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Nach fünf Wochen Koalitionsverhandlungen haben sich Union und SPD auf einen Vertrag geeinigt.
Das Wichtigste aus 185 Seiten Koalitionsvertrag
Der Vertrag steht - zumindest vorläufig. Mitte Dezember müssen die SPD-Mitglieder dem Papier noch zustimmen, damit die Große Koalition zu Stande kommen kann.
27.11.2013
epd/dpa/evangelisch.de

CDU, CSU und SPD einigten sich grundsätzlich auf die Einführung einer Pkw-Maut für Ausländer, einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, Verbesserungen bei der Rente und die Erleichterung einer doppelten Staatsbürgerschaft. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, im Mittelpunkt der Arbeit einer großen Koalition stünden solide Finanzen, die Sicherung des Wohlstands und soziale Sicherheit. Zentrale Wahlkampfversprechen seien eingehalten worden. So gebe es beispielsweise keine Steuererhöhungen. Wichtige Einigungen im Detail:

Mindestlohn

Die SPD hat einen Mindestlohn durchgesetzt. Die Union hat aber etliche Bremsen eingebaut. Ab dem 1. Januar 2015 soll ein flächendeckender Mindestlohn von 8,50 Euro brutto pro Stunde eingeführt werden.

"Uneingeschränkt" gelten soll der Lohn aber erst zwei Jahre später, von 2017 an. Zudem gibt es mehrere Ausnahmen. So sollen die Branchenmindestlöhne weiter gültig sein - wie bisher beispielsweise am Bau, in der Gebäudereinigung, in der Pflegebranche und in der Zeitarbeit.

Der Grund: Sie liegen fast alle über 8,50 Euro. Tarifverträge gelten bis Ende 2016 weiter, auch wenn in ihnen Lohnabschlüsse unter 8,50 Euro vereinbart wurden.

Rente

Die Rentenbeschlüsse von Union und SPD sind der größte Brocken bei den zusätzlichen Ausgaben einer schwarz-roten Koalition. Laut Koalitionsvertrag sind unter anderem Mütterrenten, Mindestrenten und die abschlagsfreie Rente mit 63 vereinbart. Der Bundeszuschuss zur Rentenversicherung soll um zwei Milliarden Euro erhöht werden, offenbar damit der Beitrag stabil gehalten werden kann.

Die Union setzte sich mit der Mütterrente durch, die pro Jahr 6,5 Milliarden Euro Mehrausgaben für die Rentenversicherung bedeutet. Von Juli 2014 werden Eltern bessergestellt, die vor 1992 geborene Kinder erzogen haben. Die SPD wiederum hat die abschlagsfreie Rente mit 63 ab Juli 2014 durchgebracht.

Entwicklungshilfe

SPD und Union bekennen sich im Koalitionsvertrag zu der internationalen Verpflichtung, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben. Um das Ziel zu erreichen, sollen die entsprechenden Mittel im Bundeshaushalt jährlich steigen.

Für die Legislaturperiode, also bis 2017, sollen zwei Milliarden Euro bereitgestellt werden. Bei dieser Einigung zog die SPD den Kürzeren. Die Sozialdemokraten hatten eine Aufstockung der Entwicklungshilfe um eine Milliarde Euro pro Jahr gefordert.

Flüchtlingspolitik

Im Schatten der Flüchtlingstragödien vor der italienischen Insel Lampedusa hatten Hilfsorganisationen bei den Koalitionsverhandlungen Druck auf Union und SPD ausgeübt.

In der Flüchtlingspolitik soll sich nun einiges ändern. Geduldete sollen ein großzügigeres Bleiberecht bekommen. Ausländische Jugendliche, die Bildungsnachweise erbringen, sollen bereits nach vier statt bisher sechs Jahren einen Aufenthaltstitel bekommen.

Für erwachsene Geduldete soll der bisher geltende Stichtag entfallen. Sie können derzeit nur dann ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten, wenn sie bis zum 1. Juli 1999 eingereist sind.

Das Asylverfahren soll verkürzt werden. Bisher liegt die durchschnittliche Bearbeitungsdauer bei neun Monaten. Union und SPD wollen sie auf drei Monate begrenzen und versprechen dafür eine "ausreichende" personelle Ausstattung für das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Minderjährige Flüchtlinge gelten bei der Abwicklung von Asylverfahren derzeit schon mit 16 als handlungsfähig und damit quasi erwachsen. Jetzt soll das Alter für die "Handlungsfähigkeit" auf 18 Jahre angehoben werden.

Doppelte Staatsbürgerschaft

Die doppelte Staatsbürgerschaft war bei den Koalitionsverhandlungen ein Zankapfel bis zuletzt. Während bei finanziell schwerwiegenden Einigungen wie etwa der Rente längst eine Einigung beschlossen war, stritten Union und SPD bis in den Mittwochmorgen hinein, ob in Deutschland lebende Migranten zwei Pässe haben dürfen. Die SPD sagte ja, die Union nein.

Am Ende steht ein Teilerfolg für die SPD: Die sogenannte Optionspflicht für in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder soll künftig entfallen. Diese Regelung betrifft Kinder von Ausländern, die ab der Geburt zwei Pässe hatten: den deutschen und den der Eltern. Sie müssen sich nach derzeitiger Rechtslage spätestens bis zu ihrem 23. Geburtstag entscheiden, welche Staatsangehörigkeit sie haben wollen. Entscheiden sie sich nicht, geht der deutsche Pass verloren. Genau das soll künftig nicht mehr der Fall sein. Zugewanderte Erwachsene hingegen müssen dem Koalitionsvertrag zufolge nach wie vor den Pass ihrer Heimat aufgeben, wenn sie eingebürgert werden wollen.

Rechte für Homosexuelle

Beim Thema Homo-Ehe und Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare bleibt der Koalitionsvertrag vage.

Rechtliche Regelungen, die homosexuelle Paare schlechter stellen, sollen beseitigt werden. Doch als einziges konkretes Vorhaben wird die Gleichstellung bei der sogenannten Sukzessivadoption vereinbart, die "zügig" umgesetzt werden soll.

Eine Sukzessivadoption ist die Adoption des angenommenen Kindes des Lebenspartners. Das Bundesverfassungsgericht urteilte im Februar, dass dies auch homosexuellen Paaren erlaubt sein muss. In der schwarz-gelben Koalition wurde das Urteil nicht mehr umgesetzt, da die FDP nicht nur die Sukzessivadoption, sondern jegliche Adoption erlauben wollte. Eine Öffnung der Ehe zwischen Mann und Frau für Homosexuelle, auch beim Adoptionsrecht, wird von der Union jedoch weiter abgelehnt.

Energiewende

Union und SPD wollen den rasanten Strompreisanstieg stoppen und aus der Energiewende doch noch ein Erfolgsmodell machen. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz soll reformiert werden. Bis zum Jahr 2035 wird ein Ökostromanteil von 55 bis 60 Prozent angestrebt. Die umstrittenen Ausnahmen für stromintensive Unternehmen bei der EEG-Umlage sollen beibehalten werden. Konventionelle Kraftwerke mit Kohle und Gas seien "auf absehbare Zeit unverzichtbar", heißt es im Koalitionsvertrag.