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Papst Franziskus ist seit März im Amt. Er will die katholische Kirche grundlegend reformieren.
Papst Franziskus legt spektakuläres Reformprogramm vor
Papst Franziskus entwirft in einer Art Regierungserklärung das Modell einer Kirche im Aufbruch. In dem Lehrschreiben "Evangelii gaudium" (Freude des Evangeliums) bekräftigt er seine Forderung nach einer armen Kirche für die Armen. Das Kirchenoberhaupt deutet zudem Veränderungen bei der Rolle der Laien sowie beim Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene an und plädiert zudem für eine "Reform des Papsttums".
26.11.2013
epd
Bettina Gabbe

Papst Franziskus wünscht sich von seiner Kirche in Zukunft mehr Selbstkritik und weniger Pomp. Seine "Kirche im Aufbruch" sei offen für den Dialog mit allen, heißt es in dem am Dienstag in Rom vorgelegten rund 180 Seiten starken Apostolischen Schreiben. Das Kirchenoberhaupt versucht darin eine Balance zwischen römischer Tradition und Reform: Eine selbstkritische Kirche müsse für zeitgenössische Entwicklungen offen sein, ohne zugleich auf Grundprinzipien wie die Ablehnung von Abtreibungsgesetzen zu verzichten.

Unrealistische Erwartungen an das Amt

Franziskus warnt vor unrealistischen Erwartungen an das Papstamt: Er glaube nicht, "dass man vom päpstlichen Lehramt eine endgültige oder vollständige Aussage zu allen Fragen erwarten muss, welche die Kirche und die Welt betreffen", betont das Kirchenoberhaupt. Der Text fasst anlässlich des am Sonntag zu Ende gegangenen "Jahres des Glaubens" seine Reformvorstellungen für die Kirche zusammen. Das Papier hat den Untertitel "Über die Verkündigung des Evangeliums in der Welt von heute".

###mehr-artikel###Mit Blick auf die Kompetenzen der Bischöfe unterstreicht Franziskus die Notwendigkeit einer heilsamen "Dezentralisierung". Die Bischöfe sollten die im Kirchenrecht vorgesehenen Mitspracheregelungen nutzen und im Dialog mit den Gläubigen alle anhören - nicht nur einige, die ihnen "Komplimente machen". Eine übertriebene Zentralisierung kompliziere das Leben der Kirche und ihre missionarische Dynamik, statt ihr zu helfen.

Bei den bereits von Papst Johannes Paul II. vorangetriebenen Bestrebungen einer Reform des Papstamtes gab es Franziskus zufolge nur ungenügende Fortschritte. Insbesondere die Forderung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) nach einer Stärkung der Bischofskonferenzen bei Entscheidungsprozessen habe sich nicht erfüllt, beklagt er.

Im Zusammenhang mit dem Streit um den Ausschluss wiederverheirateter Geschiedener von der Eucharistie mahnt Franziskus: "Auch die Türen der Sakramente dürfen nicht aus irgendeinem beliebigen Grund geschlossen werden." Die Eucharistie sei "nicht eine Belohnung für die Vollkommenen, sondern ein großzügiges Heilmittel und eine Nahrung für die Schwachen". Diese Überzeugungen hätten "pastorale Konsequenzen", welche die Kirche "mit Besonnenheit und Wagemut in Betracht ziehen" müsse.

Wird Kommunionverbot gelockert?

Bislang sind wiederverheiratete Geschiedene von der Eucharistie in der katholischen Kirche ausgeschlossen. In Deutschland fordert vor allem die Erzdiözese Freiburg eine liberalere Haltung in dieser Frage. Papst Franziskus ermutigte auf dem Rückflug von seinem Brasilienbesuch im Sommer zu neuen Lösungen für den Umgang der katholischen Kirche mit wiederverheirateten Geschiedenen. Dies weckte Hoffnungen auf eine Lockerung des Verbots. Dagegen verteidigt der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, den Ausschluss wiederverheirateter Geschiedener von der Kommunion.

Papst Franziskus (links) mit seinem Vorgänger Benedikt XVI. am 23. März in Castelgandolfo

Mit Blick auf kirchliche Bemühungen um eine moderne Verkündigung hält der Papst fest, "neue Wege" und "kreative Methoden" sollten dazu dienen, die ursprüngliche Frische des Evangeliums neu zu erschließen. Die größte Gefahr sei der "graue Pragmatismus des kirchlichen Alltags, bei dem scheinbar alles mit rechten Dingen zugeht, in Wirklichkeit aber der Glaube verbraucht wird und ins Schäbige absinkt", zitiert Franziskus seinen Vorgänger, den im Februar zurückgetretenen Benedikt XVI.

Absage an Priesterweihe für Frauen

Franziskus prangert in dem Schreiben einen "ausufernden Klerikalismus" an, durch den die Laien gehindert würden, die ihnen gemäße Rolle in der Kirche zu spielen. Auch die "Räume für eine wirksamere weibliche Gegenwart in der Kirche" müssten erweitert werden. Der Papst weist zugleich Forderungen nach der Priesterweihe für Frauen zurück. Das Amt sei Männern vorbehalten.

Zur verpflichtenden Ehelosigkeit für katholische Geistliche äußert sich Franziskus nicht direkt. An einer Stelle schreibt er jedoch, man dürfe keine Angst haben, Dinge anzugehen, die zwar historisch gewachsen seien, aber nicht direkt mit dem Evangelium zusammenhingen. Der Pflichtzölibat ist nicht biblisch begründet, sondern wurde erst im 11. Jahrhundert etabliert. Die Reformatoren um Martin Luther schafften die Ehelosigkeit für Priester im protestantischen Bereich ab. Seit dem 20. Jahrhundert ordiniert die evangelische Kirche auch Frauen.

Lieber verbeult als bequemlich

Gemäß seiner Forderung nach einer armen Kirche für die Armen bezeichnet der Papst in seinem aktuellen Schreiben die Hinwendung zu notleidenden Menschen als grundlegende Pflicht für jeden Christen: "Mir ist eine 'verbeulte' Kirche, die verletzt und beschmutzt ist, weil sie auf die Straßen hinausgegangen ist, lieber, als eine Kirche, die aufgrund ihrer Verschlossenheit und ihrer Bequemlichkeit, sich an die eigenen Sicherheiten zu klammern, krank ist."

###mehr-links###Zur Christenpflicht gehört es danach, konkrete Hilfe zu leisten und sich um die Behebung der strukturellen Ursachen für Armut weltweit zu bemühen. Dazu gehört für Franziskus die Ablehnung des aktuellen Wirtschaftssystems, das einen Großteil der Menschheit von ihrem Recht auf Teilhabe an allen Gütern der Erde ausschließe. Ohne eine Regulierung der Märkte lindert auch Wachstum nach den Worten des Papstes nicht die weltweite Armut.

Innerhalb der Kirche prangert das Schreiben ein narzisstisches und autoritäres Elitebewusstsein derjenigen an, sie sich "überlegen fühlen, weil sie bestimmte Normen einhalten oder weil sie einem gewissen katholischen Stil der Vergangenheit unerschütterlich treu sind". Bei einigen sei überdies eine "ostentative Pflege der Liturgie, der Lehre und des Ansehens der Kirche festzustellen".