Januar 2010 hatte der demokratische Gouverneur Tim Kaine US-Justizminister Eric Holder ersucht, Sörings Überstellung in die Wege zu leiten. Sörings Freude währte nicht lange: Kaines Nachfolger, der Republikaner McDonnell, zog das Gesuch unmittelbar nach Amtsantritt zurück. Das Vorhaben platzte.

Der Diplomatensohn Söring soll 1985 in Virginia zusammen mit seiner Freundin Elizabeth deren Eltern Derek and Nancy Haysom mit zahlreichen Messerstichen ermordet haben. Die Polizei sprach von einem Blutbad. Söring war zur Tatzeit 18 Jahre alt.

1986 wurde er festgenommen und 1990 schuldig gesprochen. Beim Verhör hatte er die Tat gestanden, offenbar in der Falschannahme, er könne seine US-amerikanische Freundin vor der Todesstrafe schützen, und er selbst werde wegen diplomatischer Immunität nach Deutschland ausgeliefert. Elizabeth bekam 90 Jahre Haft. Söring freilich genoss keine Immunität.

Ein Zeuge entlastet Söring

Bei Juristen ist Sörings Verurteilung heute umstritten. Viele Beweismittel vom Prozess wurden bereits entkräftet. In seinem angeblichen Fluchtauto wurden keine Blutspuren gefunden, und 2011 meldete sich ein neuer Zeuge, ein Mechaniker, der kurz nach dem Mord ein innen blutverschmiertes Auto repariert haben will. Die Rechnung sei von einer Frau bezahlt worden. Auf Fotos erkenne er Elizabeth Haysom als die Kundin.

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Der Mann in ihrer Begleitung sei nicht Söring gewesen. Er habe vermutet, das Blut käme von einem illegal geschossenen Reh, sagte der Mechaniker. Medienberichten zufolge haben mehrere Ermittler Zweifel an der Aussage.

Jens Söring hat sein Geständnis längst zurückgezogen. Er sei unschuldig, beteuert er heute. In einem kürzlichen Rundfunkinterview bedauerte er, nicht sofort "die Wahrheit gesagt zu haben" und sich selber beschuldigt zu haben. Er sei sehr jung und ein "Idiot" gewesen.

Weihnachtskarten aus dem Gefängnis

Ein neues Verfahren dürfte Söring freilich nicht mehr bekommen. Im allgemeinen müssen in Virginia neue entlastende Beweismittel innerhalb von drei Wochen nach dem Urteil vorgelegt werden. Sörings Anträge an Virginias Gnadenausschuss, auf Bewährung frei gelassen zu werden, sind gescheitert - neun Mal schon, letztmals im Oktober 2013.

Der Fall ist in Virginia zum Politikum geworden. Das Parlament von Virginia hat vor mehreren Jahren eine Resolution verabschiedet, dass Söring nie frei kommen sollte. Der neue Gouverneur McAuliffe könnte jedoch die konservativ geprägte Gnadenkommission umbesetzen. Noch hat McAuliffe in der Öffentlichkeit nichts gesagt zu Söring und der Überstellung. Jens Söring hat an Weihnachten Karten verschickt mit dem Aufdruck "Hope", Hoffnung.