Franziskustreff für Obdachlose
Foto: epd/Thomas Rohnke
Bruder Pirmin Zimmermann spricht mit Bedürftigen im Frankfurter Franziskustreff. Das Sozialcafé ist an Weihnachten Treffpunkt zum gemeinsamen Feiern und Reden.
Warme Suppe und Wollmütze: Obdachlose feiern Weihnachten
Andrea B. macht sich seit drei Monaten fast jeden Tag auf den Weg zum Franziskustreff in der Frankfurter Innenstadt. Dort bekommen Wohnungslose und andere Mittellose für 50 Cent ein Frühstück. Die 38-Jährige ist eine von 284.000 Menschen in Deutschland, die nach offiziellen Angaben keine Wohnung haben.
26.12.2013
epd
Verena Horeis

Auch an den Weihnachtstagen wird Andrea im Franziskustreff sein. Sie sieht mit ihren aschblonden zum Pferdeschwanz gebunden Haaren, Jeans und Turnschuhen nicht direkt aus wie jemand, der auf der Straße lebt. Erst die großen Einkaufstüten mit ihrem Schlafsack und einer lilafarbenen Decke, die sie bei sich trägt, lassen das erahnen.

"Im Alltag begegnen mir viele Leute, für die ich nichts wert bin"

Für Andrea B. ist der Franziskustreff im Kapuzinerkloster Liebfrauen weit mehr als ein Ort, an dem es etwas zu essen gibt. "Es ist toll, dass die Menschen mich hier ganz normal behandeln. Im Alltag begegnen mir viele Leute, für die ich nichts wert bin, weil ich obdachlos bin", sagt sie. Ähnlich sieht das Silvia K.. Sie freut sich gerade an den Weihnachtstagen "über Gesellschaft und Menschen zum Reden".

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Sie hat die Feiertage fast komplett verplant. Nach dem Frühstück wird sie am 24. Dezember Richtung Hauptbahnhof weiterziehen. Dort verteilen die Johanniter warme Suppe an Bedürftige. Nachmittags steht Kaffee in der Bahnhofsmission auf ihrem Programm, und abends wird sie die "Lange Nacht am Heiligen Abend" in der Weißfrauen-Diakoniekirche verbringen. Dort wird ein Gottesdienst gefeiert, anschließend gibt es Weihnachtsessen. Bis zum nächsten Morgen können Bedürftige dort Musik hören, einen Film schauen, schlafen und dann gemeinsam frühstücken. Für Silvia K. ist Weihnachten in der Diakoniekirche schon ein Ritual. 

Das Frühstück im Franziskustreff ist immer reichhaltig. Es gibt Brot, Wurst und Käse, ebenso Schokocreme und Marmelade. Dazu bekommen die Gäste warmen Kaffee und Kakao. Auch Bananen, Äpfel und anderes Obst verteilen die überwiegend ehrenamtlichen Helfer an die Gäste. Felix F. war an den Weihnachtstagen schon öfter dort und erinnert sich, dass auch Schokoladen-Nikoläuse und Lebkuchen auf den Tischen standen. "Ich bin Diabetiker, deshalb hatte ich nicht viel davon, aber schön war es trotzdem."

"Wir überschätzen die emotionale Bedeutung von Weihnachten"

Auch die Tagesstätte Bärenstraße der Caritas hat an den Feiertagen den ganzen Tag geöffnet. Wohnungslose bekommen dort das ganze Jahr über Mahlzeiten, an Weihnachten wird das Buffet etwas umfangreicher als sonst. Doch Klaus Schäfer, Leiter der Einrichtung, meint: "Wir überschätzen die emotionale Bedeutung von Weihnachten." Für die Wohnungslosen seien Kälte, nasse Schlafsäcke, psychische und andere gesundheitliche Probleme gerade in der Winterzeit viel bedeutender als ein Fest. Auch Bruder Paulus vom Franziskustreff, der in seiner Mönchskutte dort sitzt, sagt, es sei wichtiger, "Herzlichkeit zu leben, und das nicht nur an den Feiertagen".

Gemeinschaft ist für Luigi C. an Weihnachten das Wichtigste. Er und etwa 45 weitere Männer wohnen im Übergangswohnhaus Weser5 der Diakonie. Er lebe allein, sagt der Italiener, an den Weihnachtstagen aber seien die anderen hier wie eine Familie für ihn.

Waldemar L., ständiger Gast im Franziskustreff, stahlt, als er sein Weihnachtsgeschenk vom vergangenen Jahr zeigt: "Ich habe diese Mütze hier bekommen." Er zeigt eine wollweiße Strickmütze vor. "Die habe ich jetzt das ganze Jahr getragen - dieses Mal habe ich mir einen Rucksack gewünscht und meistens bekommt man die Dinge dann auch", freut er sich schon.

Für den Tagestreff Bärenstraße und den Franziskustreff ist es kein Problem, Ehrenamtliche an Weihnachten zu gewinnen. Für viele Engagierten sei es "Ehrensache, an den Feiertagen ein paar Stunden zu helfen", sagt Bruder Paulus.