"One, two, one, two", Sängerin Maite Kelly testet das Mikrofon. Ihre Stimme schallt durch die Kölner Sankt Agnes-Kirche. Später wird sie "Oh Heiland reiß die Himmel auf" singen. "Dann sind auch die hohen Töne da, ich bin noch nicht ganz wach. Mit Adrenalin komme ich einen Ton höher!" Es ist Samstagvormittag und um Maite Kelly wuseln etwa vierzig Menschen: Redakteure, Kabelträger, Tontechniker, Aufnahmeleiter und –assistenten mit Headsets, Helfer vom Erzbistum Köln.
Vor etwa zehn Jahren entstand in Köln die Idee, ein Adventskonzert zu organisieren, bei dem Laienmusiker zum Mitmachen eingeladen werden. In diesem Jahr zeichnet der WDR das Konzert zum ersten Mal auf, die ARD sendete es am dritten Advent, das WDR-Fernsehen wiedeholt es am 21. DEzember ab 16.50 Uhr. Die Kölner Band Höhner, Florian Silbereisen und Maite Kelly sind dabei. Seit Anfang Oktober konnte man sich online für das Mitspielkonzert anmelden. Dort gab es auch die Noten, um sich vorzubereiten.
Geschäftiges Treiben kurz vor dem Start
Bevor die 1000 Teilnehmer in die Kirche dürfen, werden die letzten Vorbereitungen getroffen: Helfer tragen Notenständer hin und her, legen die Liederhefte aus. WDR-Moderatorin Anna Planken geht in einer Ecke die Stichpunkte ihrer Moderation durch – gemeinsam mit Janus Fröhlich von den Höhnern wird sie durch das Konzert führen. Schließlich taucht auch Musiker Florian Silbereisen auf, seine Harmonika hat er im Gepäck. Das Filmteam bespricht die letzten Anweisungen, über die Köpfe fährt ein Kamerakran vor und zurück. Ein Kameramann befestigt neonfarbene Markierungen auf dem Boden, "damit niemand vor die Kamera läuft".
###mehr-info###Dazwischen: Paula Heldmann. Sie beobachtet das geschäftige Treiben um sie herum interessiert. Die Neunjährige darf zu Beginn des Konzerts die dritte Kerze am riesigen Adventskranz anzünden. "Ich bin schon ein bisschen aufgeregt", sagt sie.
Endlich, um kurz vor zwei, öffnen sich die Kirchtüren. Die Teilnehmer stehen bereits in langen Schlangen vor den Kircheneingängen. Vor allem Eltern mit kleinen Kindern strömen rein. Es dauert, bis jeder einen Platz gefunden hat. "Etwa die Hälfte sind Sänger und Sängerinnen, die andere Hälfte sind Musiker - Bläser, Streicher, Keyboarder", sagt Petra Dierkes vom Erzbistum Köln. Jeder, egal welcher Konfession, darf mitmachen.
Singen als gemeinschaftliches Gut
###mehr-links### In einem Chor singe sie nicht, aber hier mit so vielen Menschen gemeinsam zu singen, das sei toll, meint Andrea Kuirfer, 57 Jahre alt. Sie wohnt in der Nähe der Sankt Agnes-Kirche und da ihr Schwager mit seiner Gitarre dabei ist, wollte sie auch mitmachen. "Ich singe zwar falsch, aber es ist total spannend dabei zu sein!"
Maite Kelly hingegen trifft die Töne, auch die hohen. Für sie, erzählt sie Anna Planken und den Teilnehmern, sind Advents- und Weihnachtslieder etwas ganz Besonderes: "Es sind heilige Lieder und wir spielen und singen sie ganz bewusst für Gott."
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Nach der Generalprobe heißt es: Der Chor müsse lauter singen, die Sänger werden deshalb neu positioniert. Doch dann singen sie so laut, dass die Verabschiedung von Anna Planken und Janus Fröhlich nicht zu hören ist – also nochmal. Andrea Kuirfer lacht: "Also dass Fernsehen so aufwendig ist, hätte ich nicht gedacht!"
Kerstin Mayhack und Christian Rothe, 32 und 34 Jahre alt, sind aus Jena angereist: "Meine Schwester wohnt in Köln, sie hat von dem Mitspielkonzert erzählt. Und da wir gerne singen, haben wir uns gemeinsam angemeldet", erzählt Kerstin Mayhack. "Ich finde es schön, dass wieder mehr gesungen wird – gemeinsam Singen ist ein wichtiges gesellschaftliches Gut."
Die Aufnahme ist zu Ende, die Sankt Agnes-Kirche leert sich. Um die Höhner, Florian Silbereisen, Maite Kelly und Anna Planken hat sich ein Pulk von Autogrammjägern und Kameras gebildet. "Und ab wann kann man sich für nächstes Jahr anmelden?" fragt jemand.