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TV-Tipp des Tages: "Milchgeld" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Milchgeld", 9. Januar, 20.15 Uhr im Ersten
Der aus Prinzip zur Unleidlichkeit neigende Kemptener Kommissar ist derart in seiner Heimat verwurzelt, dass er nicht mal in Urlaub fahren will. Insofern kommt ihm der Mord eines Molkereibetriebswirts ganz gelegen; muss die Gattin eben allein verreisen.

Krimikomödien aus der Provinz des Sendegebietes: Das ist ein Luxus, den man sich erst mal leisten muss. Und weil die bisherigen Regionalkrimis des Bayerischen Rundfunks viel zu gut waren, um allein das Stammpublikum des dritten Programms zu erfreuen, hat der BR vor zwei Jahren nachvollzogen, was der SWR mit "Der Bulle und das Landei" vorgemacht hat: Nach dem Auftakt mit "Erntedank" im Herbst 2009 kam die zweite Verfilmung mit dem vom gebürtigen Sonthofener Herbert Knaup grandios verkörperten Ur-Allgäuer Kluftinger ins "Erste"; kürzlich hat die ARD mit "Seegrund" den dritten Kluftinger-Krimi gezeigt. Aller unbestrittenen Qualität zum Trotz: Das ist durchaus mutig, denn im Gegensatz zum ohnehin salonfähigen Oberbayerisch, das fürs Fernsehen in der Regel zu einem entschärften Kunstdialekt abgeschliffen wird, ist die Mundart, die man im Allgäu spricht, weder schön noch eingängig. Andererseits trägt die urwüchsige Sprache der Figuren naturgemäß enorm zur Unverwechselbarkeit der Regionalkrimis bei. Die Kluftinger-Romane von Volker Klüpfel und Michael Kobr leben gleichfalls weniger von den Kriminalfällen, sondern vor allem vom landschafts- und figurenverbundenen Detail; und davon, wie das Autorenduo seinen Landsleuten aufs Maul schaut.

Ermittlung gegen die Landsleute

Auch in "Milchgeld" steht die Suche nach dem Mörder eines Molkereibetriebswirts nur scheinbar im Mittelpunkt der Geschichte. In Wirklichkeit geht es um ein Drama, das sich einem allerdings nur erschließt, wenn man mit der Hauptfigur vertraut ist: Der aus Prinzip zur Unleidlichkeit neigende Kemptener Kommissar ist derart in seiner Heimat verwurzelt, dass er nicht mal in Urlaub fahren will. Insofern kommt ihm der Mord ganz gelegen; muss die Gattin eben allein verreisen. Aber da die Tat quasi in Kluftingers Nachbarschaft begangen worden ist und der Verdacht auf die Bauern fällt, weil der Betriebswirt die Milchpreise gedrückt hat, muss er nun gegen seine Landsleute ermitteln, was prompt zu seiner Isolierung führt. Als sich auch seine Mitarbeiter und selbst der eigene Vater (Tilo Prückner) gegen ihn stellen, wird Kluftinger zum einsamsten Mann im Allgäu.

Wie unwichtig der Kriminalfall im Grunde ist, zeigt sich spätestens am Schluss, wenn sich das Drehbuch (wie auch bei "Erntedank": Stefan Holtz, Florian Iwersen, Regie erneut Rainer Kaufmann) nicht mal die Mühe macht, die Geschichte ordentlich aufzulösen. Warum der Betriebswirt, dem später auch noch ein Kollege ins Jenseits folgen wird, sterben musste, wird zumindest nicht allgemeinverständlich aufgeklärt.

Der Film lebt ohnehin weniger von der einen Geschichte, sondern von denen vielen kleinen am Rande, von den genau beobachteten und mit viel Zuneigung notierten Kauzigkeiten der Personen; selbst wenn einem der von Johannes Allmayer verkörperte Stellvertreter Kluftingers mit seiner Streberhaftigkeit und seinem seltsamen Sprachduktus alsbald auf die Nerven geht.