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TV-Tipp des Tages: "Tatort: Schwindelfrei" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Tatort: Schwindelfrei", 8. Dezember, 20.15 Uhr im Ersten
Eine Zirkusbesucherin weist mit wachsender Verzweiflung auf einen Mann hin, den sie "Pascha" nennt, dann verlöschen schlagartig alle Scheinwerfer. Als das Licht wieder angeht, ist die Frau verschwunden und die Erinnerung an den Vorfall auch.

Als Felix Murot vor drei Jahren erstmals im Auftrag des Hessischen Rundfunks für das Wiesbadener LKA ermittelte, galt er zunächst als Stellvertreter, der quasi den Sendeplatz für das neue "Tatort"-Team des HR freihielt. Aber der Film "Wie einst Lilly" fiel derart aus dem Rahmen und Ulrich Tukur machte seine Sache so famos, dass gerade die persönliche Geschichte des unter einem Hirntumor leidenden Kommissars unbedingt weitererzählt werden musste. "Schwindelfrei" ist bereits der dritte Film mit dem einstigen Lückenbüßer, und mittlerweile erinnert nur noch Murots Name anagrammatisch an den Tumor: Dank einer Wunderheilung haben sich das bösartige Gewächs und seine Folgen (daher der Titel) verflüchtigt.

"Insel der Glücklichen"

Das muss gefeiert werden, also lädt Murot seine Assistentin Wächter (Barbara Philipp) zum Zirkusbesuch, wo beide Zeugen eines Zwischenfalls werden: Eine Besucherin weist mit wachsender Verzweiflung auf einen Mann hin, den sie "Pascha" nennt, dann verlöschen schlagartig alle Scheinwerfer. Als das Licht wieder angeht, ist die Frau verschwunden und die Erinnerung an den Vorfall auch; bloß Murot will die Sache nicht aus dem Kopf, zumal er fürchtet, sein beschädigtes Hirn habe ihm wieder mal einen Streich gespielt. Da sich der Pianist der Zirkuskapelle die Hand gebrochen hat, springt der Kommissar kurzerhand ein und zieht vorübergehend auf die "Insel der Glücklichen", wie Zirkusdirektor Raxon (Josef Ostendorf) seine kleine Welt liebevoll nennt. Rasch findet der Ermittler raus, dass sich die Lebenswege mehrerer Zirkusmitarbeiter vor Jahren im Kosovo gekreuzt haben; dort stammte auch die Frau aus dem Publikum her.

Die kriminalistische Ebene ist durchaus "Tatort"-kompatibel, aber trotzdem ist jederzeit spürbar, dass Justus von Dohnányi (Buch und Regie) mit seiner zweiten Arbeit für den HR vor allem ein ungewöhnliches Werk drehen wollte. Der Schauspieler ("Männerherzen") hat auch schon den letzten Fall für Murot inszeniert. Während "Das Dorf" mitunter hart an der Parodie vorbeischrammte, beschränkt sich Dohnányi diesmal darauf, den Film gelegentlich sanft aus dem Rahmen des Sonntagskrimis zu schubsen. Die Telefonate von Murot und Wächter zum Beispiel finden grundsätzlich als "Split Screen" statt; beide sind dabei nicht nur gleichzeitig zu sehen, sondern wenden sich auch einander zu, so dass es wirkt, als befänden sie sich Tür an Tür oder lägen gemeinsam im Bett.

Ausgesprochen amüsant sind auch kleine Kabinettstücke wie die beiden Cafészenen, als zwei ältere Damen am Nachbartisch überzeugt sind, Murot, der dort nacheinander mit zwei Kolleginnen verabredet ist, treffe sich mal mit der Ehefrau, mal mit seiner Geliebten. Bildsprachlich sind wie schon in "Das Dorf" einige Einstellungen Reminiszenzen an einstige Edgar-Wallace-Filme.

Meist aber sind die Einlagen bloß Zwischenspiele. Gleiches gilt für Murots Auftritte im Zirkus, wobei Dohnányi weidlich ausnutzt, dass man Tukur auch ans Klavier setzen oder ihm ein Akkordeon in die Hand drücken kann. Singen darf er auch, passenderweise die Artisten-Hommage "O mein Papa", und das macht er selbstredend nicht minder famos.