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Pfarrer Hykel: "Weihnachten darf man auch ausfallen lassen"
Heiligabend steht vor der Tür, aber nicht jeder freut sich auf die Feiertage. Manche haben Angst, sich im Weihnachtsstress aufzureiben, andere haben Angst vor der Einsamkeit. Pfarrer Walter Hykel, Leiter der Lebensberatung im Berliner Dom, spricht über schwierige Situationen an Weihnachten und wie man damit umgehen kann.

Fangen wir mit einer der schwersten Situationen an: Angenommen, ich muss Weihnachten zum ersten Mal ohne einen geliebten Menschen feiern - wie kann ich damit umgehen?

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Walter Hykel: Wichtig ist, dass man sich rechtzeitig sich dazu Gedanken macht. Wenn man zum Beispiel immer mit diesem geliebten Menschen an Heiligabend in die Kirche ging, sollte man überlegen, ob es einem gut tut, wenn man das jetzt alleine macht oder ob es einem damit schlechter gehen wird. Dann kann man entscheiden, ob man vielleicht trotzdem alleine gehen will oder aber sich etwas anderes vornimmt. Es ist also vor allem wichtig, dass ich in mich spüre - und zwar nicht erst am Heiligabend, sondern schon vorher.

Jemand hat seine eigene Familie gegründet und steht vor der Herausforderung, den Eltern und Schwiegereltern mitzuteilen, dass man den Heiligabend nicht bei Ihnen verbringen wird, sondern zum ersten Mal im eigenen Zuhause. Wie mache ich das am besten?

Hykel: Ich bin immer dafür, die Dinge rechtzeitig und in aller Offenheit anzusprechen. Auch Offenheit sich selbst gegenüber ist wichtig, um die eigenen Wünschen herauszufinden. Erst dann kann man diese auch offen anderen vermitteln - möglichst ohne zu kränken.

"Berlin ist die Metropole der Einsamkeit"

Und wenn man merkt, dass man mit seinen Wünschen auf Enttäuschung stößt? Wie kann man damit umgehen?

Hykel: Das kann man durchaus auch in Worte fassen: "Ich kann mir vorstellen, dass mein Entschluss euch traurig macht." Aber es stimmt, im Endeffekt stehen natürlich zwei Wünsche gegeneinander. Dann stellt sich die Frage, ob man immer nur dafür da ist, die Wünsche der anderen zu erfüllen oder ob man sich sagt, dass der eigene Wunsch - zumindest in diesem Fall - genauso wichtig ist.

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Oft gehen Sorgen und Probleme rund um das Thema Weihnachten in zwei Richtungen. Die eine: Wie kann ich alles unter einen Hut bekommen? Wie schaffe ich es, mich selbst nicht im Weihnachtstrubel zu verlieren?

Hykel: Natürlich können solche Stress-Situationen Enttäuschungen hervorrufen. Es ist umso wichtiger, Prioritäten zu setzen und herauszufinden, wo ich stehe und was mir wichtig ist.

Die andere: Viele Menschen haben Angst, sich an Weihnachten alleine zu fühlen. An wen kann ich mich in der Adventszeit wenden, wenn ich mir deswegen Sorgen mache?

Hykel: Ja, das ist ein häufiges Problem - hier in der Beratungsstelle merken wir das besonders. Berlin ist die Metropole der Einsamkeit. Kirchen bieten durchaus offene Weihnachtsfeiern an Heiligabend an. Man kann sich also informieren, ob es das auch bei einem gibt und einfach dorthin gehen.

Und dann gibt es auch die Möglichkeit, Weihnachten ausfallen zu lassen. Wenn man die Feiertage nicht erträgt aus Gründen von Trauer oder Einsamkeit, dann ist es durchaus legitim den Heiligabend wie jeden Abend zu verbringen: Vielleicht Abendbrot zu essen, ein Buch zu lesen und dann ins Bett zu gehen. Wie gut einem das gelingt, ist natürlich wieder eine andere Frage.

"Es ist immer gut, wenn man agiert und nicht nur reagiert"

Und wenn man Weihnachten nicht ausfallen lassen möchte?

Hykel: Man kann vorher mit jemand anderem ins Gespräch gehen. Es könnten sich mehrere, die einsam sind, zusammentun. Oder man fragt einen Freund: Darf ich an Heiligabend für zwei Stunden vorbeikommen? Freilich ohne den anderen dabei zu überfordern. Ich warne aber vor Folgendem: Wenn ein einsamer Mensch in eine Familie geht, die zusammen mit glänzenden Augen feiert, dann kann die Einsamkeit dieses Menschen, wenn er wieder nach Hause kommt, noch größer werden. Das gilt es also auch zu bedenken.

Wenn man sich einsam fühlt, ist es auch gut, sich zu überlegen, wo man selber helfen kann. Warum nicht einfach bei Weihnachtsfeiern für Obdachlosen fragen, ob man mit anpacken darf? Also nicht in der Opferrolle zu bleiben, sondern aktiv zu werden und sich sagen: Mir geht es vielleicht gerade nicht gut, aber ich habe den Willen und die Kraft anderen zu helfen. Es ist immer gut, eine Situation zu finden, in der man agiert und nicht nur reagiert. Ich fasse also nochmal zusammen: Wichtig ist es bei allen Situationen, in sich zu gehen und darüber nachzudenken, wie ich den Tag verbringen möchte und ob ich die Chance dazu habe, das zu verwirklichen.