Wenn eine Figur Horst Krause heißt und von einem Schauspieler gleichen Namens verkörpert wird, muss sich irgendjemand was dabei gedacht haben. Seit vielen Jahren gehören beide, Krause wie Krause, zum festen Ensemble der "Polizeiruf"-Krimis aus Brandenburg. Ganz gleich, ob wer Chefin verkörpert hat: Krause und sein Hund waren stets die heimliche Stars der Geschichten.
Aufregung vor Heiligabend
Bernd Böhlich hat einst mit Ben Becker und Otto Sander die besten Brandenburger Beiträge gedreht (Grimme-Preis für "Totes Gleis"), melancholische Geschichten aus einer Gegend, in der Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Auch "Krauses Fest", der erste von mittlerweile drei Soli für den dicken Polizisten (später hat er noch "Krauses Kur" und "Krauses Braut" gedreht), lebt von dieser gemächlichen Erzählweise, und dass nun der dicke Polizeihauptmeister im Zentrum steht, macht die Sache nicht flotter. Aber das ist auch gar nicht nötig. Womöglich würde es sogar völlig genügen, dem gemütlichen Selbstdarsteller beim Alltag zuzuschauen, denn natürlich hat Böhlich (Buch und Regie) für Krauses Biografie Besonderes ersonnen: Er lebt in einem kleinen Dorf, trauert einer alten Liebe nach, die das Kaff mit ihrem Zirkus einst zum Winterquartier erkor, und erwehrt sich seiner altjüngferlichen Schwestern, die einen Gasthof betreiben.
Wenn nicht gerade in der Nähe ein Mord geschieht und das große Besteck aus der Hauptstadt anreist, muss Krause Kinder davon abhalten, auf dem dünnen Eis des Dorfteichs Schlittschuh zu laufen, oder harmlose Versicherungsbetrüge aufklären. Ausgerechnet einen Tag vor Heiligabend aber kommt Leben ins Dorf: Eine Berlinerin (Gabriela Maria Schmeide) ist mit Auto und Sohn liegen geblieben, bekommt ein Zimmer im Gasthof und wird fortan von den Schwestern höchst misstrauisch beäugt, denn ihnen entgeht nicht, dass Bruder Horst recht angetan von der Dame ist. Gleiches gilt allerdings für den Einfaltspinsel Liebermann (Dominique Horwitz).
Es ist eine kleine Geschichte, die Böhlich entsprechend unaufgeregt erzählt. Zu den Höhepunkten gehört schon die Rettung des Riesenrammlers Friedrich, dessen Schicksal als unfreiwillige Hauptfigur des Festtagsschmauses eigentlich bereits besiegelt war; oder die Bergung des Berliner Jungen (Enno Trebs), der Krauses Warnung in den Wind schlägt und aufs Eis geht. Dennoch gelingt es Böhlich, seinem Kameramann Peter Ziesche und dem Komponisten Jakob Ilja, eine ganz eigentümliche Atmosphäre zu schaffen.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Wie immer in Böhlichs "Polizeiruf"-Filmen wird kein Wort zuviel gewechselt, weshalb die wenigen Dialoge um so treffsicherer sind; schon allein die schnippischen Schwestern (Carmen Maja Antoni, Angelika Böttiger) sind ein Genuss. Am Ende bleibt Krauses Schwärmerei zwar unerwidert, aber trotzdem endet die Geschichte happy; sogar Liebermann kriegt sein Stück vom Glück.