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Ein Mann mit Demut und Macht
Der frühere bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein wird 70
Günther Beckstein gilt als bodenständig und als eine ehrliche Haut. Ihm haftet aber weiter der Ruf an, ein politischer Hardliner zu sein. Der frühere Ministerpräsident ist heute vor allem evangelischer Kirchenmann. Am heutigen Samstag feiert er seinen 70. Geburtstag.
23.11.2013
epd
Achim Schmid und Jutta Olschewski

Ein fränkischer, protestantischer Ministerpräsident in Bayern - das war damals eine Sensation. Aber Günther Beckstein verweilte nur zwölf Monate (2007-2008) im höchsten Amt des Freistaats. Sein Rücktritt hat ihn persönlich geschmerzt. Heute lässt er sich nicht mehr anmerken, wie enttäuscht er damals war - besonders von den Parteifreunden aus der CSU.

Nicht mehr im Landtag

Noch geht es nicht geruhsam zu in Becksteins Leben, auch wenn er seit einigen Wochen nicht mehr im Landtag sitzt, dem er von 1974 bis 2013 - also fast 40 Jahre - angehörte. Er bleibt Vizepräses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), auch wenn er mit seiner erneuten Bewerbung für das Präsesamt des Kirchenparlaments vor wenigen Tagen in zwei Wahlgängen gescheitert war. Bereits 2009 war der CSU-Mann der Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt unterlegen. Letztmals nimmt Beckstein ab Sonntag an der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern teil, der er 18 Jahre als berufenes Mitglied angehörte.

###mehr-artikel###Der in der fränkischen Kleinstadt Hersbruck geborene Beckstein war lange ein Grenzgänger zwischen Politik und Kirche. In seiner Jugend war Beckstein im Christlichen Verein Junger Menschen (CVJM) aktiv. Eben erst hat er eine Delegation des CVJM nach China angeführt. In seiner langen politischen Laufbahn, die ihn als ersten bekennenden Protestanten in dem katholisch geprägten Bayern nach 1945 in das Amt des Ministerpräsidenten führte, hat Beckstein aus seinen kirchlichen Wurzeln, aus seiner ethischen Bindung an den christlichen Glauben nie einen Hehl gemacht.

Besonders ausgeprägt war Becksteins Spagat zwischen Kirche und Politik in seiner Zeit als bayerischer Innenminister von 1993 bis 2007. In den kirchlichen Gremien ist Beckstein mit seinen politischen Entscheidungen immer wieder angeeckt. Es sei auch ethisch verantwortbar, "Leute zum Recht zu zwingen", sagte er als Innenminister. Denn ein Gesetz müsse durchgesetzt werden, sonst verliere es seine Geltung.

Harte Linie in der Flüchtlingspolitik

Vor allem seine harte Linie in der Asyl- und Flüchtlingspolitik führte zu heftigen Protesten und kontroversen Diskussionen. Seine Forderung, die Kirchen müssten sich um die Flüchtlinge bereits in ihren Heimatländern kümmern, hat sich die Landeskirche zu Herzen genommen und daher einige Hilfsprojekte im Nahen Osten gestartet.

Doch die Auseinandersetzung um das Ausländerrecht sei "zeitweise schon belastend gewesen", sagte Beckstein einmal. Bei Abschiebungen habe ihn das Schicksal der Menschen "Tag und Nacht" beschäftigt. Als seine schwerste Entscheidung bezeichnete der Jurist Beckstein, selbst ein "strikter Gegner der Todesstrafe", den von ihm angeordneten Einsatz von Scharfschützen bei einer Geiselnahme. Das christliche Menschenbild müsse, so seine Überzeugung, Grundlage politischer Entscheidungen sein.

Dialog mit Katholiken und Muslimen

Wertschätzung genießt der EKD-Vizepräses nicht nur bei seinen evangelischen Glaubensgeschwistern, sondern auch bei Katholiken und Muslimen. Er suchte den Dialog mit dem Islam, dessen Integration ein "Riesenthema" sei. Als Ministerpräsident sprach er sich für den Bau von Moscheen aus. Die katholische Kirche kennt er als bayerischer CSU-Politiker ohnehin. Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx bescheinigte Beckstein, als "praktizierender Christ" habe er in die Politik hineingewirkt.

Seine christliche Grundüberzeugung brachte Beckstein deutlich zum Ausdruck. In seinem Amtszimmer als Innenminister stand neben Modellen von Polizeihubschraubern eine Figur des Heiligen Antonius, die später auch im Büro des Ministerpräsidenten Platz fand. Der Heilige erinnere ihn stets daran, "dass vor unserem Herrgott der Bettler so wichtig ist wie der Ministerpräsident", sagte Beckstein.

"Mehr Sein als Schein"

In seiner äußeren Erscheinung verkörpert der CSU-Politiker das urprotestantische Prinzip des "Mehr Sein als Schein". Seine Hörprothese versteckt er bewusst nicht. Nur einmal im Jahr trägt Beckstein, der seine Anzüge von der Stange kauft, eine farbenfrohe, aufwendige Gewandung: Beim traditionellen fränkischen Fasching in Veitshöchheim trat der verschmitzte, humorvolle Franke schon im Vollkostüm als Albert Einstein, Bayerischer Löwe, Martin Luther und als Sennerin auf, begleitet von seiner Frau Marga, der Mutter seiner drei erwachsenen Kinder.