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TV-Tipp des Tages: "Am Ende der Lüge" (3sat)
TV-Tipp des Tages: "Am Ende der Lüge", 4. Dezember, 22.25 Uhr auf 3sat
Zwei Schwestern, die unterschiedlicher nicht sein können: Mia und Susanne haben sich jahrelang nicht gesehen. Erst auf der Beerdigung von Susannes Schwiegermutter im Erzgebirge treffen sie sich wieder. Die Konfrontation zwischen den Schwestern ist nur eine Frage der Zeit, erst recht, als klar wird, dass Susannes Tochter Jenny in Wirklichkeit Mias Kind ist. 14 Jahre hat sie sich nicht um das Mädchen gekümmert; das soll sich nun ändern. Nach und nach drängt sie die Schwester aus deren eigenem Leben.

Es ist vor allem der Name des Regisseurs, der den idyllischen Bildern zu Beginn misstrauen lässt: Marcus O. Rosenmüller hat bislang zwar keineswegs ausschließlich Thriller gedreht, aber in diesem Genre bereits einige sehenswerte Filme inszeniert, darunter die Charlotte-Link-Adaptionen "Der fremde Gast" und "Das Echo der Schuld". Daher interpretiert man es selbstredend als böses Omen, wenn gleich zu Beginn eine Uhr stehen bleibt, schließlich hat das Drehbuch (Rosenmüller und Sophia Krapoth) die Handlung in einer traditionsreichen Uhrenmanufaktur angesiedelt. Als kurz drauf die Frau des Patriarchen Herbert Althoff (Hermann Beyer) stirbt, wird dies akustisch durch ein in die Musik (Hans Franek) integriertes ersterbendes Ticken illustriert; ein kleiner, aber wirkungsvoller Effekt. Zur Beerdigung erscheint auch Althoffs zweite Tochter Mia (Aglaia Szyszkowitz), die sich schon lange nicht mehr bei ihrer Familie im Erzgebirge hat blicken lassen.

Von Beginn an versieht die Musik die Bilder mit einem klanglichen doppelten Boden. Außerdem wird Szyszkowitz, sonst meist als Sympathieträgerin besetzt, mit kleinen Attributen versehen, die eine gewisse Signalwirkung haben; auch wenn die knallroten Fingernägel weniger originell sind als die Tatsache, dass sie Motorrad fährt. Somit ist Mia das konsequente Gegenteil zu ihrer Schwester Susanne (Katharina Böhm), die die schwiegerväterlichen Geschäfte führt. Sie ist Frau und Mutter und abgesehen von einigen gemeinsam mit Mia in Australien verbrachten Monaten der sesshafte Gegenentwurf. Die Konfrontation zwischen den Schwestern ist nur eine Frage der Zeit, erst recht, als man erfährt, dass Susannes Tochter Jenny (Tara Fischer) in Wirklichkeit Mias Kind ist. 14 Jahre hat sie sich nicht um das Mädchen gekümmert; das soll sich nun ändern. Nach und nach drängt sie die Schwester aus deren eigenem Leben. Sie mischt sich ins Geschäft ein, macht Susanne die Tochter abspenstig und sich schließlich auch an ihren Mann (Jochen Horst) ran.

Der Konflikt zwischen den beiden Frauen steht klar im Zentrum der Geschichte, die Nebenfiguren sind überwiegend bloß Stichwortgeber, allerdings ebenfalls namhaft besetzt; Kai Schumann zum Beispiel spielt einen Arzt, der Mias Charme erliegt und es teuer bezahlen muss, als er ihre Pläne durchkreuzt. Die beiden Hauptdarstellerinnen verkörpern die Schwestern ausgesprochen glaubwürdig.

Auch wenn Szyszkowitz naturgemäß die reizvollere Rolle hat: Mia leidet unter einer bipolaren Persönlichkeitsstörung, sie ist manisch-depressiv und kann sich innerhalb weniger Momente von der alles überstrahlenden Supernova zum alles vernichtenden Schwarzen Loch wandeln. Für eine Schauspielerin ist so eine Rolle ein Traum: Gerade noch steckt Mia ihre Umgebung mit ihrer Begeisterung an, kurz drauf wirkt sie wie ein um Jahre gealtertes Häufchen Elend. Dass die Sache kein gutes Ende nehmen kann, versteht sich von selbst.