Foto: dpa/Axel Heimken
Afrikanische Flüchtlinge haben sich in der St. Pauli Kirche in Hamburg ihre Schlafplätze auf dem Kirchenboden bereitet.
Kirchen zur Weihnacht: Not der Flüchtlinge schreit zum Himmel
Zu Weihnachten mahnen die evangelischen Kirchen eine humanere Flüchtlingspolitik an. "Die Not schreit zum Himmel", erklärte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, am Montag. Europa drohe seine Seele zu verlieren, sagte Schneider mit Blick auf die zwei Schiffsunglücke vor der Insel Lampedusa Anfang Oktober mit rund 400 ertrunkenen Migranten. Man dürfe dieser Situation nicht länger tatenlos zusehen.

Die biblische Fluchtgeschichte der Familie Jesu verweise "auf die vielen Fluchtgeschichten unserer Tage: Allein der furchtbare Bürgerkrieg in Syrien hat Millionen entwurzelt und aus dem Land getrieben".Auch Deutschland müsse mehr tun, fügte der EKD-Ratsvorsitzende hinzu: "Als eines der reichsten Länder der Erde müssen wir unsere Anstrengungen im neuen Jahr deutlich verstärken". Auch die Kirchen dürften nicht nachlassen, neue Wege zu suchen, um das Elend der Flüchtlinge zu lindern.

Zum Schutz von Migranten und Flüchtlingen riefen auch der Lutherische Weltbund (LWB) und der Weltkirchenrat auf. Die christliche Botschaft gelte allen, die unterdrückt werden, in Armut leben sowie allen Menschen ohne Hoffnung, erklärte der LWB-Präsident, der palästinensische Bischof Munib A. Younan. Der 1947 gegründete LWB mit Sitz in Genf repräsentiert rund 70 Millionen Christen in 79 Ländern. Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) verlangte mehr Hilfe für verfolgte Menschen im Nahen Osten sowie dem Kongo. Dem 1948 gegründeten Zusammenschluss gehören mehr als 340 Mitgliedskirchen an, zusammen zählen sie über 500 Millionen Christen aus protestantischen, orthodoxen, anglikanischen und anderen Traditionen.

Schwaetzer erschreckt über EU-Debatten zur Abschottung

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Die Präses der EKD-Synode, Irmgard Schwaetzer, erklärte, es sei "erschreckend, dass die EU ständig über stärkere Abschottung debattiert - das läuft den Werten zuwider, auf denen Europa gebaut ist", sagte Schwaetzer der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Montagsausgabe). In dieser Frage müsse die Bundesregierung eine aktivere Rolle in Brüssel spielen. Deutschland solle zudem mehr Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen und die bürokratischen und finanziellen Hürden für den Familiennachzug senken, forderte die FDP-Politikerin.

Der Berliner Bischof Markus Dröge erklärte, "diejenigen Flüchtlinge, die zu uns kommen, haben ein Recht darauf, fair und menschenwürdig behandelt zu werden". Wer in seiner Heimat verfolgt wird, müsse Asyl beantragen können, heißt es in einem Beitrag des evangelischen Theologen für die "Berliner Zeitung" (Montagsausgabe).  "Und wer hier legal eine Arbeit sucht, soll die Möglichkeit dazu erhalten", betonte Dröge. Nötig sei daher eine humanitäre EU-Flüchtlingspolitik.

Mit Blick auf die Flüchtlingstragödien vor Lampedusa erklärte Dröge: "Es ist unwürdig angesichts dieser Schicksale von einer Flüchtlingswelle zu reden, als handelte es sich um eine Naturgewalt, der man sich mit allen Mitteln der Technik entgegen zu stellen hat." Vielmehr kämen junge Menschen "mit letzter Hoffnung, in großer Verzweiflung und bescheidenen Träumen von einem besseren Leben". Andere würden vor Krieg und Gewalt fliehen.

Bibel erzählt auf vielfältige Weise von Gastfreundschaft

Die biblische Weihnachtserzählung verpflichtet nach Ansicht des badischen evangelischen Landesbischofs Ulrich Fischer dazu, Flüchtlingen und anderen Heimatlosen in Deutschland eine Heimat zu geben. Die Bibel erzähle auf vielfältige Weise, dass Gastfreundschaft für Flüchtlinge ein zentrales göttliches Gebot sei, schreibt Fischer in seiner Weihnachtsbotschaft.

Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung (Darmstadt) hob in seiner Weihnachtsbotschaft die Bedeutung der Menschenwürde und der Freiheit hervor. Umso bedrückender seien alle Verletzungen der Menschenrechte, wie sie die Opfer des Kriegs in Syrien und viele Flüchtlinge erlebten, sagte Jung.

Die mitteldeutsche Landesbischöfin Ilse Junkermann (Magdeburg/Erfurt) ermutigte dazu, zu jenen Menschen zu gehen, "die am Rande stehen" sowie anderen ein Willkommen zu bereiten, "die aus der Ferne zu uns kommen". In diesem Sinne gehöre zum Schenken auch "ein klares Nein zu jeder Menschenverachtung" und Zeit für Kinder aufzuwenden, die in armen Verhältnissen leben und deshalb von Beginn an schlechtere Chancen hätten, betonte die leitende Geistliche der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.