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Wenn Weihnachten plötzlich anders ist
Erst Christbaum schmücken und Kartoffelsalat mit Würstchen, dann Gottesdienst und Bescherung - wenn es darum geht, Weihnachten zu feiern, haben viele ihren festen Ablaufplan. Doch was passiert, wenn sich plötzlich etwas ändert? Fünf Menschen erzählen, warum sie dieses Jahr Weihnachten anders feiern als bisher.
17.12.2013
evangelisch.de
Franziska Fink, Anne Kampf, Dorothea Heintze und Dominik Speck

 

Hans-Dieter Credé, Dekan i.R.: Zum ersten Mal überhaupt nichts vorbereiten

Hans-Dieter Credé freut sich auf ein ruhiges Weihnachtsfest mit seiner Familie.

Der typische Heiligabend war eigentlich immer ein relativ normaler Arbeitstag, aber angereichert mit Vorbereitungen für die Weihnachtsfeiertage. Die Gottesdienste sind nur der öffentlich sichtbare Teil unserer Arbeit als Pfarrer. Gerade in der Weihnachtszeit haben viele Leute Sorgen, so dass immer auch eine Reihe von persönlichen Gesprächen und Hausbesuchen anstanden. Der Heiligabend selber war dann erst der Anfang der großen Gottesdienstwelle an den Feiertagen.

In den letzten 20 Dienstjahren war ich in Witzenhausen Dekan, da gab es an Heiligabend vier Kirchengottesdienste und zwei in Seniorenheimen - die wurden unter zwei Kollegen und mir aufgeteilt. Die Frage war also immer: Wann kommt man dran? Wenn die Gottesdienste zusammenhängend platziert waren, dann ging das in einem Rutsch durch, und die Bescherung für die eigene Familie konnte vorher oder nachher in Ruhe stattfinden. Wenn man aber mit einem Gottesdienst früh und noch einmal um 22 Uhr dran war, dann musste man sehen, dass die Bescherung kürzer ausfiel. In jedem Fall kam dann abends die Stunde, in der ich mich zur Vorbereitung für den nächsten Feiertag zurückziehen musste. Ein gewisser Trubel gehörte also immer dazu, das war aber auch schön.

###mehr-artikel###In den ersten beiden Jahren meines Ruhestands habe ich am Heiligen Abend auch gepredigt, aber jeweils nur ein Mal. Ich habe es genossen, viel Zeit zu haben, nur diesen einen Gottesdienst vorzubereiten und durch keine anderen Dinge abgelenkt zu werden. So geschah es in großer Gelassenheit. Die hat nicht nur mir gut getan, sondern sicher auch den Gemeinden.

In diesem Jahr werde ich zum ersten Mal seit Jahrzehnten Weihnachten nicht zu Hause sein. Ich fahre mit meiner Frau zu unseren Kindern und deren Familien. So muss ich diesmal überhaupt nichts vorbereiten und ich freue mich sehr darauf, alles auf mich zukommen lassen zu können und für nichts verantwortlich zu sein. Das werde ich sehr genießen.

 

Dorothea Heintze, chrismon-Redakteurin: Der Sohn ist nicht dabei

Dorothea Heintze feiert zum ersten Mal Weihnachten ohne ihren Sohn Till.

Dieses Weihnachten wird anders – auf jeden Fall dem äußeren Anschein nach. Zum ersten Mal, seit wir zwei Kinder haben, feiern wir nur mit dem einen unserer Söhne -  der andere ist für ein Auslandsjahr in Chile.

Wie wird das sein? Wirklich alles ganz anders?

Ich weiß es nicht so genau. Sicher, Till ist nicht dabei. Einerseits. Andererseits bin ich mir ganz sicher, dass wir an Heiligabend und an den beiden anderen Tagen, wenn wir wie immer bei den jeweiligen Großeltern sind, ihn per Skype dazuholen können. Und dann wird es vermutlich doch wie immer sein: Ein paar freche Sprüche hier, ein paar liebevolle Grüße da. Seine Geschenke, auch die für die Gastfamilie, hat er schon in einem Riesenpaket bekommen, dann werden sie auch ausgepackt sein. Es kann gut sein, dass wir dann gar nicht so richtig realisieren, dass er nicht dabei ist. Zudem unser amerikanischer Gaststudent Paul, der jetzt für ein Jahr bei uns ist, ja auch da ist – d.h. wir sind wieder zu viert in der Kirche, zu viert bei unseren Freunden zum Heiligabend.

Also, ich glaube, während der ganzen Feierei werde ich gar nicht so sehr "fremdeln" – aber bestimmt in einer ruhigen Minute, wenn mein Mann und ich allein sind. Dann wird er uns ganz wahnsinnig fehlen und dann wird das Weihnachtsfest eben doch zum ersten Mal ganz anders als in den vergangenen 16 Jahren sein. Mal sehen, ich bin gespannt. 

 

Anne Kampf, evangelisch.de-Redakteurin: Heiligabend im Schwimmbad

Anne Kampf fährt an Weihnachten nach Holland zu ihrem Patenkind.

Wenn der Sinterklaas wieder weg ist, kommt die Patentante: Am 4. Advent fahre ich nach Südholland. Dort wohnt ein sehr lebhaftes hellblondes Mädchen, das am 23. Dezember drei Jahre alt wird – mein Patenkind. Ein blöder Tag um Geburtstag zu haben? Nicht für ein holländisches Kind, denn die Weihnachtsgeschenke wurden ja dort schon am 6. Dezember vom Sinterklaas abgeliefert - da kann man am 23. durchaus wieder neue gebrauchen.

Von der Patentante gibt's die "Raupe Nimmersatt" als Pop-up-Buch und eine lila-gelbe Taucherbrille. Vermutlich werden wir an Heiligabend also ins Schwimmbad gehen (müssen), bevor wir uns - ganz wie die Raupe - durch die Reste vom Feuerwehrauto-Geburtstagskuchen durchfuttern. Ach ja, am 23. kommen Gäste – lauter Kinder, die ich nicht verstehen werde und sie mich auch nicht. Weihnachten als holländischer Kindergeburtstag – lecker!

 

Festus Rewanbhor, nigerianischer Flüchtling: nur wenige Freiheiten

Festus Rewanbhor wohnt zurzeit in der Frankfurter Gutleutkirche.

Dieses Jahr werde ich Weihnachten in der Frankfurter Gutleutkirche verbringen, in der ich mit 22 anderen afrikanischen Männern wohne. Wir haben lange in Italien oder Spanien gelebt und sind dann nach Deutschland gekommen. Ich gehöre zu einer Pfingstkirche. In meiner Heimat Nigeria ist Weihnachten ein hoch angesehenes Fest. Man kann es nicht mit Weihnachten in Europa vergleichen, aber es gibt auch Geschenke.

Wie wir Weihnachten feiern werden, wissen wir noch nicht. Wenn jemand kommen würde um mit uns zu feiern, wir wären dabei. Gerne würden wir unseren Freunden und Liebsten etwas schenken, aber wir haben nichts zu Geben. Meine Familie ist in Italien, ich kann Weihnachten nicht mit ihnen verbringen. Es ist kein besonderes Gefühl für mich als Christ, hier in der Kirche zu leben und Weihnachten zu verbringen. Ich habe nie davon geträumt, in einer Kirche zu wohnen. Hier zu leben bedeutet, nur wenige Freiheiten zu haben.

 

Franziska Fink, freie Journalistin bei evangelisch.de: Lieder singen ohne Lischa

Gehen seit mehr als 25 Jahren an Heiligabend zusammen in die Kirche: Lischa Gittermann und Franziska Fink.
Mein Vater ist Küster, meine Mutter Krankenschwester. Weihnachten bei uns zu Hause richtet sich also nach den Dienstplänen meiner Eltern: Mal wird früher oder später gegessen, mal können wir den Weihnachtsbaum zusammen schmücken, mal muss ich das alleine machen. Allerdings gibt es seit mehr als 25 Jahren eine Konstante: Jeden Heiligabend gehe ich mit meiner besten Freundin Lischa in "unsere" Kirche. Als Kinder waren wir dort zusammen im Flötenkreis und haben Weihnachtslieder zum Besten gegeben. Aber auch als wir längst erwachsen waren, haben wir daran festgehalten, zu zweit an Heiligabend in den Gottesdienst zu gehen.

Dieses Jahr wird es anders sein: Lischas Mutter ist aus unserer Heimatstadt weggezogen und meine beste Freundin wird deswegen an Heiligabend zu ihr fahren. Ein wenig komisch stelle ich mir das schon vor: Ohne Lischa Weihnachtslieder zu singen und der Predigt zu lauschen. Sich nicht noch persönlich ein frohes Fest zu wünschen, bevor jeder wieder nach Hause stapft. Das hat mir immer viel bedeutet. Zum Glück gibt es auch dieses Jahr viele Dinge, auf die ich mich schon freue: Meine Mutter muss nicht an Heiligabend arbeiten und wir wollen zusammen in die Kirche. Und eine andere Freundin hat mich am zweiten Feiertag zum großen Gänseessen mit vielen Freunden eingeladen. Trotzdem: Nach dem Gottesdienst an Heiligabend werde ich Lischa anrufen und ihr wenigstens am Telefon ein gesegnetes Fest wünschen.